6 Thesen zu (c)moocs (in den Medien)

Oh das wurde ja mal wieder Zeit: Bloggen nachdem ich  gut anderthalb Jahre hier nichts mehr geschrieben habe. Mal schauen ob’s noch geht….Das Backend von Blogger sieht schon mal ganz anders aus, eher wie google-drive. Das sollte aber kein Hindernis sein.
Der Anlass: Große Berichterstattung in verschiedenen Medien zum Thema moocs – oder vielleicht doch zum Thema Bildungsexpansion, Einsparmöglichkeiten und mediengestützte Lehre? Jedenfalls verwischt da einiges, das ich versuchen wollte ein wenig (auch für mich) zu sortieren und manches finde ich zumindest diskussionswürdig.

Vor meinen 6 Thesen:
Eine gute Übersicht zu den verschiedenen mooc-Typen und generell zum Thema gibt es hier: http://www.e-teaching.org/lehrszenarien/mooc
Und einen guten Einstieg zur Medienberichterstattung bietet auch Joachim Wedekind in seinem Blog:
http://konzeptblog.joachim-wedekind.de/2013/03/14/moocs-so-und-so-gesehen/

These 1 – Nicht einfach preiswerte Bildung für jeden
In der medialen Berichterstattung zu den moocs wird einerseits häufig die Demokratisierung von Bildung ausgeführt, andererseits aber auch zunehmend deutlich, dass kommerzielle Interessen hinter dem Angebot von moocs stehen. Sicherlich ist dies sehr differenziert zu sehen, weil es sehr viele unterschiedliche Modelle von moocs gibt, trotzdem will ich hier mal die m.E. problematischen Aspekte herausgreifen:

moocs als Ersatz
So schreibt die Zeit, dass die moocs der Elitehochschulen teilweise Grundkurse ersetzen

Staatliche Hochschulen wie etwa die San José University kaufen diese Kurse und ersetzen damit ihre Grundkurse – um mehr Menschen mit akademischer Bildung zu erreichen, die Durchfallquoten zu senken und gleichzeitig Geld zu sparen.

Auch wie Hochschulpräsidenten sich die konkrete Umsetzung vorstellen, weiß die Zeit:

Manch ein Hochschulpräsident denkt daran, wie sich durch die Verlagerung von Vorlesungen ins Netz Kosten für Personal und Räume sparen ließen. Zugleich eröffnen die Mooc neue Einnahmequellen. Die Idee: Unis liefern die Inhalte, private Firmen stellen sie auf ihre Plattformen und beteiligen die Hochschulen an den Erlösen.

Wenn hierbei allerdings allein auf die moocs gesetzt wird (vgl. These 5), frage ich mich, ob die Durchfallquoten tatsächlich gesenkt werden können. Wenn ja, könnte das auch daran liegen, dass Studierende einfach viel zusätzliche Zeit in die Bearbeitung der moocs investieren.  Und öffentlich finanzierte Erstellung von Lehr (!) Inhalten dann mit der Unterstützung privater Firmen wieder an Studierende zu verkaufen, klingt in Zeiten von Open-Educational-Ressources vorsichtig gesagt ein wenig weird.

moocs für Bildungsbenachteiligte
Immer wieder wird angeführt, dass moocs dazu beitragen können, dass (hochwertige?!) Bildung für alle Personen mit Internetzugang möglich werde. Mit ganz viel Pathos vertritt dies Daphne Koller (@DaphneKoller) in einem TED-Video. Nüchtern auf die Verteilung der TeilnehmerInnen nach Staaten hat dagegen Rolf Schulmeister geschaut: 38,5 % kommen aus den USA und 0,4 % aus Südafrika. Auch in Bezug auf den Bildungsabschluss scheint der Demokratisierungsanspruch nicht erolgreich, wie Philipp Schmidt bei einem Vortrag (@schmidtphi) auf der Internet und Gesellschaft Initiative „Lernen in der digitalen Gesellschaft“ zeigte: 90 % der Befragungsteilnehmenden eines untersuchten coursera-moocs hatten Hochschulabschluss, 10 % sogar einen Dr.

moocs für Bewerbungsdaten
Wie die Geschäftsmodelle von moocs aussehen können, weiß die Süddeutsche Zeitung noch nicht („obwohl noch nicht klar ist, wann und wie sie profitabel werden könnten“), ein paar Hinweise gibt aber auch Schulmeister:

  • Mooc-Betreiber vermitteln über Tests Lernende an Unternehmen (und erhalten dafür vermutlich auch Geld)
  • Mooc-Betreiber sammeln Daten über das Lernverhalten ggf. auch für zukünftige Arbeitgeber
Weiter führt er aus, wie in ebooks, die amerikanische Hochschulen für ihre Studierende anschaffen, learning analytics betrieben wird – und zwar nicht für die Lehrenden und Lernenden zur Unterstützung des Lernprozesses, sondern für die Verlage.
Welchen Weg iversity, die „[erste] kommerziellen MOOC-Plattform in Deutschland“ (SZ) gehen will, ist mir noch nicht klar. 


These 2 – Was schon da ist, wird nicht gesehen und genutzt
Die Berichterstattung in den Medien zum Thema moocs schlägt häufig in die Kerbe an deutschen Hochschulen würden digitale Medien noch nicht ausreichend für die Lehre genutzt und die moocs seien ein Grund, sich damit nun stärker auseinanderzusetzen. Das geht soweit, dass es in der Zeit so klingt, als würde iversity die erste Lernplattform überhaupt aufbauen (ich weiß das ist kleinlich gelesen):

Auch in Deutschland bringen sich dafür gerade mehrere Unternehmen in Stellung. Hannes Klöpper will mit seinem Start-up Iversity das europäische Coursera werden. Es wurmt ihn zwar, dass er schon vor vier Jahren die Idee für eine Lernplattform hatte und ihm die Amerikaner zuvorgekommen sind.

Fakt ist aber halt, dass iversity schon lange auf dem Markt ist. Mit einer m.E. interessanten hochschulübergreifenden Lernplattform (u.a. mit Funktionen wie social reading) und jetzt die Plattform für einen mooc weiterentwickelt. Auch die SZ hatte das nicht weiter ausdifferenziert, den zugehörigen Artikel aber mittlerweile aus dem Netz genommen.
Dass es schon lange eine Vielfalt unterschiedlicher Plattformen gibt, deren Öffnung für Inhalte aus dem Netz auch schon seit Jahren vor allem von Michael Kerres gefordert wird (wie hier im cmooc Zukunft des Lernens) fällt dabei unter den Tisch. Genauso die deutschsprachigen moocs, die eben in der Mehrzahl ein didaktisch spannenderes Format fahren, als die in den Medien präsenten xmoocs. Eine gute Übersicht zu den deutschprachigen moocs sowie den verschiedenen mooc-Varianten gibt es bei e-teaching.org.

