Tocotronic in Düsseldorf mit goldenen Worten

Ich war wirklich skeptisch: Das aktuelle Album „Schall und Wahn“ von Tocotronic klang in meinen Ohren zu brav, eher nach Songwriter, denn nach Rock und e-gitarren-gestütztem Widerstandsdiskurs. Zugegeben, die erste Single-Auskopplung „Macht es nicht selbst“ hatte noch was, u.a. auch einen Seitenhieb auf „Heim- und Netzwerkerei“.

Trotzdem war die Freude auf das Konzert gestern im Düsseldorfer Zakk mehr als getrübt.

Völlig zu Unrecht: Es gab Stadion-Rock auf kleinstem, intimen Raum. Die Gitarren wurden auch bei den neuen Stücken bis zum Ende ausgereizt, Dirk verneigte und reckte sich elegant ironisch in allen möglichen Posen. Gleich beim ersten Stück Saite gerissen bei Rick. Kurz Zeit nehmen zum Stimmen.

Dann jeder Song mit voller Wucht in die Halle gepresst, oft ohne Übergang in den nächsten hineinverzerrt. Wenn Dirk Songs einleitete, dann mit Worten wie diesen: „Reckt die linke Hand, ballt sie zur Faust und sprecht goldene Worte…!“ Was folgte war „Aber hier leben, nein danke“. Poetische Absage an die Anerkennung des Daseins.

Später „Let there be rock“ im Gesang so verlangsamt, dass es eines noch mehr wird: Hymne. Am Ende der zweiten Zugabe verlässt die Band die Bühne, Dirks Gitarre aber liegt einsam auf dem Verstärker und heult vor sich hin.

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