Wieso nicht OER als Tagungsergebnis?

In verschiedenen Gesprächen war es schon mal Thema, niedergeschrieben habe ich es aber noch nicht: OER passt nicht in den Hochschulkontext, wenn es nicht anschließt an das, was Wissen im Hochschulkontext ist, nämlich: nicht gesichert, keine Konserve.

Das Wissen hier ist immer vorläufig, im Idealfall auf dem Stand neuester Forschung oder es ist etwas, das sich gerade (noch unfertig) aus der Forschung entwickelt. Deshalb ist die Verbindung von Forschung und Lehre an Hochschulen auch so wichtig: Hier können neue Erkenntnisse irritiert, diskutiert aber auch – zum Beispiel im Forschenden Lernen mit den Studierenden entwickelt werden.

Wenn ich dann Material von anderen nutze, verlasse ich den Forschungsmodus. Ich könnte aber auch gerade mit der Orientierung darauf hin, weiterzuforschen und gerade den Studierenden weitere Forschung zu ermöglichen OER aufgreifen und anders nutzen, um zu forschen.

Ich gebe zu, das ist hier nur eine schnelle, grobe Skizze, die ich aber trotzdem in dem Stadium schon zur Diskussion stellen will, weil ich das bislang wenig (gar nicht) gelesen habe (Disclaimer: Die ZFHE-Ausgabe „Open Education im Kontext der Digitalisierung“ steht noch auf meiner Leseliste)

Würde man nun Openscience, Forschendes Lernen und OER  sowie OEP miteinander verbinden, dann könnten Forschungspraktiken, ganz anders von Studierenden aufgegriffen und diskutiert sowie weitergeführt werden. Möglicherweise könnte hierzu das Zitatrecht auch ausreichen, ich vermute aber nicht, weil ich für die didaktisch gestalten Lehrsituationen auch Phasen brauche, in denen ich nicht ausschließlich einer Systematik zur Generierung wissenschaftlicher Erkenntnisse folge, sondern diese forschenden Tätigkeiten aus einer Lernlogik heraus einordne und so gestalte, dass sie – je nach Studiumsphase, Kompetenzentwicklungsmodell etc – hilfreich für die studentischen Lernprozesse sein können,

Aber wo werden die Forschungsergebnisse und -prozesse aktuell in einer Form publik gemacht, die  relativ leicht weiterverwendet werden könnten bzw. sogar auf Diskussion und Weiterverwendung angelegt ist? Richtig: Auf Tagungen. Hier Aufzeichnungen und Beiträge nicht nur Open-Access, sondern direkt als OER zu publizieren, könnte die Integration in Lehrtätigkeiten und andere Transferaktivitäten erleichtern. Auch wenn man wohl davon ausgehen darf, dass es E in Educational Resources damit meist noch nicht stark ausgeprägt hast.

Im Post „Missing at OER“ hatte ich das ganz kurz angerissen. Was oft fehlt ist die „Reflexion des Prozess-Charakters von Hochschulbildung, Betrachten der Aktivitäten rund um das Material herum (wo muss es anschließen, von wo führt es weiter, wie können mehrere OER verzahnt werden?)“

Also: Warum wird so selten aus Tagungen heraus OER publiziert? Habt Ihr dazu Meinungen / Thesen? Oder sind meine Ausgangsüberlegungen schief / falsch, passiert das gar ständig? Mir schien die Frage noch mal relevant, nachdem die Diskussion auf Twitter zu der – m.E. sehr wichtigen Tagung  – EdTech Resarch-Forum zeigte, dass OER nicht unbedingt selbstverständlich ist. Dass auf Nachfrage jetzt aber schon eine Keynote als OER eingestellt ist, finde ich extrem cool. Danke!

Und nur, um es auch hier noch mal zu sagen: Aufzeichnungen der Jahrestagungen der Deutschen Gesellschaft für Hochschuldidaktik (dghd) haben wir hier zu einem großen Teil als OER eingestellt. 

