Ich sehe was, das Du nicht siehst. Einsamkeit im Studium.

Ein kleiner Strukturierungsversuch, der vielleicht nicht nur mir allein bei dem Thema Einsamkeit hilft, sondern auch anderen….

Für den vergangenen Tag für die exzellente Lehre hatten wir zum zweiten Mal Studierende aufgerufen, sich für den Studienpreis zu bewerben. Wir hatten danach gefragt, welche gesellschaftlichen Probleme wichtig sind und im Studium an der TH Köln behandelt werden sollen (siehe Ausschreibung). Eine Einreichung befasst sich mit der Lebensqualität in Städten unter Bedingungen des Klimawandels (Gewinner des Tandempreises für Lehrende und Studierende). Die zweite Einreichung gab einen Impuls für das Thema Einsamkeit unter Studierenden – zu diesem Thema möchte ich ein paar Gedanken teilen. Die Gedanken hatte ich – gekürzt – am Tag selbst kurz vorgestellt.

Wir wissen, dass Einsamkeit im Studium  ein enorm wichtiges Thema ist. So spricht die Soziologin Jutta Allmendinger, ehemalige Präsidentin des Wissenschaftszentrums Berlin, in einem Interview im Juni 2025 im Magazin des Deutschen Studierendenwerks davon, dass an den Hochschulen der Gruppenzusammenhang verloren gegangen sei und sich die Corona-Einsamkeit fortsetze, Universitäten sollten wieder stärker auf Gemeinschaft setzen.

Einsamkeit ist aber auch erkenntnistheoretisch bedeutsam: Ohne eine persönliche, menschliche Wahrnehmung durch andere, kann man sich selbst nicht oder zumindest schlecht erkennen (Metabene hat dazu eine sehr schöne Tuschezeichnung, die mit dem Spiel „Ich sehe was, das Du nicht siehst“ arbeitet. Leider noch nicht online). Strukturiert man das Thema Einsamkeit für den Hochschulkontext, kann man sich vielleicht in drei Ebenen nähern:

  1. Einsamkeit als elementare Hürde für die Lehr- und Lernprozesse und für ein erfolgreiches Studium allgemein:
  2. Einsamkeit als ein Gegensatz zu dem, was ein Kern des Hochschulstudiums ist: Sozialisation in einen akademischen Habitus, in das Wissenschaftssystem, das geht nicht ohne andere Menschen. So gab es bspw. 2016 an der TH Köln den Lehrpreis unter dem Motto „Digital und sozial Lehren und Lernen mit Netz“
  3. Persönliche und gesellschaftliche Auswirkungen von Einsamkeit
  4. Inner Development Goals und Mental Health als Konzepte mit Bezug zu Einsamkeit

Etwas ausführlicher: Warum ist Einsamkeit erstens für Lehr- und Lernprozesse wichtig? Beispielsweise ist soziale Einbindung nach der Motivationstheorie von Deci und Ryan ein wichtiger Faktor für Motivation: Motiviertes Lernen ist schwierig, wenn Studierende sich als sozial isoliert wahrnehmen. Für Lehrveranstaltungen gibt es viele einfache Methoden, mit denen man unterstützen kann, dass Studierende sich kennenlernen und miteinander ins Gespräch kommen. Die meisten sind vielleicht bekannt, auf jeden Fall sind diese Methoden an mehreren Stellen im Netz gut beschrieben: Murmelgruppen / Buzz-Feed, Think-Pair-Share, Gruppenpuzzle, insgesamt Paar- oder Gruppenarbeit; manche didaktischen Ansätze sortieren auch die Planung oder Methoden nach der Sozialform.

(Fallsstricke der Gruppenarbeit, von Constructive Amusement, CCBYND, http://www.constructive-amusement.de/comics/previous/13)

Aber auch das Leitungsverhalten in einer Lehrveranstaltung ist ein wichtiger Faktor: Sprechen Sie z .B. Ihre Studierenden mit Namen an, moderieren Sie Diskussionen so, dass sich Beiträge aufeinander beziehen lassen oder installieren Sie Situationen, in denen sich Studierende gegenseitig unterstützen (z .B. durch kollegiale Beratung).

Bei einem Hochschulstudium geht es zweitens immer auch darum, Teil einer Gemeinschaft zu werden, als Student*in und Wissenschaftler*in in einer bestimmten Art auf die Welt, auf Probleme und Lösungen zu blicken, fachlich sehr unterschiedlich, aber immer wissenschaftlich. An der TH Köln spricht man u.a. auch deshalb von der universitas, von der Gemeinschaft der Lehrenden und Lernenden. Der Wissenschaftsrat betont in seinem Papier von 2022 (Empfehlungen für eine zukunftsfähige Ausgestaltung von Studium und Lehre) die Sozialisation in die Wissenschaft und empfiehlt dafür eine bessere Betreuung, bspw. mit einem akademischen Mentorat (S. 33).

Dass Einsamkeit viertens für ein soziales Wesen, wie den Menschen persönlich gravierende Auswirkungen hat, brauche ich vermutlich nicht extra zu betonen, vielleicht trotzdem so viel: Wir wissen, dass soziale Kontakte eine wichtige Variable für Glück, Zufriedenheit aber auch für die Lebenserwartung sind – hier argumentiere ich allerding als Laie. Wegen der möglicherweise fatalen Auswirkungen von Einsamkeit sollte die an Hochschulen verfügbare psychosoziale Beratung immer auch in den Blick genommen werden.

Gesellschaftlich ist Einsamkeit natürlich nicht zu unterschätzen. Nicht nur spezifisch in der Lehre wird immer wieder die Gemeinsamkeit, das gemeinsame Vorgehen als Gegenbewegung zu dem Forschen im Elfenbeinturm, zum Genie oder zum Lehrstuhlprinzip in dem ein Prof. angeblich alleine viel bewirken könne, gesehen. Auch gerade in der Transformation braucht es gemeinsame Anstrengungen, gemeinsame Lösungen, besteht die Gefahr, dass Gruppen oder Personen ausgegrenzt oder abgehängt werden. Hiermit muss man sich auseinandersetzen, wenn gesellschaftliche Veränderungen gestaltet werden sollen.

Einschub: Was mit dem Ideal der Forschung in Einsamkeit und Freiheit gemeint ist, könnte man vielleicht auch (kritisch) ausführen.

Im Konzept der Inner Development Goals (IDG) wird fünftens über die Beziehung zu sich selbst (1) und die Fürsorge für andere und die Welt (3) sehr deutlich, dass wir uns mit Einsamkeit auseinandersetzen sollten. Auch in den anderen Dimensionen der IDG finden sich Aspekte, die mit Einsamkeit nicht gut zu vereinbaren sind. Allerspätestens seit der Coronapandemie ist sehr deutlich geworden, dass Mental Health eine Basis für Lehr- und Lernprozesse sind. So hat bspw. auch das Hochschulforum Digitalisierung das Thema Mental Health in einem Diskussionspapier aufgegriffen, in dem der Einfluss der Hochschulen auf die (psychische) Gesundheit der Studierenden diskutiert und konstatiert wird, dass es Studierenden laut Studien schlechter als noch vor 10 Jahren geht.

In der kurzen Auseinandersetzung mit dem Thema bin ich außerdem darauf gestoßen, dass an der Technischen Hochschule Augsburg  aus einer studentischen Initiative eine App  gegen Einsamkeit im Studium entwickelt werden soll. Eine dazugehörige Befragung findet sich hier https://www.uni-jena.de/12620/bundesweite-studierendenbefragungen bzw. hier direkt zur Umfrage: https://www.survio.com/survey/d/O3M8N9R6X3J6L9Z9R
Hoffentlich hören wir noch davon.

Welche Ansätze gegen Einsamkeit im Studium kennt Ihr? Welche Erfahrungen macht Ihr mit dem Thema? Was für Ergänzungen habt Ihr / was seht Ihr anders?

Weiteres zum Thema:

Future Skills oder Soll-Zustand als wissenschaftliche Perspektive in einem akademischen Kompetenzverständnis

Kann man sich die Zukunft wissenschaftlich zu eigen machen bzw. was wären spezifisch akademische Bezugspunkte dazu, habe ich mich gefragt, als ich den impact-Free-Beitrag von Marco Kalz und Gabi Reinmann zu Future Skills zum ersten Mal las. Die Idee kurzgefasst: Sollte man nicht an den akademischen Kompetenzbegriff bzw. an akademisch geprägte Kompetenzen anknüpfen und an die wissenschaftliche Beschreibung und Begründung eines Soll-Zustandes?