These 3 – Kooperationen werden nicht genutzt
Gemeinsam entwickeln und durchführen
Moocs könnten eine neue Gelegenheit sein, Lehren und Lernen gemeinsam zu planen, zu konstruieren, kooperativ zu entwickeln und zu ermöglichen. Bei den cmoocs ist das in der Tat immer wieder der Fall: Mehrere unterschiedliche Dozierende kommen zusammen, beziehen ihre Inhalte und Methoden aufeinander, machen z.T. auch Ihre Planungen transparent und reagieren (unterschiedlich) auf die Beiträge der Lernenden in Blogs, Tweets, Connect-Sitzungen. Zu dem Thema hat Claudia Bremer auch einiges auf ihrer Webseite bereitgestellt: http://www.bremer.cx/veroeffentlichung.html#mooc.

Offenheit der Kurse nutzen
Diese Offenheit der Kommunikation und freie Zugänglichkeit von Inhalten erlaubt verschiedene Perspektiven auf Fragen, Definitionen, Lösungen, das Einbringunen von unerwarteten Tools durch die Lernenden (vgl. mein Artikel dazu hier, S. 449-452) sowie die Begegnung mit TeilnehmerInnen, die ich in einem traditionellen Hochschulkurs vielleicht nicht treffen würden (vgl. einen Artikel von Martin Ebner (@mebner) und mir, der noch im Erscheinen ist). In xmoocs wird diese Chance für eine diverse Teilnehmerschaft kaum unterstützt. Durch amerikanisch geprägte Beispiele wird die kulturell unterschiedliche Herkunft der Teilnehmenden – ein Aspekt ihrer Diversität – missachtet. Oder versteht Ihr genug von Baseball, um Statistik-Beispiele dazu zu bearbeiten?

Viele der Inhalte sind ohnehin nur in den entsprechenden Plattform auffindbar, Peter Baumgartner dazu: „So hat z.B. Coursera seine Videos aus dem Kurs wieder gesperrt!“

Immerhin hat der coursera-Kurs „elearning and digital cultures“ (den ich angefangen aber nicht zu Ende gemacht habe) einiges an Content aus dem Netz eingebunden, z.B. ein paar sehr gut gemachte youtube-videos (zwei hatte ich auch schon in meine youtube-Playlist eingefügt). Außerdem sind die beiden von Claudia Bremer mitgestalteten und organisierten Kurse opco11 und opco12 noch immer komplett im Netz auffindbar.

Dass nämlich das alte Prinzip „eher teilen Lehrende ihre Zahnbürste, als ihren Content“ nicht mehr uneingeschränkt gilt, könnte man durch moocs unterstützen, wenn die Inhalte auch offen bleiben und nicht nach Beendigung eines Kurses nicht mehr aufrufbar sind. Eine Überlegung in dieser Richtung hat beispielsweise Sandra Schön (@sandra_schoen) in ihrem Blog mit Blick auf das Mooc-Fellowship ausgeführt.

Dass so etwas wieder dem flipped classroom helfen kann, zeigt Christian Spannagel, der zuletzt das Video eines anderen Lehrenden für seine flipped Vorlesung verwendet hat – finde den Tweet dazu aber irgendwie nicht.

These 4 – Interaktionsmöglichkeiten sind unterbelichtet
Dass Moocs mehr sind als digitale Vorlesungen, weiß auch die Süddeutsche Zeitung:

[Moocs] sind interaktiv. Studenten sollen an Diskussionsforen teilnehmen, erhalten Hausarbeiten, können Prüfungen ablegen.

Diskussionsforen, Hausarbeiten und eAssessment sind aber keineswegs neu, beim eLearning findet das ja in unterschiedlichen Ausprägungen schon lange statt – zumindest dann, wenn über den Einsatz von Lernplattformen als PDF-Schleudern hinausgegangen wird.

Ein – weitgehend – neuer Interaktionsaspekt in moocs ist jedoch der massive Einsatz von Peer-Feedback. Studierende reichen ihre Hausarbeiten ein und geben dann anderen Studierenden Feedback und erhalten von anderen Studierenden Feedback. Das ist das Modell, mit dem Massen von Studierenden eine Rückmeldung gegeben werden kann. Dabei verschwinden die Lehrenden aber oft ganz aus dem Lehr-Lernprozess.

Auffällig ist, dass die Online-Kurse fast überall als „soziale Plattformen“ oder „Lernen im Zeitalter des Web 2.0“ beworben werden. Gerade in den großen Kursen ist meist genau das Gegenteil der Fall. Der Austausch läuft meist über ein klassisches Diskussionsforum, in dem nur ein kleiner Teil der Lernenden aktiv werden, ganz zu schweigen von ihren Dozenten

Kritisiert auch Jöran Muuß-Meerholz (@jmm_hamburg). Wohlgemerkt ist dabei vor allem von den so genannten xmoocs die Rede. Claudia Bremer fasst das so zusammen, dass die Frage sei, ob man Frontalunterricht online mache. Dass die meisten xmoocs schon fast dahinter zurückfallen, haben Khalil und Ebner (2013) mit ihrer Untersuchung von Interaktionsmöglichkeiten gezeigt, indem sie bei 30 moocs Kursdokumente, Diskussionen und Interaktionstools analysierten. Ein Ergebnis ist besonders ernüchternd:

Since “student to instructor” interaction is missed in [x]MOOCs, futurestudies should be carried out to suggest more strategies and instructional activities that promote and enhance MOOCs “student to instructor” interactions. (Khalil und Ebner 2013, S. 18).

Für cmoocs habe ich mit Martin Ebner (im Erscheinen) mal analysiert, was über Twitter kommuniziert wird, da dieser Kommunikationskanal dort oft ein wichtiges Element ist.

These 5 – Präsenzhochschule und moocs passen noch nicht
Moocs und die klassischen Präsenzhochschulen passen zumindest noch nicht zueinander. Vielleicht ist das auch der Grund dafür, dass in den Medien dann teilweise Konzepte durcheinandergeworfen werden. So sieht die Zeit das Prinzip des flipped classroom wie es in der Khan Academy verfolgt werde als Grundlage für die moocs:

Khans Prinzip – auf dem inzwischen alle Moocs beruhen – ist der flipped classroom: Anstatt seinen Schülern Frontalvorträge zu halten, filmt sich der Dozent in seiner Unterrichtsstunde ab und stellt das Video ins Netz. 

Nur ist weder das Einstellen von Unterrichtsvideos ein mooc, noch ein flipped classroom. Bei einem xmooc werden die Videos in eine Kursstruktur eingebunden, bei dem oft das Peerfeedback auf eingereichte Aufgaben das zentrale Interaktionselement ist. Auch die Zeit  verwechselt Video-Bereitstellung, flipped classroom und moocs.
Der Reiz des flipped classroom besteht aber gerade darin, dass die Präsenzzeiten besser für Interaktionen, Fragen, Problemlösungen genutzt werden können (vgl. flipped classroom ist nicht Videolernen). Bei den meisten moocs gibt es aber keine Präsenzveranstaltungen (im Sinne von face-to-face-Treffen). Wie flipped classroom und moocs thematisch zusemmengebracht werden können, zeigen Claudia Bremer (@clbremer) und Christian Spannagel (@dunkelmunkel) sehr schön hier.