Wer diese und andere Fragen zu OER nicht online diskutieren will, ist übrigens sehr herzlich zu unserem ersten OER-Meetup nach der langen Pause eingeladen: Am 23.10., 16.00, Standort Südstadt der TH Köln in der Claudiusstraße 1, Raum 400. Mehr im Blog des OER-Meetup Cologne.

Besondere Anforderungen an Innovation in der Hochschullehre – Organisationseinheit und Co

Mal hieß es Akademie für Lehre, dann war von Lehrgemeinschaft die Rede (allerdings nicht von denjenigen, die das Thema vorangetrieben haben), nun soll eine  „Organisationseinheit“ „Innovation in der Hochschullehre“ kommen. Heute ist die Frist für die Interessensbekundung bei der GWK. Daran geknüpft sind viele Hoffnungen, wie Johannes Wildt und Karoline Spelsberg Papazoglu in einem Gastbeitrag bei Jan-Martin Wiarda deutlich gemacht haben. 

Das kann man nur unterstützen – und ein paar Aspekte betonen die ich von beiden dort nicht gelesen habe, die aber für eine solche Organisationseinheit wichtig werden, wenn dieses Gebilde mehr sein soll, als ein bürokratisches Ding, das nur der Form nach Innovationen in der Lehre voranbringen soll. Dazu gehört nicht zuletzt – auch die Frage nach einem weniger uninspirierten Namen (vgl. dazu die etwas heitere Twitterdiskussion hier). 

  1. Die Sache selbst misslingt

Lehre ist – wie alle Bildungsprozesse – mit einer hohen Mißerfolgswahrscheinlichkeit verbunden. Inwiefern das Intendierte (im Idealfall Bildung) erreicht wird, ist enorm komplex, kontextabhängig, kontingent und ein gemeinsames Resultat des Zusammenspiels ganz verschiedener Personen (im mikro-Bereich von Lehrenden und Lernenden/Studierenden), die auf jede Handlung und Situation mit vielfältigen Mustern, Motiven, Handlungen und Nichthandlungen reagieren und agieren. In der Pädagogik spricht man auch von Technologiedefizit: Legt man einen Schalter um, kann man nicht sicher sein, dass das Licht angeht. Technologien funktionieren so, Menschen nicht. Damit muss sich die Organisationszeit kritisch auseinandersetzen. Das ist ein, wenn nicht der Kern der in diesem Bereich angemessenen Transferfragen. Wenn das die neue Organisationseinheit unter den Tisch fallen lässt, läuft sie leer. Weitere Personen im third-space (Qualitätsmanagement, Hochschuldidaktik, Dekan*innen, Hochschulforscher*innen, Bildungsforscher*innen – wenn man sie extra in den Blick nimmt und dabei nicht die Praktiker und Forschenden der Hochschuldidaktik vergisst, vgl. auch die Akteure aus dem offenen Brief der dghd an die GWK auf S. 2). Die Sache der Bildung selbst misslingt….oft, zunächst, zumindest in der Breite, die neben Selektion und Allokation der Auftrag einer Bildungseinrichtung ist. Diesen Bremsschuh gilt es zu berücksichtigen, ohne deshalb untätig zu werden / zu bleiben.. 

  1. Welche Kompetenzorientierung hätten Sie gern?

Ansprüche daran und Verständnis davon, was gute Lehre ist, sind sehr divers. Das beginnt schon bei Begrifflichkeiten wie den von Wildt & Spelsberg-Papazoglou im Gastbeitrag bei Jan-Martin Wiarda angesprochenen shift from teaching to learning, bei der Studierendenzentrierung, der Kompetenzorientierung, usw.. Und das hat mindestens zwei Seiten:  

Die A-Seite: die Übersetzung in den Lehralltag ganz unterschiedlich denkender Disziplinen (mit ihren Sprachcodes), z.b. wenn Studierendenzentrierung als Kundenorientierung übersetzt wird, gleichzeitig mit Kunde kein bloßer Konsument gemeint ist. Oder wenn Kompetenzorientierung gesehen wird als (neoliberaler) Versuch, hohen Bildungsziele, Bildung als Selbstzweck, als Persönlichkeitsentwicklung zu unterlaufen. 