Falsch: Einschub – kleiner Textstart mit viel Warterei

Falsch, die erste Reaktion auf den Beitrag war Zustimmung, die zweite ein Stolpern über mir noch unbekannte Begriffe, die mir aber verfolgenswert erschienen. Dann ein erster halbseitiger, gestückelter Textentwurf mit ganz vielen Leerstellen und vor allem mit einem Literaturbezug im Kopf. Da gabs doch was von Gabi Reinmann zur wissenschaftlichen Perspektive auf Ziele…fand den Beitrag einfach nicht. Dann ein kurzer Impuls, Textentwurf schon als Blogbeitrag online zu stellen. Unsicher. Feedback von einem tollen Kollegen eingeholt, der viele Rückfragen und gute Hinweise hatte. Erstmal wieder liegen gelassen. Dafür jetzt aber (Anlass folgt unter der letzten Überschrift)

Worum geht es: Kritische Diskussion um Future Skills, Lerntransfer als Alternative

Marco Kalz und Gabi Reinmann greifen in ihrem impact-free-Beitrag von August 2024 die Diskussion um Future Skills auf und begründen – m.E. sehr gut, nützlich und nachvollziehbar – wozu es hilfreich ist eine Diskussion über die Sinnhaftigkeit und die theoretische Fundierung von Future Skills zu führen. Das Anschließen an einem Verständnis von Hochschulbildung mit verschiedenen Komponenten, von denen eine „Einsatz, Anwendung und Erzeugung von Wissen“ (S.5) sei und damit eine „zukunftsgerichtete Problemlösedisposition“ entwickelt werden könne, erscheint mir nicht nur schlüssig hergeleitet, sondern auch hilfreich für aktuelle und weiterführende Diskussionen und Entwicklungen.

Als Alternative zu Future Skills, führen Kalz und Reinmann kurz in das Konzept des Lerntransfers ein (Ebd., 2024, S. 5), das ich mir – ehrlich gesagt – weiter anschauen muss. Mir ist der Begriff noch gar nicht untergekommen. Und das obwohl er im Hochschulqualifikationsrahmen bereits angelegt sei (ebd., S. 5 – wohl aber nicht explizit) und ich mich mit Transfer durchaus schon auseinandergesetzt habe, allerdings dort eher von Prüfungsfragen kommend zur Frage des Transfer von Lehrkonzepten und -szenarien im Rahmen der TURN23.

Vielleicht hilft es auch den Klassiker von Mandl zum Trägen Wissen mal endlich ernsthaft aufzuschlagen. Kalz und Reinmann jedenfalls würde ich beim ersten, zweiten und dritten Lesen so verstehen, dass es einerseits um so etwas wie antizipierten Transfer in zukünftige, mögliche Anwendungsfelder geht und andererseits um eine Form von Theoretisierung von Erfahrungen, wenn sie schreiben, dass es „bei den Modalitäten unter anderem um proaktiven und retroaktiven Lerntransfer (Kollhoff, 2021)“ gehe und weiter: „Proaktiver Lerntransfer fördert über Analogien in Problemsituationen eine Disposition zur Problemlösung (Richland & Simms, 2015); retroaktiver Transfer ist als ein nachgelagertes Generalisieren von Einzelerfahrungen in ein übergreifendes Konzept zu verstehen.“ (Kalz und Reinmann, 2024, S. 5)

Integration in die Fachwissenschaft mittels forschendem Lernen und akademischem Kompetenzbegriff?

Außerdem fordern beide, dass Future Skills in die Fachwissenschaften integriert werden sollten. Hier könnte meines Erachtens der akademische Kompetenzbegriff helfen (dazu später mehr) aber auch eine stärkere Ausrichtung auf Forschendes Lernen, das ja gerade fachliche Fragen gemeinsam mit Studierenden zu lösen sucht (in allen Ausprägungen, angefangen bei dem Aufgreifen von Forschungsergebnissen als forschungsbasierte Lehre über die Formulierung von Forschungsfragen bis hin zum gesamten Forschungszyklus). Wieso sollte es nicht möglich und hilfreich sein, gemeinsam mit Studierenden, deren Irritationen, Fragen und Erfahrungen einen disziplinären, forschenden Zugriff auf zumindest Ausschnitte von Problemen zu erkunden? Würden darüber nicht das, was mit Future Skills gemeint ist, auf die Hochschulen eigene Weise in den Blick kommen?

Hilfreich könnte es dabei sein, neben dem Forschenden Lernen als Grundhaltung oder Ausgangspunkt den akademischen Kompetenzbegriff oder wie Wick (2011) sagt, die akademisch geprägte Kompetenzen mit den Überlegungen zur Diskussion um Future Skills zu verbinden. Was hat es mit diesem akademischen Kompetenzbegriff auf sich?

Der akademische Kompetenzbegriff beruht unter anderem auf den Fachgutachten Kompetenzorientierung von Niclas Schaper (2012). Nach Ausführungen zum Kompetenzverständnis in der empirischen Bildungsforschung, der Berufsbildungsforschung bzw. -pädagogik, der Schlüsselqualifikation bzw. -kompetenzen wird dort auf knappen zwei Seiten angerissen, dass „eine akademische Kompetenzentwicklung auf spezifischen Grundlagen, die sie z. T. deutlich von anderen Bildungskontexten abheben und dadurch ein spezifisches Profil akademisch bzw. wissenschaftlich geprägter Kompetenzen konstituieren [basiert]“ (ebd., S. 22f.). Für diese Kompetenzen formuliert Wick (2011, S. 5), dass sie „von der Qualität und grundlegenden Entwicklung

  1. Reflexiv, 2. Explikationsfähig, 3. Erkenntnisbasiert

und von Inhalt und Zweck her, 3. Disziplinär organisiert, 4. auf komplexe, neuartige Situationen und Aufgaben bezogen sowie 5. Tätigkeitsfeldbezogen“ seien. Mit leichten Unterschieden rezipieren das auch Reinmann (2015), sowie Reis (2014, S. 27) und Schaper (2012). Passend zum akademischen Kompetenzbegriff skizziert Marco Kalz in seinem kürzlich erschienenen Beitrag zur Kompetenzorientierung nicht nur die historische Diskussion zum Thema Kompetenzorientierung für die Hochschulen, sondern betont auch mit Bartosch et al. (2017, S. 9) die „Fähigkeit zu reflexivem und innovativem Handeln auf der Basis von wissenschaftlicher Generierung von Wissen und kritischer Wissensanwendung“ als Gegenstand oder Ziel des Kompetenzerwerbs an Hochschulen (Kalz, 2025, S. 5).

Weiterentwicklung zu Kompetenzen und Outcomes

Meiner Ansicht nach liegt es hier auf der Hand, dass die mit den Future Skills verfolgten Ziele gut in einer ernsthaften Auseinandersetzung mit diesem Kompetenzverständnis aufgehen könnten. Der akademische Kompetenzbegriff scheint allerdings im Vergleich zu anderen Modellen noch wenig verbreitet und müsste z.T. noch weiterentwickelt (vgl. Reis 2014, S. 86; vgl. Wildt 2010, S. 67) und vor allem hinsichtlich der praktischen Aufnahme und Umsetzung untersucht werden. Gleichwohl ist der akademische Kompetenzbegriff Referenz der strategischen Leitlinien für Studiengangentwicklung der TH Köln (2018, S. 4), vielleicht auch an anderen Orten in Verwendung – das sollte sich herausfinden lassen.