Es gibt aber einige Versuche, moocs im Sinne von Blended Moocs durchzuführeh, also mit einem Online- und einem Präsenzanteil. Wie das aussehen kann, hat Volkmar Langer (@VolkmarLa) u.a. beim Fachforum „Open Online Courses – Perspektive für (offene) Bildungsveranstaltungen für Hochschulen und Weiterbildung erläutert:

These 6 – Moocs sollen von der Lehre entlasten
Werden Moocs weiter vor allem und nahezu ausschließlich auf die Interaktion zwischen den Studierenden/Lernenden ausgerichtet, hat wohl Marcus Rieke, Geschäftsführer von iversity mit dem recht, was er in der Süddeutschen Zeitung äußert, nämlich dass moocs auch von der lästigen Pflicht der Lehre entlasten:

Und die Professoren könnten sich dem widmen, was die meisten sowieso viel lieber täten – nämlich hauptsächlich forschen. 

In diese Richtung zu gehen, halte ich aber für einen fatalen Weg. Vielmehr sollte man/ sollten wir uns Gedanken machen:

  • Wie können moocs und Präsenzveranstaltungen lernförderlich miteinander verbunden werden? (Grundsätzliches zur Verbindung von Offline und Online habe ich mit zwei Kolleginnen mal hier angerissen)
  • Wie kann die Interaktion in den moocs (vor allem den xmoocs) methodisch vielfältiger werden?
  • Wie kann gewährleistet werden, dass die Lernenden auch mit der/die Prof. kommunizieren, d.h. Lehren und Lernen zusammen gedacht wird?
  • Wie erreichen wir eine international diverse Studierendenschaft? Gerade auch mit Blick auf die zunehmende Öffnung der Hochschulen?
  • Wie können Geschäftsmodelle entstehen, die nicht auf eine Kommerzialisierung von Bildung und einen Ausverkauf von Daten hinauslaufen?
Ich denke da bewegt sich bereits einiges in die Richtung.
Ich habe hier vor allem noch mal vor dem Hintergrund der Berichterstattung in den Medien noch mal schauen wollen, was es zu tun gibt. Hoffe das ist mir einigermaßen gelungen, freue mich auf Kommentare und Hinweise.
Und für mich bleibt noch als nächstes den Artikel von Daphne Koller u.a. zum Thema Abbruchquote zu lesen. Vielleicht finden sich da ja auch schon Ansätze :).

Tag der Lehre – Gemeinsamkeiten und Austausch

Der zweite Tag der Lehre, der universitätsweit an der Heinrich-Heine-Universität durchgeführt wurde, hat vor m.E. allem bewirkt:

An wichtigen Stellen eine gemeinsame Basis zwischen Studierenden und Lehrenden, ein Gemeinschaftsgefühl sichtbar zu machen. Hinzu kommen die Anregungen aus den 3 verschiedenen Workshops zu den Themen Mentoring, Vorlesungen gestalten und eLearning. Dazu kann ich aber nur aus einer Moderationssicht berichten, da ich den eLearning-Workshop gegeben hatte.

Im Einzelnen:
  1. Wertschätzung Lehrender
    Die Nominierten für den Lehrpreis (vergeben wurden dann 4 plus hein@ward für eLearning) wurden von den Studierenden vorgestellt. Eine schöner Anlass zu sehen, was in den einzelnen Fächern so vor sich geht und was die Studierenden interessiert. Nicht unwichtige Statements der Lehrenden dabei (mind. 2 mal): Dass Ihre Chefs genug Freiraum für die Lehre gelassen hätten!
  2. Wertschätzung Studierender
    Als tomonetto den Preis der Jury für das beste Studierendenprojekt erhielt, war die Rührung groß – und ich meine sagen zu können, dass es ansteckend war, auch die Lehrenden sich mitfreuten. Unnötig zu erwähnen, dass der Publikumspreis für das Projekt Stammzelleninitiative ähnlich gewirkt hat.
  3. Austausch großgeschrieben
    Den eLearning-Workshop hatten wir (Frau Meinert, Prof. Decking und ich) in der Planung auf Tests und Assessment ausgelegt. Denn im Rahmen der HeinEcomp-Förderung war das bei vielen Projekten ein wichtiges Thema gewesen. Also warum nicht die in den Projekten vorhandenen Erfahrungen nutzen, damit Interessierte mehr erfahren und im Austausch neue Ideen enstehen? So wie es schon erfolgreich bei den verschiedenen Netzwerktreffen stattgefunden hat. In 3 Kleingruppen von 5-6 Personen war der Austausch dann kaum zu bremsen, der für eine Stunde angesetzt Workshop war fraglos zu kurz. Trotzdem wurden Themen von E-Klausuren (Planungen für eine ILIAS-Klausureninstallation), über Online-Praktika bis ePortfolios nicht nur angeschnitten.
Dass der Tag der Lehre auf Nachhaltigkeit ausgelegt war, merkte man dann schon in der Evaluation. Die Veranstaltung war noch nicht ganz zu Ende, schon wurden die ersten Erfahrungen, Wünsche, Verbesserungsvorschläge abgefragt. Bin gespannt auf die Evaluationsergebnisse, die für Januar angekündigt sind.
Den offiziellen Rückblick zum Tag der Lehre gibt es hier.

Anders anders

Ich muss bei Diversität ja immer an Jelly Beans denken. Zumindest symbolisieren die jene Diversität, die mich persönlich am meisten interessiert: Unterschiede, die nicht direkt sichtbar sind.

Untersuchungen, Überlegungen und Maßnahmen zu nicht direkt sichtbarer, nämlich Lehr- und lernrelevanter Diversität konnte ich am 29. November zusammen mit Birgit Szczyrba bei einer Tagung des CHE in Berlin vorstellen.

