Ich muss bei Diversität ja immer an Jelly Beans denken. Zumindest symbolisieren die jene Diversität, die mich persönlich am meisten interessiert: Unterschiede, die nicht direkt sichtbar sind.
Untersuchungen, Überlegungen und Maßnahmen zu nicht direkt sichtbarer, nämlich Lehr- und lernrelevanter Diversität konnte ich am 29. November zusammen mit Birgit Szczyrba bei einer Tagung des CHE in Berlin vorstellen.
Die Tagung mit dem Titel „Anders messen. Diversity-Monitoring für Hochschulen“ war extrem gut besucht und zumindest von den Themen her auch extrem vielfältig und international besetzt. Die Foliensätze waren bereits einen Tag später alle online, insofern kann ich mich auf einen kurzen Eindruck beschränken.
Dass der Umgang mit Diversity-Daten nicht unproblematisch ist, wurde ausführlich am ersten Abend diskutiert. Sind solche Daten eher wichtig, um einen „Aufschrei“ zu provozieren und Entwicklungen anzustoßen, wie Christina Vocke es formulierte – oder kann man ohne Daten Ausgangslagen und Handlangsbedarfe erst gar nicht erkennen und die Zielerreichung nicht messen, wie ich Alan Jenkins verstanden habe.
Mir persönlich war diese Diskussion an dieser Stelle etwas zu allgemein gehalten, kann man unter Daten doch sehr viel verstehen, soziometrische Daten, psychometrische Daten (das CHE-QUEST vereint beides) selbstproduzierte Daten, Daten in Form von elektronisch vorliegenden Dokukmenten – von der Post-Privacy-Diskussion ganz zu schweigen. So wurde in Berlin bei Daten immer Diversity mitgedacht, ohne es auch durchgängig so zu benennen.
Neben institutionell erhobenen Daten erscheint es mir aber wichtig, auch auf die Daten zu schauen, welche Personen in Lehr-Lern-Interaktionen voneinander „erheben“. Ohne diese kann Lernen nur schwer funktionieren, gerade in Online-Situationen wird ja bspw. auch über die Bedeutung geteilter Kognitionen diskutiert. Denn mit entsprechendem Hintergrundwissen, mit der Unterstützung sozialer Aktivitäten steigen die Aussichten darauf, dass Wissen geteilt wird, welches über den kleinsten gemeinsamen Nenner hinaus geht.
Genau deshalb sollte eLearning immer auch einen sozialen Aspekt umfassen. Ängste, dass persönliche Aspekte im eLearning verschwinden, kann ich deshalb bei sinnvollen, gut geplanten eLearning-Umsetzungen nicht teilen. Persönliches, aber auch Lernfortschritte und -ergebnisse kommen nur anders zur Geltung und werden ggf. sogar dokumentiert und zwar je nach den Zielen der Beteiligten auch unterschiedlich zugänglich (siehe bspw. den komplett öffentlichen MOOC opco11, ein sehr spannendes Experiment).
Zurück zu der Berliner Tagung: Wie unterschiedlich Programme und Ergebnisse aus der Diversity-Forschung sind, lässt sich schon aus den beiden Workshops ableiten, bei denen ich als Teilnehmer dabei sein konnte:
- Pierre Mehlkopf von der Hogeschool Inholland berichtete von einem Klassenlehrersystem, das man eingeführt hatte um zu verhindern, dass Studienabbrecher erst bemerkt werden, wenn sie bereits weg sind. Individueller, persönlicher Kontakt war hier also die elementare Maßnahme. Sicherlich nicht überall umsetzbar.
- Jürgen Scheibler und Wolfgang Menzel von der Hochschule Zitta/Görlitz („Wer in Mannheim im Zug eingeschlafen ist, in Dresden nicht aufgewacht ist, kommt nach Zwickau.“) berichteten davon, wie sie nach einer Analyse Ihrer (leider sehr wenigen) Studierenden als Pragmatiker(innen) nach der CHE-Quest-Typologie passende Fördermaßnahmen für einen schnellen Abschluss umgesetzt hatten. Ob die häufige Rede von „großem Druck“ in dem Vortrag wirklich für ein gutes Konzept spricht, wird sich wohl noch zeigen müssen.
Selbstnotiz: Ich muss unbedingt noch nach dem „Vielfalt als Chance“-Foliensatz fragen. Der war extrem unterhaltsam und visuell anregend!