Auch Kalz (2025) zeigt zur Kompetenzorientierung sowohl Verbindungslinien verschiedener Konzepte und Prinzipien als auch Wege auf, die noch weiter ausgearbeitet oder ausgeführt werden müssten. Eine Leerstelle, die er unter Bezug klar benennt: „Während sich Lernergebnisse auch allein auf Wissen beziehen können, müssen Kompetenzen dem Autor [Tenberg (2014)] folgend über diese hinausweisen und auf ein Können in Anwendungssituationen verweisen.“ Diese falsche Gleichsetzung von Lernergebnissen und Kompetenzen geschehe „z.B. im „Qualifikationsrahmen für Deutsche Hochschulabschlüsse“ (QDH) (KMK, 2017)“ (Kalz, 2025, S. 2). Nur von welchen Outcomes mit welcher Struktur und welchem Anspruch ist hier genau die Rede? Eine Formulierungsstruktur von Outcomes, wie sie bspw. Oliver Reis (2014) erarbeitet hat, scheint mir zwar die Differenz zwischen Kompetenzen und Outcomes nicht aufzulösen, aber in einen Lösungsansatz zu überführen. Die „Was-Womit-Wozu-Struktur“ (Reis, 2018) formuliert immer auch den außerhalb der Prüfung liegenden Sinnhorizont der geprüften Handlung, und greift damit auch die Notwendigkeit auf, über die Prüfungssituation hinaus zu denken und zu handeln, indem an „Bildung als notwendigen Horizont von Kompetenz“ (Reis 2014, S. 67) und vermutlich auch an „Bildung als Zielhorizont von Lernen“ (Reinmann 2016, S. 3) angeknüpft werden kann. Mit dieser Operationalisierung ist meines Erachtens also immer auch eine bewusste Reflexion dazu verbunden, dass die Prüfung nicht die aus dem Zusammenspiel von Hochschule, Individuum und Gesellschaft resultierenden Erwartungen vollständig einlösen kann und darf, aber die dortigen Schließungen mit bewussten Öffnungen verbunden vielleicht die Wahrscheinlichkeit für weniger Zufälligkeit in der Bildung erhöhen kann.

Den Soll-Zustand wissenschaftlich beschreiben und entwickeln

Versteht man die Herausforderungen der Hochschulen so disziplinär, erkenntnisbasiert und generell wissenschaftlich, ließe sich eine weitere Perspektive sinnvoll nutzen, die Gabi Reinmann in ihrem Beitrag „Mögliche Wege der Erkenntnis in den Bildungswissenschaften“ aufmacht: Forschung als Problemlöseprozess kann den Ist-Zustand beschreiben und erklären, den Weg beschreiben und entwickeln und den Soll-Zustand beschreiben und begründen (Reinmann, 2009, S. 4). Löst man sich – soweit das möglich ist – von der bildungswissenschaftlichen Ausrichtung dieser Perspektive und prüft jeweils, inwiefern innerhalb der Lehre in der eigenen Disziplin der Blick auf den Soll-Zustand eingenommen werden kann oder mit welchen weiteren Disziplinen gemeinsam eventuell sogar im forschenden Lernen die zukunftsgerichteten Problemlösedispositionen erkundet werden können, wäre das meines Erachtens ein großer Gewinn für die Zukunft der Hochschulbildung.

Nachklapp und Anlass

Ich denke für einen Blogbeitrag kann man so wie oben arbeiten und argumentieren. Für eine Publikation würde ich an der ein oder anderen Stelle versuchen, Spezifika und Trennschärfen zunächst weiter auszubauen und darzustellen, bevor die Synthesen angegangen werden. Als Startpunkt müsste es funktionieren. Der Anlass, jetzt den Beitrag zu verschriftlichen war der Call der Gesellschaft für Medien in der Wissenschaft zum Thema Studiengangsentwicklung. Ich denke, dass ich durchaus den ein oder anderen Aspekt aus diesem Blogbeitrag für das „Kapitel 1: Theoretische Grundlagen der Studiengangsentwicklung“ einreichen könnte. Ich denke aber Future-Skills wird es nicht werden…  

Literatur:

Kalz, M. (2025). Kompetenzorientierung. In: Pasternack, P., Reinmann, G., & Schneijderberg, C. (Hrsg.) Handbuch Hochschulforschung. Wissenschaft zu Forschung, Lehre und Hochschulorganisation. Baden-Baden: Nomos Verlag. Preprint online unter: https://osf.io/trv8j/download

Kalz, M. & Reinmann, G. (2024): Erneuerung der Hochschule von Außen nach Innen oder umgekehrt? Kritische Diskussion und Alternativen zur Future-Skills-Bewegung. Impact Free 57 (August 2024). Online verfügbar unter: https://gabi-reinmann.de/wp-content/uploads/2024/08/Impact_Free_57.pdf

Reinmann, G. (2009): Mögliche Wege der Erkenntnis in den Bildungswissenschaften. Buchbeitrag in Jüttemann & Mack („Konkrete Psychologie“) Preprint Januar 2009. Online verfügbar unter: https://gabi-reinmann.de/wp-content/uploads/2009/01/bildungsforschung_preprint_jan09.pdf

Reinmann, G. (2015): Prüfungen und Forschendes Lernen. In: H. A. Mieg & J. Lehmann (Hrsg.), Forschendes Lernen: Programmatik und Praxis. Preprint online verfügbar unter http://gabi-reinmann.de/wp-content/uploads/2014/12/Artikel_Pruefungen2_ForschendesLernen_Dez14_Preprint.pdf

Reinmann, G. (2016): Gestaltung akademischer Lehre zwischen Fall-, Problem-, Projekt- und Forschungsorientierung. Redemanuskript Juni 2016. Online verfügbar unter: http://gabi-reinmann.de/wp-content/uploads/2016/06/Vortragsmanuskript_Zuerich_Juni2016.pdf [08.04.2017].

Reis, O. (2014): Systematische Theologie für eine kompetenzorientierte Religionslehrer/innenausbildung. Ein Lehrmodell und seine kompetenzdiagnostische Auswertung im Rahmen der Studienreform. Univ., Diss. Zugl.: Bochum, 2013. Berlin: LIT (Theologie und Hochschuldidaktik, 4).

Reis, O. (2018). Lehre und Prüfung aufeinander ausrichten. DUZ-Magazin. Online verfügbar unter: https://www.th-koeln.de/mam/downloads/deutsch/hochschule/profil/lehre/duz0318_praxis_alignment_reis.pdf

Schaper, N. (2012): Fachgutachten zur Kompetenzorientierung in Studium und Lehre. Unter Mitarbeit von O. Reis, J. Wildt, E. Horvath und E. Bender. Hg. v. HRK. HRK. Online verfügbar unter https://www.hrk-nexus.de/fileadmin/redaktion/hrk-nexus/07-Downloads/07-02-Publikationen/fachgutachten_kompetenzorientierung.pdf

Wick, A. (2011). Akademisch geprägte Kompetenzentwicklung: Kompetenzorientierung in Hochschulstudiengängen. Heidelberg: HeiDOK. Online verfügbar unter: http://nbn-resolving.de/urn/resolver.pl?urn=urn:nbn:de:bsz:16-opus-120014

Wildt, J. (2010): Kompetenzen als (neue) Zielsetzung hochschulischer Ausbildung. In G. Terbuyken (Hrsg.), In Modulen lehren, lernen und prüfen. Herausforderung an die Hochschuldidaktik. (S. 53–79). Rehburg-Loccum: Evangelische Akad. Loccum (Loccumer Protokolle 78/09).

Auf (innovativen) Tagungen auch noch was lernen?

Tagungen und Konferenzen sind in der Wissenschaft der Ort, an dem der aktuelle Stand zu Themen, Projekten, Problemen, Fragestellungen oder auch zu Praktiken vorgestellt, diskutiert, weiterentwickelt wird. Hier wird wissenschaftliche Tätigkeit öffentlich und damit kritisierbar, verhandelbar, verbunde. 
Desto spannender, dass der wissenschaftliche, forschende Blick auf Tagungen  aus meiner Sicht immer noch wenig ausgeprägt scheint. Zwar haben sich Tagungsformate und Formate auf Tagungen weiterentwickelt bzw. ausdifferenziert, nur wo und wie wird über die Tagungen so reflektiert, geforscht, diskutiert, dass wir sie gut weiterentwickeln können und alle davon profitieren?

Tagungsdidaktik-Exkurs ins Archiv?

Zu innovativen Tagungsformaten und Tagungsdidaktik siehe auch eine Diskussion auf Twitter, die mir aus Gründen leider nicht mehr verlinken kann, ich suche demnächst mal in meinem exportierten Twitter-Archiv, was ich dazu noch habe.