Die B-Seite: die sehr weichen Definitionsgrenzen, mit denen – nicht nur – in der Hochschuldidaktik (HD) z.T. agiert wird. Vermutlich auch, weil sich die immer noch mehrheitlich im Projektstatus befindliche Hochschuldidaktik (eine empirische Untersuchung der nachhaltigen Verankerung von HD-Einrichtungen und Stellen sowie Anzahl und Status  freiberufliche tätiger HDler“innen liegt bislang nicht vor – disclaimer: bei uns an der TH gibt es eine solche nachhaltige Verankerung) aus strategischen Gründen an lokal vorherrschende Vorstellungen anpassen will oder muss. Eine Organisationseinheit – mit stärkerer Einbindung der Hochschuldidaktik, wenn nicht gar Gestaltung durch die Hochschuldidaktik, und der unter 1 genannten Akteure könnte sich der Aufgabe annehmen, diese begriffliche  Grundlage für Transfer zu unterstützen, dann muss man sich immer noch der Problematik aus 1 stellen.

3. Hochschuldidaktiker*innen als besondere Expert*innen – in (besonderer) Kooperation

Das Feld der Hochschulentwicklung – die Akteure der Hochschuldidaktik zeigen es – ist aus vielen verschiedenen Bezugsdisziplinen „gebaut“. Um wirksam und anschlussfähig sein zu können, ist der Anspruch an Wissenschaftlichkeit wichtig (vgl. bspw. Salden 2019). Vielleicht als (zukünftige) Disziplin, aber vor allem als ein Wissenschaftsgebiet, das interdisziplinär, transdisziplinär und infradisziplinär (Dank für den Begriff, dem hoffentlich noch eine Veröffentlichung folgt, an Rüdiger Rhein) agieren muss. Das hieße mit dem Fach gemeinsam auch das Fach verändernd – insbesondere in der Lehre. Dies können Hochschullehrende allein nur begrenzt leisten, weil sie einerseits in ihrem Fach fest verankert sind und andererseits nicht die Ressourcen für hochschuldidaktische Überblicke, Vergleiche etc. aufbringen können. Wildt & Spelsberg-Papazoglou sprechen von Prozesspromotoren. Was diese – z.T. in Abgrenzung zu Hochschullehrenden, in Überschneidungen und gemeinsam – an Expertise einbringen können, hat die Kommission Weiterbildung der dghd in dem Papier “Wer macht was? Rollen und Kompetenzprofile für hochschuldidaktisch Tätige” eindrucksvoll zusammengestellt. In politischen Diskussionen und Programmen, bleiben diese (also wir) immer wieder  ungenannt. Die Verzahnung in einer Organisation – die im Netzwerkcharakter schon vielfach erfolgt – könnte ein entscheidender Faktor für die systematische Entwicklung der Hochschullandschaft sein.

  1. Das geht hier nicht – Rahmenbedingungen und Regelunge

Dass viele Innovationen – wenn sie wirksam werden sollen, bloße Ideen sind keine Innovatione – wegen verschiedener Rahmenbedingungen und Regelungen nicht auf die Strecke kommen, ist leider so klar wie problematisch. Das aber nur kurz angerissen:  Kapazitätsverordnungen, die es erschweren, bestimmte Sachen in der Fläche umzusetzen; wenig Anreize für Lehrende gute Konzepte weiterzugeben; Befristungen im Mittelbau als Hindernis sich langfristig zu engagieren (warum sollten Lehrende sich in den Gremien z.B. für Studiengangsentwicklung engagieren, wenn die Umsetzung des Beschlossenen jenseits ihrer Vertragslaufzeiten liegt….

