Transparenz – Wissenschaft und Internet

Wenn ich im Rückblick unser Doktorandenseminar der Nachwuchsforschergruppe Wissenschaft und Internet betrachte, dann zieht sich ein Thema durch die meisten Beiträge der vielen Gastreferenten: Transparenz.

In unterschiedlichen Ausprägungen zwar, für unterschiedliche Kreise, mit unterschiedlichen Zielen – wer das als ReferentIn, TeilnehmerIn oder KollegIn anders sieht möge aber gerne hier laut und transparent (oder auch intransparent) widersprechen :-).
Wenn Ihr Euch Eindruck verschaffen wollt, könnt Ihr übrigens bei Lecture2Go Aufzeichnungen von fast allen Vorträgen finden. Dafür auch noch mal ein Dank nach Hamburg für den Aufzeichnungskoffer, sowie an Michaela Kyere für die Durchführung der Aufzeichnungen!
Transparenz in Sachen Ressourcenmanagement: In ihrem Gastbeitrag (kein Vortrag) moderierte Jutta Wergen Fragen zum Umgang mit der eigenen Promotion. Wo steht man gerade, was läuft gut, wo sieht man Herausforderungen…Dass hier auch die bereits promovierten Mitglieder der Nachwuchsforschergruppe aus ihren Erfahrungen berichteten, war für die Promovierenden ein großer Gewinn – zumindest laut Kurzevaluation am Seminarende.
Beispiel gefällig? Das Promotionsthema vor anderen präsentieren zu müssen oder in einem selbst angebotenen Seminar anders/neu für Studierende durchdenken müssen, kann zusätzliche Motivation sein.
Recherche im Internet: Zum Beispiel mit wenigen Klicks in Datenbanken erkennen, wer wen zitiert und von wem zitiert wird oder welche Einstellungen die Google-Suche berücksichtigt. (Beitrag von Isabelle Peters und Katrin Weller) – auch ein Stück mehr Transparenz, die leicht herstellbar ist.
Die andere Seite der Recherche, die Publikationsstrategien und die Wissenschaftsevaluation betrachteten Lambert Heller und Stefanie Haustein. Zum Beispiel eine schnellere Zugänglichmachung Ergänzung, Kommentierung von Informationen/Publikationen, die auch qualitative Auswirkungen hat, da man sich anders auf aktuellste Veröffentlichungen beziehen kann. Vielleicht wird die Arbeitsweise von Wissenschaftlern in diesem Kontext auch transparenter. Ein praktischer Tipp von Lambert Heller: Wer seine Dokumente transparenter aufbauen will, sollte mit LaTex (Kapitel 2: Textsatz) arbeiten. Klang in meinen Ohren logisch, ich scheue aber den Aufwand (noch).
Stefanie Haustein betrachtete (bibliometrischen) Kennzahlen für die Bewertung von Wissenschaft. Welche Kennzahlen kommen wie zustande? Welche sind überhaupt sinnvoll? Ein persönlicher Impact-Factor (Kapitel 8) etwa?
Wie es ist, wenn das eigene Verhalten selbst im Netz transparent wird, war mein persönliches Aha-Erlebnis für mich beim Vortrag von Michael Scharkow: Plötzlich zeigte er eine Auswertung über mein Twitterverhalten (und das anderer Mitglieder der Nachwuchsforschergruppe). Unverhofft zum Forschungsgegenstand geworden konnte ich also sehen, wann ich offensichtlich am meisten Tweets absondere. Interessant, auch wenn mir die öffentliche Verfügbarkeit dieser Daten natürlich schon vorher bewusst war – und zumindest ungefähr auch mein Twitterverhalten…Als Randbemerkung hier vielleicht passend der Hinweis auf die Quantified Self-Bewegung.
Die Transparenz in Extremo zeigte Christian Spannagel: Vortrag vorher im Netz mit Aufruf zu Kommentaren angekündigt, Folien (Prezi) vorher für Ergänzungen im Netz, Fragen an Follower während des Vortrags, Etherpad-Mitschrieb durch angereisten Kollegen Oliver Tacke…Klassisches „Practice what you preach“ also, denn sein Vortrag ging um „Öffentliche Wissenschaft im Web 2.0).
Ebenfalls vorweg im Netz verfügbar war übrigens der bereits erwähnte Vortrag von Lambert Heller zu Literaturverwaltung und Publikationsstrategien .
Ähnlich transparent (oder wie von ihm angekündigt work in progress) dann auch Christoph Bieber, der vorher in seinem Blog ein paar Worte zum Vortrag fallen ließ. Wie sich Blogbeiträge auf die Entwicklung seiner Forschungsaktivität z.B. zu Wikileaks auswirkten war dann passenderweise Inhalt des Vortrages. Der Begriff aus den Staaten zu dieser praxisorientierten Auseinandersetzung: Pracademics (academic and practive practtioner in the regarding field). Welche Bezüge es hier zur Aktionsforschung gibt, könnte man sich noch mal anschauen.
Wie – auch grafisch ansprechend – die transparente Aufbereitung der Entstehung eines Werkes sein kann zeigte Patrick Sahle in seinem Vortrag zu Digitalen Editionen. Leider hab ich das beste Beispiel hierzu (hoffentlich) noch auf dem Uni-Laptop. Das wird nach meinem Urlaub nachgereicht.
Dass bei dem Thema „Social Media im Unternehmen – Informationssuche in Social Web und Social Intranet“ von Matthias Görtz Transparenz innerhalb eines Unternehmens und nach außen ein wichtiger Aspekt war, brauch ich wohl nicht extra zu betonen. Seine methodische Vorgehensweise übrigens: „Work-Shadowing“ – um das Informationssuchverhalten junger Berufseinsteiger zu untersuchen.
Für die letzte Sitzung haben wir dann tricider für eine Themenfindung genutzt – jeder konnte Ideen vorschlagen, jeder kann abstimmen. Ebenfalls ganz transparent.
Gewünscht wurde u.a. ein eLearning-Part in dem ich verschiedene eLearning-Aspekte angerisssen habe und ein paar praktische Übungen in ILIAS zeigte. Vor allem den praktischen Part hatte ich sehr offen gestaltet: verschiedene Objekte zum Testen lagen auf der Plattform und wer wollte konnte ausprobieren. Nächstes mal würde ich hier stärker steuern und mehr mit Gruppen arbeiten: Jede Gruppe sucht sich einen Bereich zum Ausprobieren. Die anderen Gruppen schauen sich danach online an, was passiert ist. Abschließend Austausch darüber. Aber das nur am Rande – als transparenten Blick in weitere Überlegungen…
Wo ich übrigens noch Potential für ein nächstes Doktorandenseminar sehe: Immer mal wieder auf die erste Sitzung, das Ressourcenmanagement (z.B. nach dem Eisenhower-Prinzip) zurückkommen und eine gemeinsame Dokumentation des Seminars unterstützen (bspw. durch ein Wiki oder ein Etherpad). Hier haben auch die verschiedenen Referenten gezeigt, wie das noch zusätzlich möglich wäre, allerdings wäre das auch eine Änderung der Ziele des Doktorandenseminars. Ob das dann komplett öffentlich erfolgt oder nicht, bin ich mir noch nicht sicher (lese dann ggf. noch mal hier nach).
Fazit: Viele Aspekte im Themenbereich Wissenschaft und Internet, die ich so noch nicht kannte und die imho
  1. weiter erforscht werden sollten und
  2. praktisch in verschiedenen Bereichen der Wissenschaft nutzbar gemacht werden können.