Rückblick auf TURN und DiKuLe

Jetzt gibt es ein paar Beispiele, wo sich die Tagungsdurchführung genauer angeschaut wurde, die ich zufällig kenne weil ich beteiligt war oder die mir zufällig über den Weg liefen. Die möchte ich hier ganz kurz zusammenführen und dann einen Ausblick wagen. Ein nächster Schritt könnte bei einem gegebenen Anlass auch eine systematische Übersicht werden…

Recht frisch ist die Publikation zum DiKuLe-Symposium bzw. deren Teaser auf Linkedin. Ein Flipped-Tagungsformat, bei dem ich mir beim Blick ins Programm dachte: Da wäre eine nähere Betrachtung wirklich lohnenswert. Und folglich habe ich mich auch sehr gefreut, dass im Beitrag u.a. geschaut wird, wie viel Zeit für die Vorbereitung auf die Tagung genutzt wurde (sowohl von den Videoersteller*innen, als auch von den Video-Rezipient*innen), wie die Zeit für die Kurzvorträge vor Ort eingeschätzt wurde sowie wie der Lernzuwachs eingeschätzt wurde (muss ich mir nochmal genauer anschauen.) Was mir beim Lesen noch auffiel: Was ist mit den Tagungen, bei denen Beiträge bzw. Tagungsbände vorab publiziert werden? Ich erinnere mich bspw. an die Jahrestagung der GMW, bei der das lange Zeit üblich war, sogar in einer Form, in der online für alle transparent kommentiert werden konnte (ich meine es gab da eine Publikation drüber, muss ich bei Zeiten noch raussuchen). 

Für die – von der Stiftung für Innovation in der Hochschullehre geförderten – TURN23-Tagung in Köln habe ich mir gemeinsam mit Christina Müller-Naevecke in einem Tagungsband im HSW die förderlichen Bedingungen für das Teilen Beiträgen als Commons angeschaut. Mit Befragung zu Zielen bei der Tagungsteilnahme, Zielerreichung sowie einer kurzen Befragung während der Tagung. In dem Beitrag ist auch der Blick auf die dghd-Jahrestagung in Köln (gemeinsam mit Robert Kordts, der Titel des Blogbeitrags hier ist ähnlich wie die Idee von Robert zu dem Beitrags damals) sowie in Paderborn (von Robert Kordts und Daniel Al-Kabbani) in der Literaturliste vorhanden.
Außerdem gab es zur TURN23 ein paar andere begleitende Formate – vielleicht eher Praxis-beschreibend bis bewerbend. Zur TURN24 konnte man eine ziemlich lange Beitragsstrecke mit mehreren Perspektiven in der DUZ lesen (hier nur der Teaser, Gesamtbeitrag hinter der Paywall). Journalistische Beiträge, Erfahrungsberichte und Einschätzungen finden sich in der DUZ, also keine wissenschaftlichen Untersuchungen, aber Beiträge von Wissenschaftler*innen. Und ein wirklich ausgeklügelter Blog griff die Beiträge während der Tagung auf. Wobei: Hier rutsche ich wohl ab ins Thema Wissenschaftskommunikation. Interessanter finde ich die Untersuchung von Tagungen, vielleicht als Teil einer Wissenschaftsdidaktik?

Diverse Tagung

Sollte eine solche Untersuchung aber Teil der Wissenschaftsdidaktik sein, so stellen sich gleich mehrere Herausforderungen: Wie umgehen mit der höchst diversen Tagungslandschaft, mit unterschiedlichen Praktiken und Techniken, sowohl in der Ankündigung, der Durchführung als auch in der Publikationsart. In meinem Bereich ist die Lehre und die Hochschuldidaktik ja das verbindende Element zwischen verschiedenen Disziplinen, Herkünften etc., hier hat/hatte sich vermutlich eine bestimmte Kultur hinsichtlich Tagungen und Publikationen ausgebildet. In mehreren Gesprächen während der TURN23 wurde mir aber auch deutlich, dass hinter Publikation, Preprint, Online-Reflexion usw. ganz verschiedene Erwartungshalten liegen, die irritiert, zusammengeführt oder weiterentwickelt werden können.

Nur wie sehen diese Praktiken zu Lehre und Hochschuldidaktik auf Tagungen genau aus? Und auf welche anderen Erfahrungen und Erwartungshaltungen treffen diese? Was sind die verbindenen Elemente in einer Hochschul- und Wissenschaftsdidaktik? Das könnte / müsste man forschend weiter ausarbeiten.

Gleichzeitig ist meines Erachtens für solche hochschul- und projektübergreifende Fragestellungen wenig finanziell ausgestatte Struktur vorhanden. 

Ausblick

Soweit ich das überblicke, werde ich in näcshter Zeit nicht bei einer Tagungsausrichtung dabei sein – also meine Überlegungen selbst zunächst nicht weiter führen können (bis auf die hier angekündigten Ergänzungen) Vielleicht können aber andere, kommende Tagungen trotzdem auch eine forschende Perspektive auf sich selbst einnehmen, andere dazu beauftragt werden, sich Personen zu diesem Themenfeld zusammenfinden: Alles für mich völlig offene Fragen. Vielleicht gibt es auch mehr zu dem Themenfeld, als ich gerade überblicke.

Ich freue mich über Kommentare, Ergänzungen, Kritik.

 

Stop it: Rückblick auf das Symposium Prüfen trotz und mit KI – fachspezifische Perspektiven

Ich konnte einfach nicht mehr. Und das hat natürlich zuallererst mit mir zu tun, weshalb ich jedem und jeder mit anderem Blick auf das Symposium vollstes Interesses und Wertschätzung entgegenbringen möchte und dankbar bin für die Veranstaltung. Und trotzdem. Wir sind nur auf der Oberfläche entlanggeschrubbert. Und wozu das dann wirklich gut sein könnte, hat sich mir nicht erschlossen oder ich konnte nicht die nötigen Resilienz- und Sebstwirksamkeits-Fähigkeiten aktivieren, um das anders zu sehen und mitzugestalten.

Einordnung des Titels (eilige Leser*innen solltens überspringen)

Warum? Der Titel der Veranstaltung weckte bei mir hohe Erwartungen: Eine Verschränkung eines Abwehrenden und eines ermöglichenden Blicks auf KI (trotz und mit), eine Bearbeitung aus den Fächern heraus und dann auch noch als Symposium, das heißt in einer in der Bildungsphilosophie in der Antike bei Aristoteles verankerten Modus (dass Symposium eigentlich auch Trinkgelage heißt, wie einer meiner Lieblingsprofessoren der Literaturwissenschaftler, Herbert Anton, in Düsseldorf nicht müde wurde zu betonen, zeigt vielleicht, dass ich durchaus auch Heiteres und Abgründiges in dem Zugang erhoffen würde).

Fachspezifischer Exkurs

Die Veranstaltung fachspezifisch aufzusetzen, ist ja gleich aus mehreren Gründen sinnvoll. Mindestens aus prüfungstheoretischer und -praktischer Ebene, weil wir Kompetenzen immer mit Ausrichtung auf domänenspezifische Handlungsfelder und gesellschaftliche Herausforderungen denken sollten und sie dabei disziplinär organisieren. Es können also allgemeine Anforderungen an Prüfungsqualität und Kompetenzentwicklung gestellt werden, ob und wie diese eingelöst werden (können), ist aber immer eine fachliche Frage. Ein weiterer Grund ist, dass wir ja meist immer noch von generativer KI, von Sprachmodellen sprechen, die sich einer sprachwissenschaftlichen, pragmatischen Vorgehensweise bedienen, dessen Passung für die Anforderungen in den verschiedenen Fächern ja durchaus kritisch in den Blick genommen werden muss.  Hinzu kommt eine Diskurslinie in der Hochschuldidaktik, die ich bei der Frage der Verbindung von fachbezogener Didaktik, Fachdidaktik, allgemeiner Didaktik und Hochschuldidaktik verorten würde (Jahnke & Wildt XXX 2023, Zierer 2016), die aktuell vor allem unter dem Begriff der fachsensiblen Hochschuldidaktik diskutiert wird. Ansätze der Verbindung von didaktischen Fragen und Lösungen aus der sekundären Bildung an den Schulen und den Hochschulen werden immer noch wenig verfolgt.