Die Tagung mit dem Titel „Anders messen. Diversity-Monitoring für Hochschulen“ war extrem gut besucht und zumindest von den Themen her auch extrem vielfältig und international besetzt. Die Foliensätze waren bereits einen Tag später alle online, insofern kann ich mich auf einen kurzen Eindruck beschränken.
Dass der Umgang mit Diversity-Daten nicht unproblematisch ist, wurde ausführlich am ersten Abend diskutiert. Sind solche Daten eher wichtig, um einen „Aufschrei“ zu provozieren und Entwicklungen anzustoßen, wie Christina Vocke es formulierte – oder kann man ohne Daten Ausgangslagen und Handlangsbedarfe erst gar nicht erkennen und die Zielerreichung nicht messen, wie ich Alan Jenkins verstanden habe.
Mir persönlich war diese Diskussion an dieser Stelle etwas zu allgemein gehalten, kann man unter Daten doch sehr viel verstehen, soziometrische Daten, psychometrische Daten (das CHE-QUEST vereint beides) selbstproduzierte Daten, Daten in Form von elektronisch vorliegenden Dokukmenten – von der Post-Privacy-Diskussion ganz zu schweigen. So wurde in Berlin bei Daten immer Diversity mitgedacht, ohne es auch durchgängig so zu benennen.
Neben institutionell erhobenen Daten erscheint es mir aber wichtig, auch auf die Daten zu schauen, welche Personen in Lehr-Lern-Interaktionen voneinander „erheben“. Ohne diese kann Lernen nur schwer funktionieren, gerade in Online-Situationen wird ja bspw. auch über die Bedeutung geteilter Kognitionen diskutiert. Denn mit entsprechendem Hintergrundwissen, mit der Unterstützung sozialer Aktivitäten steigen die Aussichten darauf, dass Wissen geteilt wird, welches über den kleinsten gemeinsamen Nenner hinaus geht.
Genau deshalb sollte eLearning immer auch einen sozialen Aspekt umfassen. Ängste, dass persönliche Aspekte im eLearning verschwinden, kann ich deshalb bei sinnvollen, gut geplanten eLearning-Umsetzungen nicht teilen. Persönliches, aber auch Lernfortschritte und -ergebnisse kommen nur anders zur Geltung und werden ggf. sogar dokumentiert und zwar je nach den Zielen der Beteiligten auch unterschiedlich zugänglich (siehe bspw. den komplett öffentlichen MOOC opco11, ein sehr spannendes Experiment).
Zurück zu der Berliner Tagung: Wie unterschiedlich Programme und Ergebnisse aus der Diversity-Forschung sind, lässt sich schon aus den beiden Workshops ableiten, bei denen ich als Teilnehmer dabei sein konnte:
  • Pierre Mehlkopf von der Hogeschool Inholland berichtete von einem Klassenlehrersystem, das man eingeführt hatte um zu verhindern, dass Studienabbrecher erst bemerkt werden, wenn sie bereits weg sind. Individueller, persönlicher Kontakt war hier also die elementare Maßnahme. Sicherlich nicht überall umsetzbar.
  • Jürgen Scheibler und Wolfgang Menzel von der Hochschule Zitta/Görlitz („Wer in Mannheim im Zug eingeschlafen ist, in Dresden nicht aufgewacht ist, kommt nach Zwickau.“) berichteten davon, wie sie nach einer Analyse Ihrer (leider sehr wenigen) Studierenden als Pragmatiker(innen) nach der CHE-Quest-Typologie passende Fördermaßnahmen für einen schnellen Abschluss umgesetzt hatten. Ob die häufige Rede von „großem Druck“ in dem Vortrag wirklich für ein gutes Konzept spricht, wird sich wohl noch zeigen müssen.
Selbstnotiz: Ich muss unbedingt noch nach dem „Vielfalt als Chance“-Foliensatz fragen. Der war extrem unterhaltsam und visuell anregend!

Adaptive Lernsysteme

Jetzt reicht es mir. Immer wieder such ich die Stelle erneut raus. Deshalb dokumentiere ich sie jetzt hier einfach mal.

Über das Scheitern intelligenter tutorieller Systeme sowie über neue Ansätze adapativer Systeme spricht Anne Thillosen auf dem 4. HeinEcomp-Symposium 2010 ca ab Minute 16:10 ihres Vortrages.
Und sie bezieht sich dabei auf Veröffentlichungen zu „Psychopathologie Online„.

Gern gesehener Besuch

Es gibt sicherlich auch Situationen, in denen Lernen unsozial abläuft. Alleine, eine abgebrannte Funzel wirft kleine Schatten aufs Papier, es ist spät, keiner da, nur die Buchstaben und die Unwissenheit, die mit Wissen aufgefüllt werden will.

Aber an vielen Stellen merkt man dann doch, dass der Mensch ein soziales Wesen ist – auch wenn ja laut Rousseau die Gesellschaft das Schlechte fördert und Peter Licht auf seinem Album „Das Ende der Beschwerde“ Sätze formuliert wie „Gesellschaft ist toll, wenn nur all die Leute nicht wären.“.
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Genug des Kulturpessimismus.
Worüber ich eigentlich schreiben wollte hat seinen Anlass im Seminar „Social Software fürs Studium“, zu dem ich dieses Mal einen Gast einladen konnte. Nicht vor Ort war Sandra Hofhues dabei, sondern zugeschaltet aus Hamburg, per virtuellem Klassenzimmer. Nun kennt man als eLearner Sitzungen im virtuellen Klassenzimmer schon lange von e-teaching.org, wir setzen es auch in unseren eLearning-Fortbildungen ein – trotzdem war diese Sitzung was besonderes:
  1. Online-Austausch als Seminarthema, als „Methode“, als Expertenthema.
  2. Online-Gastgeber sein für eine externe Expertin.
  3. Input-Zeit und Diskussionszeit waren ungefähr gleich bemessen und wir hatten echt Gelegenheit verschiedene Aspekte der Integration von selbstorganisiertem Lernen ins Studium zu beleuchten.
Denn das war Thema: Selbstorganisiertes Lernen. Die Folien von Sandra sahen übrigens so aus:
In der Diskussion hat uns eine Studierendenfrage
„Gab es in Ihrem Studium mehr selbstorganisiertes Lernen als jetzt?“
unter anderem besprechen lassen, dass es früher weniger netzgestützten Austausch unter Dozierenden gab. Solche Online-Besuche von KollegInnen erst recht nicht.
Für mich bringen solche Besuche unheimlich viel und vermutlich finde ich solche Online-Einladungen auch spannend, weil sich so gut ein Ausschnitt einer Sitzung gestalten lässt. Bei einem Präsenzbesuch müsste man eine ganze Sitzung dem Gast widmen – nicht dass er dafür nicht spannend genug wäre, aber dieses Setting begünstigt das Beleuchten von Themen aus mehreren, verschiedenen Blickwinkeln.
Ein Blickwinkel mit sehr persönlichem Gewinn ist es, zu sehen wie andere (Online)-Lehre gestalten, live dabei zu sein. Das findet zwar auch offline in Form von Hospitationen statt, aber die Online-Hospitation ist meines Wissens noch nicht sonderlich verbreitet. Vor allem gehört dazu für mich ein Aspekt, der mir erst im Nachhinein eingefallen ist und den wir deshalb bei diesem Anlass nicht näher verfolgt haben: Die Gelegenheit, einander systematisches Feedback zu geben. Mit passenden Feedbackregeln, mit vorheriger Absprache wozu Feedback gewünscht wird, mit schriftlicher / (Video?)-Dokumentation des Feedbacks.
Nur eine Idee, weil ich die Sitzung wirklich sehr gelungen fand und zu Online-Hospitationen bisher noch nicht viel lesen konnte. Ob ein solches Feedback dann auch der Dank für die Bereitschaft eines Online-Besuchs sein könnte, ob man sich einfach öfter gegenseitig besucht, das könnte man sich dann noch überlegen. Am besten in Gesellschaft – bin also auf Kommentare gespannt!
Und ein letzter Punkt: Die Diskussion nach dem Input hatte Sandra mit einem provokanten Tweet gestartet, ich habe noch zwei kurze Umfragen im Klassenzimmer hinterhergeschoben. Mein Eindruck war, dass diese Kombination (neben dem guten Input) gut geeignet war, die Diskussion in diesem Medium anzustoßen.