  1. sollen, können, wollen, dürfen als Voraussetzung für change 

Oftmals widersprechen sich im System verschiedene der für Change hilfreichen Dimensionen. Soll ich, kann ich, will ich, darf ich. Unwillen scheint mir seltener ein Hindernis. Oftmals beissen sich offizielle Anforderungen und (versteckte) Verbote. Oder Fähigkeiten sind da, werden an der vorhandenen Stelle aber nicht gewollt. Und, und und. Apropos: Diese Dimensionen habe ich aus Gesprächen und Workshops mitgenommen, mich aber nicht weiter um Zitate dafür gekümmert. Wer also die Systematik wiedererkennt und zuordnen kann, möge sehr gerne entsprechend mit Quellenhinweis unter diesem Post kommentieren. Würde mich sehr freuen!

Bleibt ein letztes kritisches Wort zu Innovationen: Gute Lehre, sich entwickelnde Lehre kann nicht Veränderung um jeden Preis sein. Innovationen laufen in diesem Bereich schnell Gefahr, nur für ganz spezifische kleine und ohnehin experimentelle Settings entwickelt zu werden. Es wäre ja – auf anderer Ebene – sehr innovativ mehr das Bewährte zu bewahren (und abzusichern), das zu erkunden was gut ist, zu erforschen warum es schon gut ist und diese Erkenntnis (mehr) zu nutzen, um anderes zu verbessern. 

Dank an Cornelia Kenneweg für den Mailaustausch zum Thema – zugegebenermaßen vor einiger Zeit. Wünschte ich hätte den Beitrag schon früher veröffentlichen können, aber manches braucht halt Zeit, ist trotzdem noch unfertig, auch wenn es wichtige (politische) Deadlines als Bezugspunkte gibt.

Persönliche OER-Erfahrungen – kleine Übersicht

Im Februar 2018 hatte ich mal für eine Anfrage als OER-Prüfer eine Übersicht dazu zusammengestellt, was ich in Sachen OER bislang so gemacht und publiziert habe. Wie das oft so ist, sind das gute Anlässe, um selbst einen Überblick dazu zu bekommen, was sich nach und nach ansgeammelt hat. War mehr, als ich gedacht hatte :o.

Da diese Übersicht vielleicht auch für andere interessant ist, weil gerade was neues hinzugekommen ist, und weil das Thema OER nach meinem Eindruck gerade aus verschiedenen Gründen an Fahrt aufnimmt (oercontent.nrw-Ausschreibung (bis 30.11.19), Vorprojekt Content-Marktplatz, weitere Landesinitiativen zu OER), dachte ich, ich teile diese Übersicht hier mal.

Vorweg aber der Hinweis auf das, was neu ist, das mir ein besonderes Anliegen ist:
Da heute Klimastreik war, wir aber gleichzeitig den für die Hochschulentwicklung wichtigen Tag für die exzellente Lehre nicht ausfallen lassen wollten, haben wir das Thema Klimwandel mit ein paar kleineren Aktionen in den Tag integriert. Eine war ein Poster zum Thema, das wer will sehr gerne kopieren, überarbeiten, ergänzen etc. kann um auf Tagungen dieses Thema auch anzusprechen. Das Poster mit dem Titel „Informationen zum Thema Klimaschutz am Arbeitsplatz und darüber hinaus“ ist unter ccby lizensiert und findet sich als bearbeitbares Google-Doc hier: https://tinyurl.com/klimaposter 

Die Anfrage hat übrigens zu einigen ganz spannenden Erfahrungen mit Prüfungen zum Thema OER geführt und zu einem Eintrag als OER-Fachexperte hier: https://www.oer-fachexperten.de/fachexperten/pruefende/