404 – Systemfehler Bildung not found

Dass die Hochschulen systemisch den Anspruch, Kompetenzentwicklung zu ermöglichen und Orte für Hochschulbildung zu sein, immer noch nicht gut einlösen (können), führte Oliver Reis zu Beginn aus. Ein niederschmetternder Stop-it-Aufruf? Bei gleichzeitiger Notwendigkeit das System Hochschule nicht komplett auszusetzen? Handelt es sich hier im Antinomien, unauflösbare Gegensätze (vgl. Reinmann 2017)? Für mich ist hier wichtig, den Anspruch, den Punkt zu setzen und dann zurückzutreten. Stop. Mein Plan: Dazu nochmals den Beitrag zu Offenheit und Mut zu lesen, in dem Oliver Reis und Inga Kros (2024) die Frage stellt zu welcher Kontingenz Hochschulen fähig sind und das mit Ivo van den Berks Beitrag „Zufällig gute Lehre“ (2023) zu setzen – dann KI als Thema drauflegen. In jedem Fall arbeitet das bei mir weiter, auch zusammen mit dem Impuls von André Baier auf dem Workshop des Stifterverband zum ars legendi Demokratiebildung. Er brach das bisherige Workshopsetting auf, lud zum Stuhlkreis ein und fragte dann, was bisher demokratisch gewesen sei an der Veranstaltung. Theoretische, vermutlich lesenswerte Bezugspunkte (Auszüge aus dem Thesenpapier von André Baier):

Zurück zum Symposium: In der anschließenden Diskussion hatte ich nicht den Eindruck, dass die prinzipielle Kritik nicht aufgegriffen wurde, schnell setzte man wieder bei einzelnen Prüfungsszenarien mit KI-Einsatz an, die alle von guter Integration zeugten, aber die systematische Frage der Kompetenzorientierung oder gar Bildung im System Hochschule blieb dahinter zurück. Mein Eindruck. Schlagworte / Zitate aus dem Vortrag ansonsten noch nachzulesen bei Mastodon #PrüfKiFach25 – Mastodon. Oder man kann es mit der Ankündigung eines re:publica Beitrag über Schule sagen: 404 – Bildung not found.

Professoren als Götter

Nach der ersten Keynote stiegen Juliane Staubach, Andrea Thiel und Ute Brgenzu zu einer zweiten ein, mit dem wichtigen Rückbezug, dass man ja genau an den Stellen arbeite, die Oliver Reis als Herausforderung benannt habe. Eine Verortung an einer einzelnen Stelle/Bereich im System, die Verantwortungsübernahme durch die Hochschuldidaktik / den third space für diese Herausforderung ist meines Erachtens beeindruckend, aber sogleich muss das systemisch eine Überforderung sein. So wurden in der Keynote dann auch Lösungen gezeigt, die entlang verschiedener Einsatzzwecke von KI, Erklärungen von Studierenden einforderten oder nicht und Empfehlungen zur Verwendung von KI gaben. Eine stärkere Rückkopplung an die Kompetenzorientierung und die Frage der Hochschulbildung, an die Frage von Begegnung von Bildungspartner*innen innerhalb der Gemeinschaft von Lehrenden und Lernenden könnte man – wenn das System Hochschule das fördern würde – als weiterführenden, tiefergehenden Ansatzpunkt nehmen. Das fehlte mir hier eklatant.

Dass dann in dem Beitrag Professoren als Götter bezeichnet wurden, die machen können, was sie wollen, passte zwar zu dem (notwendigerweise verzweifelten) Enthusiasmus in diesem Beitrag im Gegensatz zu der auch als apokalyptisch diskutierten ersten Keynote – aber kann man das wirklich so sagen? Andererseits passen so viel theologische Vibes vielleicht gerade zu dem KI-Thema, irgendwie (siehe auch den bereits von 2023 stammenden Podcast Science Fiction trifft auf Realität). Klassisch kenne ich zu der Rolle, Haltung und Verantwortung von Professoren die Einordnung in das königreich-gleiche Lehrstuhlprinzip (ich dachte bei Wildt, finde es aber gerade nicht), sowie die professionstheoretische Einordnung, in der hohe Freiheitsgrade mit diesem Beruf verbundenen werden, weil in hoher Verantwortung autonom entschieden werden können muss, in einem Beruf in welchem zentrale gesellschaftliche Werte vertreten werden, was mit Mandaten, Lizenzen zu tun hat (Szczyrba 2009).   

Wieder Vorlesungen: Promptergebnisse

Wo ich dann gleich zwei Mal – auch körperlich – ausgestiegen bin, war als Promptergebnisse einfach nur vorgelesen wurden. Wir waren also irgendwie dann wieder in der Vorlesung angekommen, zwar mit KI erzeugt, zwar als Ausgangspunkt für nächste Schritte und Interaktionen, aber das fühlte sich dann doch nach einem enormen Performanz-Gefälle an und irgendwie lieblos.

Das erste Mal wurde vorgelesen in einem vom Ansatz aus der kritischen Zukunftsforschung, den ich grundsätzlich total wichtig und richtig empfand. Verschiedene Variablen nach Gewichtung miteinander kombinieren, um mehrere Szenarien zu diskutieren. Ein Ansatz, der dann aber in den ausgeführten, KI-unterstützten Szenarien auch irgendwie beliebig, oberflächlich wirkte. Vielleicht macht es Sinn, die Szenarien nochmal in Ruhe nachzulesen, vor Ort war mein Impuls ein ablehnender.

Das zweite Mal, als mit KI-Unterstützung erzeugte Use-Cases zum Einsatz von KI in Prüfungen aus verschiedenen Fächern vorgestellt wurden, die auf Postern ausgedruckt präsentiert und vorgelesen wurden.

Vielleicht ist es nur eine Ablehnung des künstlich produzierten und dann für eine Rezeption vorgetragenen künstlichen Produkts meinerseits – also ein Vorurteil über die Qualität. Aber mein Eindruck war schon, dass anders erstellte Stories eine andere Qualität gehabt hätten und die Menschen anders in Kontakt und Diskussion gebracht hätten. Letzteres können aber die besser beurteilen, die da noch dabei waren. Ich lass mich gerne korrigieren.

Trotzdem weitermachen, denn KI wird und alle retten, es sei denn…

Das Thema weiter anzugehen, die Perspektiven zu verschränken und gerne auch in einem Symposium bleibt ja trotzdem wichtig. Mehr Zeit, die anwesenden Personen miteinander ins Gespräch zu bekommen und dabei in der Tiefe die fachlichen Anforderungen mit den prüfungstheoretischen zu verbinden, dazu wären weitere Schritte sicherlich sinnvoll. Vielleicht lag es aber auch an mir, ich versuche mich immer wieder auf verschiedenen Wegen mit unterschiedlichem Erfolg dem Thema KI zu widmen, z.T. mit einem mindestens ambivalenten Gefühl, weil ich immer noch nicht den Eindruck habe, dass KI eine Lösung für eines der vielen wirklich drängenden Probleme bietet, die wir haben (siehe auch Vortrag von Matthias Spielkamp KI wird uns alle retten. Es sei denn, sie tut es nicht auf der re:publica24). Sie ist halt jetzt da, und klar, hoffentlich kann man sie gut für etwas nutzen. Update (17.04.) Die Materialien / Folien des Symposiums sind auf der Webseite des Symposiums abrufbar! 🙂 – also gerne nachlesen und sich ein eigenes Bild machen oder meinen Blogbeitrag kritisieren.

Freiraum-Niete

Die Freiraum-Ausschreibung der Stiftung Innovation in der Hochschullehre habe ich genutzt, um eine Idee in der Interessensbekundung einzureichen, für die ansonsten Zeit, Energie oder andere Umsetzungshilfen fehlen.

Über Vor- und Nachteile einer Ausschreibung, bei der ein Losverfahren der Antragsstellung vorangeschaltet ist, kann man viel nachdenken, diskutieren, usw. Was mich daran stört, sind die vielen Ideen, die meines Wissens nirgendwo wieder öffentlich auftauchen, geschweige denn gesammelt, systematisiert, weitergeführt werden. Ich möchte meine Interessensbekundung deshalb hier veröffentlichen. Aus Transparenzgründen, als Anregung, als Kooperationsmöglichkeit, usw. Man müsste das systematiseren, was aber vielleicht auch ein eigener Antrag wäre. Gabi Reinmann hat vor einiger Zeit darüber gebloggt, dass man aus nicht erfolgreichen (Forschungs)-Anträgen (gemeinsam) lernen kann, Christian Spannagel hat viele seiner (Forschungs-)Ideen immer wieder in Blogs oder in der Wikiversity publiziert .
Nun ist eine Interessensbekundung bei Freiraum keine Forschung (in der Regel, oder?) und noch kein Antrag, aber trotzdem:
Was wäre, wenn mehr solche Ideen teilen würden und man diese dann zusammenführt, auswertet, Kooperationen anbahnt…?

Also, meine Idee ist nur eine kleine, aber vielleicht ja auch ein interessanter Ansatz für die eine oder andere Person: SustainCommons: Nachhaltigkeitsziele mit OER verfolgen und das in einer Open Educational Practice entwickeln. Viel mehr steht nicht in der Interessensbekundung, trotzdem hier der Link zur Word-Datei in Sciebo. Gerne mitnehmen. Sharing is caring. 