Lohnt sich das eigentlich?

„Lohnt sich gute Lehre“ war die einleitende Frage der LeLeCon-Arbeitstagung am 10.11 in Düsseldorf. Den Antworten wurde sich aus verschiedenen Richtungen genähert:

  • Was ist der Aufwand für Lehre? (Heiner Barz, Anna Schwickerath und meine Wenigkeit)
  • Wie belege ich gute Lehre wissenschaftlich? (Adi Winteler)
  • Wie kann ich durch gute Planung beeinflussen, dass sich etwas lohnt? (Claudia Bremer)
  • Können Anreizsysteme helfen, dass sich gute Lehre lohnt? (Ruth Kamm)
  • Wie lange lernen Studierende und lohnt sich das? (Rolf Schulmeister)
Die Langversionen der Antworten wird man vermutlich in Kürze in den Vortragsaufzeichnungen hören und sehen können, die wir auf der Tagung vorgenommen haben (dank an die Kolleginnen Michaela Kyere und Ute Clames für Idee, Organisation und Durchführung).


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Ich habe übrigens dank der Tagung nochmals ein paar Zeiterfassungstools angetestet und aktuell wieder laufen. Wieso? Wir hatten bei Projektstart verschiedenes ausprobiert, wie man denn Aufwand von Lehre erfassen könne. Leider passte damals nichts so richtig zu unseren Erwartungen (instabil / keine vorgefertigten Kategorien / zu großes Kontrollgefühl). Jetzt läuft während des Schreibens aber wieder die Uhr, weil ich es einfach spannend finde, so etwas ab und an mal zu dokumentieren.

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Aus Zeitgründen…also hier nur ein paar m.E. spannende Aspekte:
Forschung vs. Lehre
Die Trennung des Aufwandes für Lehre und Forschung scheint alles andere als trivial zu sein. Gerade wenn Zeit für Recherche des Lehrstoffs mit gerechnet wird, kann diese ja durchaus auch mal ein halbes Jahr betragen. Oder das Wissen ist ohnehin schon da (wie verrechne ich dann dessen Erwerb?). Zahlen die wir mit retrospektiven Erhebungen gewonnen hatten, ließen eine(n) ProfessorIn im Schnitt 72h / Woche mit der Lehre verbringen. Eine Anpassung der Methoden führte dann aber auch zu realistischeren Ergebnissen in einer Online-Erhebung.
PDF-Schleuder ist teuer
Was mich erstaunt hat: Der Aufwand für eSupport (Material bereitstellen, E-Mail-Kommunikation) war pro Veranstaltung höher als derjenige für eLearning (Online-Kommunikation, Contenterstellung, etc.). Kostet es zu viel Zeit, Folien als Lehrbücher zweckzuentfremden? Liegt es daran, dass anders (unter stärkerer Berücksichtigung hochschuldidkatischer Aspekte) geplant wird?
Was tun Studierende?
„Students learn from what they do“ (George D. Kuh) hob Adi Winteler hervor. Als Messinstrument hierfür empfahl er das NSSE. Auch wenn die Studiengänge danach selbst entscheiden müssten, wie sie die Ergebnisse interpretieren.
eLearning richtig planen
Der Frage ob sich eLearning lohne, verschloss sich Claudia Bremer: „Ich weiß es nicht, aber wenn sie es machen, sollen keine groben Fehler passieren“. Zwar werde die allgemeine Evaluation an der Universität Frankfurt bei eLearning-Veranstaltungen um spezielle Fragen zum Einsatz von eLearning-Tools ergänzt…und die eLearning-Veranstaltungen hätten bessere Evaluationsergebnisse….Die Kausalitätsbeziehung greife aber nicht. Wer eLearning macht, ist an Lehre interessiert, daher die besseren Ergebnisse.
Als Instrument für gutes eLearning nutzt man in Frankfurt den AKUE-Prozess (Analyse, Konzeption, Umsetzung und Evaluation) der z.B. auch eine Grob- und Feingliederung des Konzeptes umfasst sowie Angaben zur Bearbeitungsdauer. Leider sprachen wir auf der Tagung aber nicht mehr über diese Zahlen.
Lohnt sich der Austausch?
Ein Aspekt, der im eLearning immer wieder Zeitersparnis bringen soll: Austausch von Content, Dienstleistungen etc. Jetzt ist der Spruch, dass ein Lehrender sich eher eine Zahnbürste teilt, als einen Kurs, auch nicht mehr der neueste. Widerlegt ist er aber trotz vielversprechender Ansätze noch nicht. Um so mehr bin ich auf die Ergebnisse des Projektes Uni:prise gespannt. Vor allem weil hier monetäre und nicht-monetäre Austauschbeziehungen untersucht werden. Hatte RUBeL nicht auch mal monetäre Austauschbeziehungen etabliert? Und bei ILIAS gibt es bspw. eine technische Infrastruktur dafür.
Lehrpreise als Belohnung und Diskursbeschleuniger?
Lehrpreise können ein Belohnungsinstrument für gute Lehre sein und die Qualitätskriterien für gute Lehre diskutieren helfen, z.B. gemeinsam mit den Nominierten – so Ruth Kamm.
Forschung als Betreuung?
Zu Rolf Schulmeisters Vortrag nur zwei Aspekte, seine Ergebnisse zur Untersuchung des Zeitaufwandes / Workload im Studium ist ja vielerorts schon besprochen worden.
Seine Aussage, dass die Studierenden die tägliche Plausibilitätskontrolle der online eingegebenen Zeitpläne als Betreuung empfunden haben, macht mich nachdenklich. Ist die Unterstützung im Selbststudium wirklich so gering, dass es als Service empfunden wird, betreut zu werden? Kann das ein Ansatz sein, der die Hochschulforschung weiter voranbringt oder ist es nicht doch problematisch, wenn (Be)Forschung und Lehre derart verwischen?
Meide die Peers?
Besser verdauen muss ich auch noch eine Aussage aus einer ersten Clusteranalyse, die Schulmeister zur Ermittlung verschiedener Studierendentypen vorgenommen hat. Da fiel der erschreckende Satz: „Die schwächste Gruppe der Studierenden sucht die Unterstützung der Peers.“ Und offensichtlich wird diese Gruppe auch nicht besser. Ist dann alleine Lernen besser? Meidet die schwächste Gruppe der Studierenden einfach nur den/die Professorin / die Lehrenden und wendet sich ausschließlich an die Kommilitonen? Kann man hier mit Lerngruppen, die (negative) Peer-Orientierung in einen Vorteil wandeln? In jedem Fall könnte die weitere Auswertung neue Möglichkeiten zur Unterstützung erfolgreichen Lernens aufzeigen oder wissenschaftlich stützen. Denn die gebildeten Skalen bei Schulmeister erschienen mir ziemlich sinnvoll (u.a. Verantwortungsübernahme, Bedrohungswahrnehmung, Durchhalten, Emotionsregulation, Lernstrategien). Eine weitere Auswertung hofft Schulmeister auf der Campus Innovation präsentieren zu können.
Mit den Typen und Skalen bei der CHE-Quest konnte ich dagegen (noch) nicht so viel anfangen. Schulmeister kritisierte daran u.a. die Erhebung des Faktors „Fleiß“ durch Befragung.
Ach ja: Das Projektakronym LeLeCon steht übrigens für: Lehraufwand webbasierter Innovationen in der Hochschule – Blended Learning unter Aspekten des Bildungscontrollings.
Noch ein „Ach ja“: Die Antwort auf den zweiten Teil des letzten Aufzählungspunktes ganz zu Beginn des Blogposts lautete bei Schulmeister übrigens nein. Hier bin ich noch skeptisch.