Spezifische Erfahrungen mit Open Educational Resources

Publikationen zu OER / offenen Praktiken

  • Lorenz, A., Thielsch, A., van Treeck, T. (2016):.Offen für gute Lehre: Einsatzfelder, Grenzen und Möglichkeiten für offene Bildungsmaterialien in der Wissenschaft. In M. Heiner, B. Baumert, S. Dany, T. Haertel, M. Quellmelz & C. Terkowsky (Hrsg.), Was ist „Gute Lehre“? Perspektiven der Hochschuldidaktik. (S. 233-243). Bielefeld: Bertelsmann. 
  • van Treeck, T. Workshop Flipped Learning – Experimente und Erfahrungen . In T. Brinker & K. Ilg (Hrsg.) (2018).,​Lehre und Digitalisierung. 5. Forum Hochschullehre und E-Learning-Konferenz – 25.10.2016. (S. 39f.) Universitätsverlag Webler.
  • Bremer, C., Hofhues, S., Mayrberger, K. & van Treeck, T. (2016). Offene Lehr-/Lernszenarien und Open Open Educational Practices an Hochschulen. In J. Wachtler, M. Ebner, O. Gröblinger, M. Kopp, E. Bratengeyer, H.-P. Steinbacher, C. Freisleben-Teutscher & C. Kapper (Hrsg.), Digitale Medien: Zusammenarbeit in der Bildung (S. 348-349). Münster: Waxmann.
    Online verfügbar unter: http://2016.gmw-online.de/349/ 
  • van Treeck, T., Himpsl-Gutermann, K. & Robes, J. (2013). Offene und partizipative Lernkonzepte – E-Portfolios, Moocs und Flipped Classrooms. In M. Ebner & S. Schön (Hrsg.), Lehrbuch für Lehren und Lernen mit Technologien, 2. Aufl.
    Online verfügbar unter: http://l3t.eu/homepage/das-buch/ebook-2013/kapitel/o/id/149/name/offene-und-partizipative-lernkonzepte 

Praxis lebt vom Machen – doch….

Innovatives entwickeln, umsetzen, Lehre verbessern, Hochschulen verändern. Praxis lebt vom Machen.
Doch ohne Theoriebezug, Reflexion und prüfen, „was schon da war“ funktioniert eine Weiterentwicklung nur nach reinem trial & error. In hochkomplexen Situationen – und Bildungsprozesses sind nie einfache Wirkmechanismen – ist es sinnvoll, nicht einfache Routinen zu verwenden, sondern wissenschaftlich prüfend vorzugehen.
Kurz gesagt: In einem Wiki habe ich mal eine kleine Sammlung von hochschuldidaktischer Literatur, die Open Access zugänglich ist, zusammengestellt. Noch nicht theoriegeleitet systematisiert, noch unvollständig. Wer also beim work-in-progress mit Ergänzungen, Kommentaren, Kritik aufwarten kann: Hier Eure herzliche Einladung dazu.

Und zum Weitersuchen über Open Access hinaus gibt es beim Informations- und Dokumentationssystem Hochschule eine m.E. gute Datenbank, bei der ich allerdings nicht weiß, wie stark sie weitergepflegt wird / werden kann. Möglicherweise entsteht hier etwas neues in diese Richtung beim Fachinformationsdienstes Erziehungswissenschaft und Bildungsforschung. Ich kann allerdings nicht einschätzen, wie stark das Themenfeld Hochschuldidaktik dort im Blick ist.

Einfach nur Danke

Feiertage, Jahresende, Bilanz ziehen?
Einfach mal wieder bloggen…Nur ganz kurz, dafür um so wichtiger.

Da man sich ja insbesondere in dieser Zeit nicht f2f sieht, auf diesem Wege ein ganz großer Dank an alle, die mich hier immer wieder auf interessante Paper hinweisen, Diskussionen anstoßen, für (auch miese) Kalauer zu haben sind, hartnäckig nachfragen, öffentlich nachdenken und irritieren. An alle, die die Diskussion auf Konferenzen online fortführen und so vielen ein Dabesein erlauben.