Liste bisheriger Tagungen und Calls – HD Community (Teil 3)

Meine Güte komme ich langsam voran. Aber vielleicht dafür stetig. Vor dem Hintergrund von Auswertungsperspektiven und Formen von Calls – HD-Community (Teil 2) habe ich mittlerweile eine erste Liste von möglichen Tagungen zusammengestellt und ein paar Calls gesammelt.

Diese Sammlung von Tagungen ergab sich aus Überlegungen dazu, wo wir uns als zentrale wissenschaftliche Einrichtung Zentrum für Lehrentwicklung an der TH Köln umschauen oder beteiligen sollten. Nicht enhalten sind dabei (bislang) Tagungen, die vor allem einzelnen Projekten zugeordnet werden können. 

Abgeschlossen sind diese Überlegungen auch noch nicht, sie sind zudem  z.T. einfach erfahrungs- oder biographisch geprägt. Für das Vorhaben hier fehlt noch eine Systematisierung dazu, welche Tagungen im Kern liegen, welche am Rande und warum, vielleicht müsste man über Schnittmengen zu Themen arbeiten. Das ließe sich ggf. an den Calls selbst ablesen, bspw. über die im vorherigen Blogbeitrag dargestellten Tätigkeitsbereiche von hochschuldidaktisch Tätigen. Oder es gibt einen besseren, theoreitschen Zugang zur Systematisierung.

Folgende Tagungen (alphabetisch sortiert) habe ich mittlerweile mit dazugehörigen Calls gesammelt:

  • AK Evaluation der HAW NRW – Jahrestagung 2024
  • dghd Arbeitstagung 2024
  • EduCamp
  • European Geographies of Sexualities Conference
  • EuroPLoP – European Conference on Pattern Languages of Programs 2024
  • Gesellschaft für empirische Bildungsforschung Jahrestagung 2024
  • ICED 2024
  • ILIAS Konferenz 2023

Folgende Tagungen sind noch auf der Liste, die ich mir auf jeden Fall anschauen wollte:

  • e-Prüfungs-Symposium
  • Gesellschaft für Medien in der Wissenschaft (gmw) – Jahrestagung
  • Internationale Stack Konferenz
  • Jahrestagung der Gesellschaft für Hochschulforschung (GfHF)
  • Konferenz Agile Verwaltung
  • Tagung der international society for the scholarship of teaching and learning (issotl24)
  • The Joint 2024 Conference of the EARLI Special Interest Groups (SIGs) 4 (Higher Education) and 17 (Methods in Learning Research)
  •  TURN Conference 2024
  • UAS7 Jahrestagung

Diese Tagung wollte ich noch aufnehmen, bin bislang aber erfolglos darin geblieben, den Call wiederzufinden:

  • Internationale STACK Konferenz


Vielleicht ergeben sich für Euch aber auch induktiv aus der Sammlung hier noch weitere Hinweise darauf, was fehlt, wie man vor-systematisieren könnte, etc.

Auswertungsperspektiven und Formen von Calls – HD-Community (Teil 2)

Es geht langsam voran. Zum Vorhaben aus meinem letzten Blog-Beitrag Was ist die hochschuldidaktische Community? (Teil 1) gehe ich mit diesem Beitrag nun einen zweiten, weiteren Schritt und freue mich über Kritik, Ergänzungen, Hinweise, usw.

Ich habe begonnen, die Calls von Tagungen und Konferenzen zu sammeln, die ich mindestens interessant finde, die ich wichtig finde, auf denen ich immer gerne war, die ich gerne besuchen würde. Das ist nicht abschließend und beim Schreiben merke ich, dass das auch noch einer weiteren Ausdifferenzierung bedarf, wenn ich mich daran erkennen will, ob/wie solche Tagungen die hochschuldidaktische Community prägen oder wie ich eine Community an Tagungen erkennen kann.

Es zeigt sich auch, dass ich nicht zu jede*r Tagung einen Call als PDF sichern kann. So hatte „meine“ Fachgesellschaft, die dghd beispielsweise keine Jahrestagung mehr, sondern  Arbeitstagungen, zur letzten rief sie im dghd-Blog Blickwinkel auf. OERcamps und educamps haben ohnehin keinen Call im klassischen Sinne, da ja auf der Tagung selbst erst das Programm entsteht – hier könnte/müsste ich also die Ankündigung zur Anmeldung zur Tagung auswerten. Die re:publica hat ein umfangreiches FAQ auf der Webseite und das Tagungsmotto. Bei der ICED finde ich das Thema, Sub-Themen und die Workshopformate, letzere anklickbar für eine Beschreibung.  Das morgen startende Junge Forum für Medien und Hochschulentwicklung wiederum hat den Call in einem PDF Format.

Die Sammlung ist also sowohl mit Blick auf die (Datei)-Formate und die Sicherung der Aufrufe weder abgschlossen, noch ist die genaue Vorgehensweise abschließend gelöst. Nächster Blogbeitrag hierzu: Sammlung der Tagungen/Konferenzen, die ich in den Blick nehmen könnte / wollen würde – inkl. Aufruf zur Ergänzung/Kommentierung/Kritik.

Der nächste Schritte wäre dann, die Calls/Tagungsbeschreibungen auszuwerten. Mir scheinen da aktuell mehrere Perspektiven vielversprechend:

Verbinden könnte man diese Perspektiven mit Ausprägungsgraden: Nicht vorhanden, implzit, explizit. Mit diesen Ausprägungsgraden bin ich aber noch nicht zufrieden. Systematiken aus der Zielgruppenforschung, die ähnlich vorgehen oder überhaupt eine Beforschung von Tagungen im Hinblick darauf, ob/wie sie ein Feld/eine Community ansprechen oder formen habe ich (immer) noch nicht gefunden.

Dass das Vorhaben aber insgesamt ein vielversprechendes Unterfangen sein könnte habe ich gerade beim x-ten Lesen meines gerade Open-Access erschienen Beitrags mit Christina Müller-Naevecke zur TURN-Conference gemerkt. Wir schreiben dort u.a. „Aus der subjektiven Selbsteinschätzung zur Erreichung selbst gesetzter Ziele der Teilnehmenden lässt sich konstatieren, dass die TURN23 vor allem einen Rahmen schuf, in dem Teilnehmende sich als Teil einer Community fühlen, ihre eigene Arbeit und ihr eigenes Projekt erfolgreich vorstellen konnten, netzwerkten, sich inhaltlich austauschten, (neue) Projekte kennenlernten und sich Rückmeldungen gaben.“ (S. 192). 

Freue mich über Eure Kommentare, Anregungen, Kritik vor allem aber auch über Hinweise zum Weiterdenken, -graben und arbeiten.

Was ist die hochschuldidaktische Community? (Teil 1)

Für eine kleine (oder vielleicht auch größer werdende) Forschungsaktivität stelle ich mir aktuell die Frage, was die hochschuldidaktische Community eigentlich ist.

to long, did not read (tldr): Ich möchte Calls von Tagungen sammeln, die im weiteren Feld der Lehr- und Hochschulentwicklung verortet werden können, um dann zu untersuchen, welche Communities (ob/wie eine hochschuldidaktische Community) dort adressiert werden.
Mitarbeit willkommen: Gerne Beispiele zu Calls hier teilen.

Es ist einerseits ein Selbstklärungsprozess, andererseits aber auch die Frage danach, in welchen Strukturen, mit welchen Aktivitäten, Aufträgen und Bezügen Lehr- und Hochschulentwicklung betrieben wird und betrieben werden kann. Mit diesem Ziel nehme ich natürlich schon eine erste Setzung vor: Es geht um Lehrentwicklung sowie um Hochschulentwicklung. Man könnte ansonsten für die Frage, was die hochschuldidaktische Community ist, nun bei einer Klärung dessen anfangen, was Hochschuldidaktik ist. Ausgehend vielleicht von

Oder

Quer dazu liegend und in den einzelnen Bullets sicherlich unterschiedlich ausgearbeitet ist die Frage des Verhältnisses zur Wissenschaftsdidaktik sowie aktuellen gesamtgesellschaftlichen Herausforderungen und Problemen.