Transparenz – Wissenschaft und Internet

Wenn ich im Rückblick unser Doktorandenseminar der Nachwuchsforschergruppe Wissenschaft und Internet betrachte, dann zieht sich ein Thema durch die meisten Beiträge der vielen Gastreferenten: Transparenz.

In unterschiedlichen Ausprägungen zwar, für unterschiedliche Kreise, mit unterschiedlichen Zielen – wer das als ReferentIn, TeilnehmerIn oder KollegIn anders sieht möge aber gerne hier laut und transparent (oder auch intransparent) widersprechen :-).
Wenn Ihr Euch Eindruck verschaffen wollt, könnt Ihr übrigens bei Lecture2Go Aufzeichnungen von fast allen Vorträgen finden. Dafür auch noch mal ein Dank nach Hamburg für den Aufzeichnungskoffer, sowie an Michaela Kyere für die Durchführung der Aufzeichnungen!
Transparenz in Sachen Ressourcenmanagement: In ihrem Gastbeitrag (kein Vortrag) moderierte Jutta Wergen Fragen zum Umgang mit der eigenen Promotion. Wo steht man gerade, was läuft gut, wo sieht man Herausforderungen…Dass hier auch die bereits promovierten Mitglieder der Nachwuchsforschergruppe aus ihren Erfahrungen berichteten, war für die Promovierenden ein großer Gewinn – zumindest laut Kurzevaluation am Seminarende.
Beispiel gefällig? Das Promotionsthema vor anderen präsentieren zu müssen oder in einem selbst angebotenen Seminar anders/neu für Studierende durchdenken müssen, kann zusätzliche Motivation sein.
Recherche im Internet: Zum Beispiel mit wenigen Klicks in Datenbanken erkennen, wer wen zitiert und von wem zitiert wird oder welche Einstellungen die Google-Suche berücksichtigt. (Beitrag von Isabelle Peters und Katrin Weller) – auch ein Stück mehr Transparenz, die leicht herstellbar ist.
Die andere Seite der Recherche, die Publikationsstrategien und die Wissenschaftsevaluation betrachteten Lambert Heller und Stefanie Haustein. Zum Beispiel eine schnellere Zugänglichmachung Ergänzung, Kommentierung von Informationen/Publikationen, die auch qualitative Auswirkungen hat, da man sich anders auf aktuellste Veröffentlichungen beziehen kann. Vielleicht wird die Arbeitsweise von Wissenschaftlern in diesem Kontext auch transparenter. Ein praktischer Tipp von Lambert Heller: Wer seine Dokumente transparenter aufbauen will, sollte mit LaTex (Kapitel 2: Textsatz) arbeiten. Klang in meinen Ohren logisch, ich scheue aber den Aufwand (noch).
Stefanie Haustein betrachtete (bibliometrischen) Kennzahlen für die Bewertung von Wissenschaft. Welche Kennzahlen kommen wie zustande? Welche sind überhaupt sinnvoll? Ein persönlicher Impact-Factor (Kapitel 8) etwa?
Wie es ist, wenn das eigene Verhalten selbst im Netz transparent wird, war mein persönliches Aha-Erlebnis für mich beim Vortrag von Michael Scharkow: Plötzlich zeigte er eine Auswertung über mein Twitterverhalten (und das anderer Mitglieder der Nachwuchsforschergruppe). Unverhofft zum Forschungsgegenstand geworden konnte ich also sehen, wann ich offensichtlich am meisten Tweets absondere. Interessant, auch wenn mir die öffentliche Verfügbarkeit dieser Daten natürlich schon vorher bewusst war – und zumindest ungefähr auch mein Twitterverhalten…Als Randbemerkung hier vielleicht passend der Hinweis auf die Quantified Self-Bewegung.
Die Transparenz in Extremo zeigte Christian Spannagel: Vortrag vorher im Netz mit Aufruf zu Kommentaren angekündigt, Folien (Prezi) vorher für Ergänzungen im Netz, Fragen an Follower während des Vortrags, Etherpad-Mitschrieb durch angereisten Kollegen Oliver Tacke…Klassisches „Practice what you preach“ also, denn sein Vortrag ging um „Öffentliche Wissenschaft im Web 2.0).
Ebenfalls vorweg im Netz verfügbar war übrigens der bereits erwähnte Vortrag von Lambert Heller zu Literaturverwaltung und Publikationsstrategien .
Ähnlich transparent (oder wie von ihm angekündigt work in progress) dann auch Christoph Bieber, der vorher in seinem Blog ein paar Worte zum Vortrag fallen ließ. Wie sich Blogbeiträge auf die Entwicklung seiner Forschungsaktivität z.B. zu Wikileaks auswirkten war dann passenderweise Inhalt des Vortrages. Der Begriff aus den Staaten zu dieser praxisorientierten Auseinandersetzung: Pracademics (academic and practive practtioner in the regarding field). Welche Bezüge es hier zur Aktionsforschung gibt, könnte man sich noch mal anschauen.
Wie – auch grafisch ansprechend – die transparente Aufbereitung der Entstehung eines Werkes sein kann zeigte Patrick Sahle in seinem Vortrag zu Digitalen Editionen. Leider hab ich das beste Beispiel hierzu (hoffentlich) noch auf dem Uni-Laptop. Das wird nach meinem Urlaub nachgereicht.
Dass bei dem Thema „Social Media im Unternehmen – Informationssuche in Social Web und Social Intranet“ von Matthias Görtz Transparenz innerhalb eines Unternehmens und nach außen ein wichtiger Aspekt war, brauch ich wohl nicht extra zu betonen. Seine methodische Vorgehensweise übrigens: „Work-Shadowing“ – um das Informationssuchverhalten junger Berufseinsteiger zu untersuchen.
Für die letzte Sitzung haben wir dann tricider für eine Themenfindung genutzt – jeder konnte Ideen vorschlagen, jeder kann abstimmen. Ebenfalls ganz transparent.
Gewünscht wurde u.a. ein eLearning-Part in dem ich verschiedene eLearning-Aspekte angerisssen habe und ein paar praktische Übungen in ILIAS zeigte. Vor allem den praktischen Part hatte ich sehr offen gestaltet: verschiedene Objekte zum Testen lagen auf der Plattform und wer wollte konnte ausprobieren. Nächstes mal würde ich hier stärker steuern und mehr mit Gruppen arbeiten: Jede Gruppe sucht sich einen Bereich zum Ausprobieren. Die anderen Gruppen schauen sich danach online an, was passiert ist. Abschließend Austausch darüber. Aber das nur am Rande – als transparenten Blick in weitere Überlegungen…
Wo ich übrigens noch Potential für ein nächstes Doktorandenseminar sehe: Immer mal wieder auf die erste Sitzung, das Ressourcenmanagement (z.B. nach dem Eisenhower-Prinzip) zurückkommen und eine gemeinsame Dokumentation des Seminars unterstützen (bspw. durch ein Wiki oder ein Etherpad). Hier haben auch die verschiedenen Referenten gezeigt, wie das noch zusätzlich möglich wäre, allerdings wäre das auch eine Änderung der Ziele des Doktorandenseminars. Ob das dann komplett öffentlich erfolgt oder nicht, bin ich mir noch nicht sicher (lese dann ggf. noch mal hier nach).
Fazit: Viele Aspekte im Themenbereich Wissenschaft und Internet, die ich so noch nicht kannte und die imho
  1. weiter erforscht werden sollten und
  2. praktisch in verschiedenen Bereichen der Wissenschaft nutzbar gemacht werden können.