Danke Euch, danke meiner Timeline und ganz besonders denjenigen unter Euch, die immer wieder für spannende Ideen, skurriles, neues aber auch bestätigendes zu haben sind!

Es macht einfach Spass mit Euch und ich freu mich auf 2015 – vielleicht auch mal wieder mit ein paar mehr Ausführungen meinerseits an dieser Stelle im Blog…
Bis dahin (aber auch sonst) gilt

die kleinen Dinge – ILIAS-Konferenz in Bern

Nein! Ich meine mit den kleinen Dingen nicht, dass die ILIAS-Konferenz in Bern eine kleine Sache ist. Quatsch. Ich meine die kleinen Zeichen, die man mit kleinen Gesten setzen kann.

So wie diese Geste:

Welche Farbe soll das „ilias-baendeli“ (ja, der Schweizer Ton macht schon was aus) im August denn haben? fragt Marcel Rainmann heute in diesem Tweet.

Verlinkt ist eine Doodle-Abstimmung. Aktuell liegen Nr. 1 und Nr. 2 gleich auf.
Ich weiß nicht:
  • wie ernst die Abstimmung ist,
  • wie sehr man sich an das Ergebnis hält,
  • um welches Bändeli es ganz genau geht (allgemeines Konferenz-Band, Band für ein Unternehmen, VIP-Band…)
  • bis wann die Abstimmung geht
  • ob wirklich jeder mitmachen darf (aber wieso sonst Werbung per Twitter?).
So oder so. Wenn die Konferenz schon im Vorhinein so nett auf die Wünsche möglicher TeilnehmerInnen eingeht, dann werden es wohl spannende Tage in Bern und zwar hoffentlich mit Workshopatmosphäre im besten Sinne, d.h. mit vielen Möglichkeiten zum Austausch und gemeinsamen Arbeiten.
So oder so (II): Motivieren und erfreuen schon solch kleinen Dinge.

Webschau: Bologna-Konferenz und Freisemester für Lehre

Dank Siemsens Selbstlerner Community habe ich zwar von dem Live-Stream der Nationalen Bologna-Konferenz erfahren (wieso nicht über den BMBF-Newsletter?), zum Reinschauen blieben dann aber nur wenige Minuten.

Umso enttäuschender, dass ich (noch?) keine Video-Aufzeichnung der Konferenz finden konnte, obwohl sie bei den meisten Live-Übertragungen mittlerweile Standard ist. Zumindest war das bei unseren Übertragungen aus der Reihe „Migration und Bildung“ gar kein Problem. Aber sicherlich findet sich in Kürze noch ein Video online…

Aber wo ich schon angefangen habe zu stöbern, hier eine kurze Übersicht zur Berichterstattung über die Konferenz:

Fast gleichzeitig sprach die Zeit hier von „womöglich […] erste[n] Zusagen“ der Länder zur Beteiligung an einem Projekt zur Verbesserung der Lehre bzw. an einer „Art Exzellenzinitiative für Hochschuldidaktik“ im Rahmen der Konferenz.

Inhaltlich spannender als diese Vermutung sind ein paar Projekte, die in dem Artikel vorgestellt werden (die aber auch schon älter sind!). Unter anderem ein Freisemester für Lehre an der TU München inklusive Kursus und schriftlicher Reflektion für die Publikationsliste. Was im Zeit-Artikel fehlt: Wie sieht es mit der praktischen Umsetzung der im Kurs erlernten neuen Methoden aus? Gibt es Hospitationsphasen, wie in vielen Hochschuldidaktik-Programmen üblich? Gerne würde man auch mehr zu diesem Konzept „Lehre im Fokus“ erfahren. Leider Fehlanzeige. Nur ein paar Zeilen auf den Seiten exzellente-lehre.de des von der KMK und dem Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft geförderten Wettbewerbs.