Ich möchte einen anderen Knoten als Startpunkt nehmen und freue mich dazu über Kommentare – aber vor allem über Dateien. Wo geht es los? Diana Urban und Katrin Stolz haben 2013 in einem Beitrag zum Jungen Forum Medien und Hochschulentwicklung folgende Frage gestellt und begonnen sie zu beantworten: „Wohin des Weges, Hochschuldidaktik? Über Profilbildungsprobleme und Perspektiven der Professionalisierung – zwei Dissertationsvorhaben.“ Hierin führen sie als Merkmale professioneller Tätigkeiten aus:
„- eine gemeinsame Wissensbasis […]
– Netzwerkarbeit und Verbandsorganisation […]
– eine hohe Handlungsautonomie
– die Entwicklung eines Berufsethos und
– die Schaffung von Standards des professionellen Handelns“ (Urban & Stolz 2013, S. 12f.)

In bzw. mit Bezug zur Deutschen Gesellschaft für Hochschuldidaktik (dghd) gibt es schon  lange vielfältigen Netzwerkarbeit, sei es (nur als Beispiele) in der AG zum forschenden Lernen, in der AG Digitale Medien und Hochschuldidaktik (sogar gemeinsam mit der GMW), zu Scholarship of Teaching and Learning und vieles mehr (siehe unten auf der dghd-Webseite). Nun ist es aber so, dass Netzwerken auch ein zentrales Ziel von Teilnehmenden auf Tagungen ist (vgl. Kordts-Freudinger & van Treeck 2019, Mueller-Naewecke & van Treeck i.E.), dies möchte ich als Ausgangspunkt einer Spurensuche nach der Adressierung (und Formung) einer (hochschuldidaktischen) Community durch Calls zu Tagungen, durch die Ansprache als Zielgruppe machen.

Wenn es größer wird, erweitert um die Frage, wie das Verhältnis von Adressierung vor einer Tagung und Beiträgen auf einer Tagung ist. Und ein weiterer Schritt könnte die Frage danach sein, wie die hochschuldidaktische Community in Förderausschreibungen adressiert und in bewilligten Anträgen berücksichtigt wird oder welche Rolle sie in Weiterbildungsangeboten für die Community spielt.

Der nächste Schritt wird es sein, Calls zu Tagungen zu sammeln, dabei das Feld zunächst möglichst weit zu fassen, um dann die Calls danach zu untersuchen welche Zielgruppe(n)/Communties angesprochen werden und wie.

Wenn Ihr Euch beteiligen wollt, dann würde es mir sehr helfen:

  1. Hinweise zu bekommen, welche Tagungen berücksichtigt werden sollten/könnten?
  2. Bisherige Calls zu diesen Tagungen zu erhalten (erfahrungsgemäß finden sich Calls vergangener Tagungen nicht mehr lange auf den Webseiten, insofern bin ich gespannt, was ich finde und wo ich durch Mithilfe auf Calls stoße).

Der Blogbeitrag hier ist ein erster (unterkomplexer) Startpunkt, als nächstes werde ich selbst beginnen, Calls hier online zu stellen, vermutlich als Beitrag mit dem Hashtag #CallsCommunity.

Ich bitte es zu entschuldigen, dass der Beitrag – nicht wie früher bei mir üblich – auch eine Auflistung von verwendeter Literatur enthält, vielleicht auch insgesamt dem ein oder anderen Anspruch nicht genügt. Ich denke, als Startpunkt einer kleinen interessanten Frage, die immer größer werden kann, ist er hilfreich und ausreichend. Und er ist ein erster Versuch, wieder aktiv zu bloggen :).

Begonnen, Tagungen zu dem Feld sowie die Nachwuchsförderung in der Hochschuldidaktik (einige Hochschulen haben eine Campuslizenz) zu beschreiben hatte ich mit Robert Kordts und Stefanie Schöler 2015 im Neuen Handbuch Hochschuldidaktik.  

Wieso nicht OER als Tagungsergebnis?

In verschiedenen Gesprächen war es schon mal Thema, niedergeschrieben habe ich es aber noch nicht: OER passt nicht in den Hochschulkontext, wenn es nicht anschließt an das, was Wissen im Hochschulkontext ist, nämlich: nicht gesichert, keine Konserve.

Das Wissen hier ist immer vorläufig, im Idealfall auf dem Stand neuester Forschung oder es ist etwas, das sich gerade (noch unfertig) aus der Forschung entwickelt. Deshalb ist die Verbindung von Forschung und Lehre an Hochschulen auch so wichtig: Hier können neue Erkenntnisse irritiert, diskutiert aber auch – zum Beispiel im Forschenden Lernen mit den Studierenden entwickelt werden.

Wenn ich dann Material von anderen nutze, verlasse ich den Forschungsmodus. Ich könnte aber auch gerade mit der Orientierung darauf hin, weiterzuforschen und gerade den Studierenden weitere Forschung zu ermöglichen OER aufgreifen und anders nutzen, um zu forschen.

Ich gebe zu, das ist hier nur eine schnelle, grobe Skizze, die ich aber trotzdem in dem Stadium schon zur Diskussion stellen will, weil ich das bislang wenig (gar nicht) gelesen habe (Disclaimer: Die ZFHE-Ausgabe „Open Education im Kontext der Digitalisierung“ steht noch auf meiner Leseliste)

Würde man nun Openscience, Forschendes Lernen und OER  sowie OEP miteinander verbinden, dann könnten Forschungspraktiken, ganz anders von Studierenden aufgegriffen und diskutiert sowie weitergeführt werden. Möglicherweise könnte hierzu das Zitatrecht auch ausreichen, ich vermute aber nicht, weil ich für die didaktisch gestalten Lehrsituationen auch Phasen brauche, in denen ich nicht ausschließlich einer Systematik zur Generierung wissenschaftlicher Erkenntnisse folge, sondern diese forschenden Tätigkeiten aus einer Lernlogik heraus einordne und so gestalte, dass sie – je nach Studiumsphase, Kompetenzentwicklungsmodell etc – hilfreich für die studentischen Lernprozesse sein können,

Aber wo werden die Forschungsergebnisse und -prozesse aktuell in einer Form publik gemacht, die  relativ leicht weiterverwendet werden könnten bzw. sogar auf Diskussion und Weiterverwendung angelegt ist? Richtig: Auf Tagungen. Hier Aufzeichnungen und Beiträge nicht nur Open-Access, sondern direkt als OER zu publizieren, könnte die Integration in Lehrtätigkeiten und andere Transferaktivitäten erleichtern. Auch wenn man wohl davon ausgehen darf, dass es E in Educational Resources damit meist noch nicht stark ausgeprägt hast.

Im Post „Missing at OER“ hatte ich das ganz kurz angerissen. Was oft fehlt ist die „Reflexion des Prozess-Charakters von Hochschulbildung, Betrachten der Aktivitäten rund um das Material herum (wo muss es anschließen, von wo führt es weiter, wie können mehrere OER verzahnt werden?)“

Also: Warum wird so selten aus Tagungen heraus OER publiziert? Habt Ihr dazu Meinungen / Thesen? Oder sind meine Ausgangsüberlegungen schief / falsch, passiert das gar ständig? Mir schien die Frage noch mal relevant, nachdem die Diskussion auf Twitter zu der – m.E. sehr wichtigen Tagung  – EdTech Resarch-Forum zeigte, dass OER nicht unbedingt selbstverständlich ist. Dass auf Nachfrage jetzt aber schon eine Keynote als OER eingestellt ist, finde ich extrem cool. Danke!

Und nur, um es auch hier noch mal zu sagen: Aufzeichnungen der Jahrestagungen der Deutschen Gesellschaft für Hochschuldidaktik (dghd) haben wir hier zu einem großen Teil als OER eingestellt. 

Wer diese und andere Fragen zu OER nicht online diskutieren will, ist übrigens sehr herzlich zu unserem ersten OER-Meetup nach der langen Pause eingeladen: Am 23.10., 16.00, Standort Südstadt der TH Köln in der Claudiusstraße 1, Raum 400. Mehr im Blog des OER-Meetup Cologne.

Besondere Anforderungen an Innovation in der Hochschullehre – Organisationseinheit und Co

Mal hieß es Akademie für Lehre, dann war von Lehrgemeinschaft die Rede (allerdings nicht von denjenigen, die das Thema vorangetrieben haben), nun soll eine  „Organisationseinheit“ „Innovation in der Hochschullehre“ kommen. Heute ist die Frist für die Interessensbekundung bei der GWK. Daran geknüpft sind viele Hoffnungen, wie Johannes Wildt und Karoline Spelsberg Papazoglu in einem Gastbeitrag bei Jan-Martin Wiarda deutlich gemacht haben. 