Inspiration und Intervention

Für mich kulminierte das Symposium „Inspiration und Intervention – Aktivierende Hochschulforschung zur Hochschullehre“ vom 14.-15.7. an der TU Dortmund in der Diskussion, die ich besonders mit zwei Teilnehmerinnen hatte. Hier die diskutierten Fragen:
Wer profitiert davon, wenn Hochschulintervention und Hochschulforschung bei den gleichen „Versuchs-„personen durchgeführt wird? Muss sich jeder, der von hochschuldidaktischen Maßnahmen profitiert, auch beforschen lassen? Ist es vertretbar, dass man bei neuen Maßnahmen auch immer die Wirksamkeit / die Erfolge überprüfen möchte und dies der „Deal“ ist, den man für eine meist kostenlose Beratung oder Schulung eingehen könnte?
Zugegeben, sehr zugespitzte Fragen. Man kann da m.E. aber auch noch anders argumentieren: Wenn ich in meiner eigenen Hochschullehre neues ausprobiere – will und muss ich dann nicht auch in meiner Rolle als Wissenschaftler überprüfen, ob dieses Umsetzung sinnvoll war. Viele Wege führen dabei nach Rom – und um etwas kryptisch, sprachtheoreotisch zu werden: methodos ist ja auch der Weg zum Tempel…
Natürlich muss man hier aufpassen, dass man durch zusätzliche Forderungen nach „Beforschung“ nicht diejenigen verliert, die erst mal nur mit gehöriger Neugier und auch Zweifel neue Methoden und Ideen in der Lehre umsetzen wollen.
Spannend war in Dortmund darüber hinaus noch vieles anders, hier ein paar Schlaglichter:
Metin Tolan (Prorektor Studium) sprach von Fragen, die man früher nicht gestellt habe:
  • Warum sollte heute ein Student zur Vorlesung kommen, wo es doch das Internet gibt? (btw: Bei Vorlesungsaufzeichnungen ist das auch immer wieder eine Frage, die bisherigen Daten dazu finde ich aber eindeutig, z.B. Daten aus Hamburg, wo nur 13% der Studierenden die Aufzeichnung dem Vorlesungsbesuch vorzogen)
  • Wie lernt der Student dann in der Vorlesung?
Sascha Spoun (Präsident der Leuphana-Universität) stellte zunächst allgemeingesellschaftliche Thesen auf (z.B. „Die heutige Gesellschaft erfodert Persönlichkeiten, die Lernen als Lebenshaltung verstehen“), um dann Antworten u.a. in der beeindruckenden Startwoche der Leuphana und dem Leuphana-Semester zu finden.
Auch eine für mich überzeugende These: Wissenschaft hat ihre Kernkompetenz in den Methoden und zwar sowohl in Forschung und Lehre. Und Lehre dürfe man professionell betreiben, bei SFB sei das normal.
Bettina Hannover demonstrierte den Bezug zwischen Lehrorientierung und kompetenzorientierter Evaluation (z.B. nach BEvaKomp), vgl. hierzu auch einen Vortrag ihrer Kollegin Edith Braun. Wenn Studierende rückmelden, wie sie ihren Kompetenzzuwachs einschätzen, fallen a) die Evaluationen kritischer aus und b) richtet sich der Fokus der Dozierenden auf die Studierenden, wird studierendenorientierter.
Antonia Scholkmann berichtete vom Einsatz problembasierten Lernens (PBL) im gleichnamigen Projekt, das immer folgendes umfasst:
  • Kleingruppenarbeit,
  • strukturierter Prozess,
  • Alltagsnähe,
  • paradigmatische Problemstellung
Nachdem Stichproben- und Bildungsungleichheit ausgeräumt wurden, ergab sich ein leicht positiver Effekt für PBL bei dem im Projekt untersuchten Textverstehen. Die Pilotstudie zu dem Projekt kann man hier nachlesen.
Aus dem LeWi-Projekt berichteten Marion Kamphans, Brit-Maren Block, Jennifer Eickelmann über das Coaching von Lehrenden, darin entwickelte Mini-Interaktionen sowie die Selbsteinschätzung der Lehrenden über die Zielerreichungen. Ein Beispiel für eine Mini-Interaktion: Studierende sollten zu Beginn und am Ende einer Veranstaltung Zusammenfassungen geben. Durch Beobachtungen innerhalb der Lehrveranstaltungen konnte man sehen, dass Lehrpersonen Methoden auch für nachfolgende Sitzungen übernehmen.
Ein großer Vorteil dieses Vorgehens: Die Methoden werden im Gespräch passend zu dem Gesamtkontext entwickelt oder ausgewählt und angepasst.
Abschließend gab es Arbeitsgruppen zu den Themen „Lehrende bewegen“, „Nachhaltigkeit“ und „optimale Hochschulforschung.“ Eines der Ergebnisse: Der Ruf nach mehr Austausch, auch zwischen den verschiedenen Fachgesellschaften und einer Hochschulforschungs-Methoden-Tagung.
Vielleicht ist die diese kleine Reaktivierung meines Blogs mit diesem (wieder etwas längeren Tagungsberichts) ein kleiner Beitrag zum Austausch.
Wie verschiedene hochschuldidaktische Fragestellungen in quasi historischer Perspektive (1975) aussehen, zeigt Gabi Reinmann in ihrem heutigen Blogbeitrag – das passt hier insofern, als die Tagung ein hoffentlich erfolgreicher Schritt aus dem dort beschriebenen Problem sein wollte.

verschlafene Schulen

Vielleicht bin ich ein Logik-Nazi. Es nervt mich aber immer wieder, wenn ich in Artikeln Vergleiche und Bezüge finde, die zumindest imho nicht passen.