Mehr zu hochschuldidaktischen Fortbildungskonzepten findet sich – vielleicht weil ich weiß wo ich suchen muss – beim NRW-Zertifikat professionelle Lehrkompetenz, das neben den üblichen Verpflichtungen von vielen Dozierenden absolviert wird. Unter anderem Teilnahme an hochschuldidaktischen Workshops und die Entwicklung von innovativen Lehrformaten. Ein Freisemester für die Lehre lässt sich aber – wie auch immer es konkret umgesetzt wird – besser medienwirksam vermarkten. Was nicht heißt, dass es nicht sinnvoll sein kann.

Übrigens ist dies nicht gemeint als Kritik beispielsweise am Konzept „Pro-Lehre“ an der TU, das sich sehr gut und anspruchsvoll liest.

Die Präsentation von Lehrportfolios bei Bewerbungen wird im Zeit-Artikel auch als Erfolg der TU aufgelistet. Sicherlich ist sie das auch! Aber die Überlegungen zu einer guten Lehre vor allem den Studierenden transparent zu machen, ist ein weiterer Schritt, den beispielsweise der Studiengang Modernes Japan hier in Düsseldorf konsequent geht.

Es bewegt sich also an vielen Stellen auf vielen verschiedenen Ebenen etwas. Was die Konferenz bewegt, bleibt abzuwarten.

Bildungsstreik II

Die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung zieht unter der krassen Überschrift „Bomben auf Bologna“ nicht nur über protestierende Studierende her, sondern zieht auch schräge Vergleiche. Eine Stilkritik:

Die Bologna-Erklärung ist noch nicht einmal so lang wie zum Beispiel eine Duineser Elegie – und nicht im entferntesten so schön.

Nun, was will uns der Dichter damit sagen? Er kennt anscheinend die Länge sowohl einer politischen Absichtserklärung zum Bildungswesen, als auch die Blätter Papier, die Rilke mit den Elegien beschrieben hat. Und drittens: Er kann die Schönheit eines politischen Textes mit einem poetischen Abwägen. Allerhand.

Jetzt habe ich nicht die Zeichen durchgezählt, aber man mache sich vielleicht selbst ein Bild zur Aussage. Ich wage die These: Bologna-Erklärung vs. Duineser Elegien – Bologna ist länger.
Duineser Elegien
Bologna-Erklärung
Übrigens sind die Elegien wirklich schön, kann ich nur empfehlen. Und bei der Gelegenheit auch auf Archaischer Toros Appolos verweisen, auf dem Sloterdijk seine These des ständigen Rufs der Welt, man müsse sein Leben ändern aufbaut. Auch ja, länger als eine Twitter-Nachricht ist die Bologna-Erklärung auch – so what?

Was noch aufregt: Die Überschrift: „Bomben auf Bologna“ (wer das googelt kommt hinzu noch auf einen Bombenanschlag auf den Bahnhof von Bologna) ist nicht nur krass zugespitzt, sondern findet im Text nur dort Bezüge, wo er versucht, originell zu sein. Beim „Stürmen“ des Mainzer Abgeordnetenhaus sollen „Unbekannte“ ein Flugblatt verteilt haben, auf dem eine im Haus entwendete DDR-Schreibmaschine im RAF-Stil als Gefangene tituliert wird.

Dass Studierende vorher auch als Rebellen bezeichnet werden und es heißt sie hätten gemerkt,

wie wunderbar mächtig man sich fühlen kann, wenn man den Universitätsrektor als „Feigling“ oder „Autokraten“ beschimpft

lässt zusammen mit der im Schluss formulierten These die Studierenden würden langsam die Geduld verlieren (wo gibt es dazu bitte Anhaltspunkte! vor allem wo in dem Artikel, liebe FAZ) zumindest ein ungutes Gefühl zurück – da passt manches nicht zusammen.