Das kann man nur unterstützen – und ein paar Aspekte betonen die ich von beiden dort nicht gelesen habe, die aber für eine solche Organisationseinheit wichtig werden, wenn dieses Gebilde mehr sein soll, als ein bürokratisches Ding, das nur der Form nach Innovationen in der Lehre voranbringen soll. Dazu gehört nicht zuletzt – auch die Frage nach einem weniger uninspirierten Namen (vgl. dazu die etwas heitere Twitterdiskussion hier). 

  1. Die Sache selbst misslingt

Lehre ist – wie alle Bildungsprozesse – mit einer hohen Mißerfolgswahrscheinlichkeit verbunden. Inwiefern das Intendierte (im Idealfall Bildung) erreicht wird, ist enorm komplex, kontextabhängig, kontingent und ein gemeinsames Resultat des Zusammenspiels ganz verschiedener Personen (im mikro-Bereich von Lehrenden und Lernenden/Studierenden), die auf jede Handlung und Situation mit vielfältigen Mustern, Motiven, Handlungen und Nichthandlungen reagieren und agieren. In der Pädagogik spricht man auch von Technologiedefizit: Legt man einen Schalter um, kann man nicht sicher sein, dass das Licht angeht. Technologien funktionieren so, Menschen nicht. Damit muss sich die Organisationszeit kritisch auseinandersetzen. Das ist ein, wenn nicht der Kern der in diesem Bereich angemessenen Transferfragen. Wenn das die neue Organisationseinheit unter den Tisch fallen lässt, läuft sie leer. Weitere Personen im third-space (Qualitätsmanagement, Hochschuldidaktik, Dekan*innen, Hochschulforscher*innen, Bildungsforscher*innen – wenn man sie extra in den Blick nimmt und dabei nicht die Praktiker und Forschenden der Hochschuldidaktik vergisst, vgl. auch die Akteure aus dem offenen Brief der dghd an die GWK auf S. 2). Die Sache der Bildung selbst misslingt….oft, zunächst, zumindest in der Breite, die neben Selektion und Allokation der Auftrag einer Bildungseinrichtung ist. Diesen Bremsschuh gilt es zu berücksichtigen, ohne deshalb untätig zu werden / zu bleiben.. 

  1. Welche Kompetenzorientierung hätten Sie gern?

Ansprüche daran und Verständnis davon, was gute Lehre ist, sind sehr divers. Das beginnt schon bei Begrifflichkeiten wie den von Wildt & Spelsberg-Papazoglou im Gastbeitrag bei Jan-Martin Wiarda angesprochenen shift from teaching to learning, bei der Studierendenzentrierung, der Kompetenzorientierung, usw.. Und das hat mindestens zwei Seiten:  

Die A-Seite: die Übersetzung in den Lehralltag ganz unterschiedlich denkender Disziplinen (mit ihren Sprachcodes), z.b. wenn Studierendenzentrierung als Kundenorientierung übersetzt wird, gleichzeitig mit Kunde kein bloßer Konsument gemeint ist. Oder wenn Kompetenzorientierung gesehen wird als (neoliberaler) Versuch, hohen Bildungsziele, Bildung als Selbstzweck, als Persönlichkeitsentwicklung zu unterlaufen. 

Die B-Seite: die sehr weichen Definitionsgrenzen, mit denen – nicht nur – in der Hochschuldidaktik (HD) z.T. agiert wird. Vermutlich auch, weil sich die immer noch mehrheitlich im Projektstatus befindliche Hochschuldidaktik (eine empirische Untersuchung der nachhaltigen Verankerung von HD-Einrichtungen und Stellen sowie Anzahl und Status  freiberufliche tätiger HDler“innen liegt bislang nicht vor – disclaimer: bei uns an der TH gibt es eine solche nachhaltige Verankerung) aus strategischen Gründen an lokal vorherrschende Vorstellungen anpassen will oder muss. Eine Organisationseinheit – mit stärkerer Einbindung der Hochschuldidaktik, wenn nicht gar Gestaltung durch die Hochschuldidaktik, und der unter 1 genannten Akteure könnte sich der Aufgabe annehmen, diese begriffliche  Grundlage für Transfer zu unterstützen, dann muss man sich immer noch der Problematik aus 1 stellen.

3. Hochschuldidaktiker*innen als besondere Expert*innen – in (besonderer) Kooperation

Das Feld der Hochschulentwicklung – die Akteure der Hochschuldidaktik zeigen es – ist aus vielen verschiedenen Bezugsdisziplinen „gebaut“. Um wirksam und anschlussfähig sein zu können, ist der Anspruch an Wissenschaftlichkeit wichtig (vgl. bspw. Salden 2019). Vielleicht als (zukünftige) Disziplin, aber vor allem als ein Wissenschaftsgebiet, das interdisziplinär, transdisziplinär und infradisziplinär (Dank für den Begriff, dem hoffentlich noch eine Veröffentlichung folgt, an Rüdiger Rhein) agieren muss. Das hieße mit dem Fach gemeinsam auch das Fach verändernd – insbesondere in der Lehre. Dies können Hochschullehrende allein nur begrenzt leisten, weil sie einerseits in ihrem Fach fest verankert sind und andererseits nicht die Ressourcen für hochschuldidaktische Überblicke, Vergleiche etc. aufbringen können. Wildt & Spelsberg-Papazoglou sprechen von Prozesspromotoren. Was diese – z.T. in Abgrenzung zu Hochschullehrenden, in Überschneidungen und gemeinsam – an Expertise einbringen können, hat die Kommission Weiterbildung der dghd in dem Papier “Wer macht was? Rollen und Kompetenzprofile für hochschuldidaktisch Tätige” eindrucksvoll zusammengestellt. In politischen Diskussionen und Programmen, bleiben diese (also wir) immer wieder  ungenannt. Die Verzahnung in einer Organisation – die im Netzwerkcharakter schon vielfach erfolgt – könnte ein entscheidender Faktor für die systematische Entwicklung der Hochschullandschaft sein.

  1. Das geht hier nicht – Rahmenbedingungen und Regelunge

Dass viele Innovationen – wenn sie wirksam werden sollen, bloße Ideen sind keine Innovatione – wegen verschiedener Rahmenbedingungen und Regelungen nicht auf die Strecke kommen, ist leider so klar wie problematisch. Das aber nur kurz angerissen:  Kapazitätsverordnungen, die es erschweren, bestimmte Sachen in der Fläche umzusetzen; wenig Anreize für Lehrende gute Konzepte weiterzugeben; Befristungen im Mittelbau als Hindernis sich langfristig zu engagieren (warum sollten Lehrende sich in den Gremien z.B. für Studiengangsentwicklung engagieren, wenn die Umsetzung des Beschlossenen jenseits ihrer Vertragslaufzeiten liegt….

  1. sollen, können, wollen, dürfen als Voraussetzung für change 

Oftmals widersprechen sich im System verschiedene der für Change hilfreichen Dimensionen. Soll ich, kann ich, will ich, darf ich. Unwillen scheint mir seltener ein Hindernis. Oftmals beissen sich offizielle Anforderungen und (versteckte) Verbote. Oder Fähigkeiten sind da, werden an der vorhandenen Stelle aber nicht gewollt. Und, und und. Apropos: Diese Dimensionen habe ich aus Gesprächen und Workshops mitgenommen, mich aber nicht weiter um Zitate dafür gekümmert. Wer also die Systematik wiedererkennt und zuordnen kann, möge sehr gerne entsprechend mit Quellenhinweis unter diesem Post kommentieren. Würde mich sehr freuen!

Bleibt ein letztes kritisches Wort zu Innovationen: Gute Lehre, sich entwickelnde Lehre kann nicht Veränderung um jeden Preis sein. Innovationen laufen in diesem Bereich schnell Gefahr, nur für ganz spezifische kleine und ohnehin experimentelle Settings entwickelt zu werden. Es wäre ja – auf anderer Ebene – sehr innovativ mehr das Bewährte zu bewahren (und abzusichern), das zu erkunden was gut ist, zu erforschen warum es schon gut ist und diese Erkenntnis (mehr) zu nutzen, um anderes zu verbessern. 

Dank an Cornelia Kenneweg für den Mailaustausch zum Thema – zugegebenermaßen vor einiger Zeit. Wünschte ich hätte den Beitrag schon früher veröffentlichen können, aber manches braucht halt Zeit, ist trotzdem noch unfertig, auch wenn es wichtige (politische) Deadlines als Bezugspunkte gibt.