Aktueller Anlass: Rupert Murdoch in der FAZ: Bildung ist das letzte Reservat
Hier die Logik-Lücken + Kritikpunkte:
  • Murdoch sieht eine Diskrepanz zwischen erwartbarem Zustand von Wirtschaftsnationen und aktuellem Zustand; „Für jedes Unternehmen geht es entscheidend um Humankapital – wie man es findet, entwickelt und pflegt.“ Technischer Fortschritt sorge überall für mehr Produktivität. Dies [was genau?] gelte für alle Bereiche des Lebens außer der Schule.
Was stört mich?: Der Zustand der Wirtschaftsnationen ist kein Lebensbereich. Er wirkt sich nur (vermutlich) auf verschiedene Lebensbereiche aus. Wieso werden hier Unternehmen mit Schulen verglichen? Murdoch führt keinen Grund dafür an, sondern wechselt einfach so in einen neuen Lebensbereich.
Was dahinter steckt: Entwicklung von Humankapital ist – in dieser Denkweise – die vordringlichste Aufgabe von Schulen. Wirtschaftsnationen sind nur so stark wie ihre Bürger – bzw. Arbeitskräfte, die wiederum gut ausgebildet sein müssen. Dies findet sich bei Murdoch aber nur implizit.
  • Angeblich hat sich in den letzten 15 Jahren an Schulen nichts verändert. „Unsere Schulen sind der letzte Hort, der sich der digitalen Revolution widersetzt.“
Was stört mich?: 1. Es liegt nahe, dass Murdoch von amerikanischen Schulen spricht. Dann sollte man das aber (auch in einem provokanten Essay) sagen! 2. Woran macht er fest, dass sich nichts verändert habe? Gar nicht. Er behauptet es einfach. Dass es bspw. im deutschen Schulsystem enorme Veränderungen gab, z.B. was Prüfungen, Bildungsstandards…angeht sei hier nur am Rande erwähnt. 3. Es geht dann also doch ausschließlich um die digitale Revolution. Davon ist in der Einleitung des Artikels aber gar nicht die Rede!
Was dahinter steckt?: Vielleicht geht es nur darum, Content (des eigenen Medien-Imperiums) in die Schulklassen zu bekommen. Immerhin ist das Beispiel über die Veränderung der Arbeit eines Redakteurs das einzige schlüssige.
  • Geld ist keine Lösung!
Was mich stört? „Es hat nicht funktioniert“, schreibt Murdoch. Von den Zielen der Investition, der Verwendung der Mittel (Personal, Infrastruktur, Reformen, Projekte) nicht ein einziges Wort. Nur als Begründung: Das System sei eine Arbeitsbeschaffungsmaßnahme für Lehrer und Verwalter. Deshalb sei alles verpufft.
  • Phantasie der Kinder anregen – nicht mit Geräten, sondern mit Software.
Was mich stört?: Schön, dass Murdoch nicht behauptet, Computer würden an sich kreativ machen. Erschreckend, dass er dann einfach die Software als Lösung propagiert. Als Beispiele bringt er die Vermittlung von Inhalten über einen bekannten Fußballstar oder führende Flugzeugingenieure. Mit Software hat das zunächst noch nichts zu tun (wohl aber sein späteres damit unverbundenes ipad-Beispiel). Und kreativ sind in diesem Beispiel nur a) Murdoch und b) der Fußballstar/die Flugzeugingenieure.
Was dahinter steckt?: Nur ein Wort: Medienimperium?
  • „In Medien und Technologie haben wir gelernt, wie man gezielt kleine Gruppen erreicht, wie man die Abrufhäufigkeit von Websites maximieren kann und wie man personalisierte Newsfeeds anbietet.“
Was mich stört?: Schreiben haben wir dort wohl nicht gelernt. „IN“ Medien und Technologie lernt man nix. Oder ist das eine Zeitschrift, eine Lernreihe….? Und personalisiertes Lernen ist aus pädagogischer Sicht durchaus nichts neues. Der Frontalunterricht mit Alterskohorten ist über die gesamte Geschichte der Pädagogik gesehen sogar ziemlich jung (vgl. bspw. Terhart, Didaktik, Eine Einführung).
  • Alle müssen heute den Stoff im gleichen Tempo lernen.
Was mich stört?: Mit „Stoff“ ist Murdoch insgesamt antiquierter, als er denkt. Geht es nicht doch schon in Schulen um Kompetenzen? Und natürlich (s.o.) kann das individuell verschiedene Lerntempo ein Problem sein. Aber dafür gibt es viele Lösungsansätze (nicht nur eine personalisierte Lese(!)liste). Ein Beispiel: Freiarbeit.
  • Alle sollen den besten Lehrer/Experten haben können.
Was mich stört?: Die Forderung müsste eigentlich lauten: Alle Lehrer/Experten sollen Ihre Kurse und Materialien frei im Netz anbieten. Das kann man zumindest als bildungspolitisches Ideal vertreten / verfolgen wollen. Aber wer der/die Beste ist – wer soll das nach welchen Kriterien bestimmen?
Was dahinter steckt?: Es geht weiter darum, Inhalte zu verkaufen. Murdoch spricht von verschiedenen prominenten Wissenschaftlern oder Praktikern (nicht Lehrern!), die in einem Klassenzimmer versammelt werden könnten…“für den Preis, den wir für den Download eines Songs bezahlen.“
  • Murdoch will keine Lehrer durch Technologie ersetzen, sondern „öde Routinen abnehmen“.
Was mich stört?: Entschuldigen Sie bitte, Herr Murdoch. Welche „öden Routinen“ sollen denn abgenommen werden? Ihre Beispiele klingen für mich nach öde Routinen=Unterrichten!
  • Unklare Beispiele!
Was mich stört?: Nachhilfelehrer würden in Korea so viel verdienen wie Filmstars – Wer denn? Von welchem Gehalt sprechen wir denn? Ich möchte so etwas auch nachlesen/nachprüfen können! Eine Schule, in der „ausgerechnet“ wird, was jeder einzelne Schüler zu lernen hat und wie! Wie ist das denn gemeint? Zehn Seiten hat er schon gelesen (gelernt?!) und er muss noch 5? Durchschnittswerte in Testprofilen als Grundlage? Für mich klingt das nach einem sehr quantitativen Verständnis von Lernen.
Empfehlen möchte ich noch allen den Schlussabsatz von Murdochs Artikel. Dazu hier nur noch Stichworte:
  • Rausfinden, was am besten funktioniert
  • Alles zusammentragen
  • sein Unternehmen will sich engagieren
  • kein Kind soll marginalisiert werden
Hoffe mal, dass eine von Murdoch finanzierte Stiftung das konkret tut. Vermutlich aber eher nicht, denn (s.o.) Geld ist keine Lösung.
Disclaimer: Möglich, dass die ein oder andere meiner Anmerkungen im Originaltext weniger greift. Vermute nicht, aber ich habe da nicht nachgelesen. Und dass kein falscher Eindruck entsteht: Ich bin nicht gegen den Einsatz von Ipads, Internet…in Schulen.