Tag der Lehre – Gemeinsamkeiten und Austausch

Der zweite Tag der Lehre, der universitätsweit an der Heinrich-Heine-Universität durchgeführt wurde, hat vor m.E. allem bewirkt:

An wichtigen Stellen eine gemeinsame Basis zwischen Studierenden und Lehrenden, ein Gemeinschaftsgefühl sichtbar zu machen. Hinzu kommen die Anregungen aus den 3 verschiedenen Workshops zu den Themen Mentoring, Vorlesungen gestalten und eLearning. Dazu kann ich aber nur aus einer Moderationssicht berichten, da ich den eLearning-Workshop gegeben hatte.

Im Einzelnen:
  1. Wertschätzung Lehrender
    Die Nominierten für den Lehrpreis (vergeben wurden dann 4 plus hein@ward für eLearning) wurden von den Studierenden vorgestellt. Eine schöner Anlass zu sehen, was in den einzelnen Fächern so vor sich geht und was die Studierenden interessiert. Nicht unwichtige Statements der Lehrenden dabei (mind. 2 mal): Dass Ihre Chefs genug Freiraum für die Lehre gelassen hätten!
  2. Wertschätzung Studierender
    Als tomonetto den Preis der Jury für das beste Studierendenprojekt erhielt, war die Rührung groß – und ich meine sagen zu können, dass es ansteckend war, auch die Lehrenden sich mitfreuten. Unnötig zu erwähnen, dass der Publikumspreis für das Projekt Stammzelleninitiative ähnlich gewirkt hat.
  3. Austausch großgeschrieben
    Den eLearning-Workshop hatten wir (Frau Meinert, Prof. Decking und ich) in der Planung auf Tests und Assessment ausgelegt. Denn im Rahmen der HeinEcomp-Förderung war das bei vielen Projekten ein wichtiges Thema gewesen. Also warum nicht die in den Projekten vorhandenen Erfahrungen nutzen, damit Interessierte mehr erfahren und im Austausch neue Ideen enstehen? So wie es schon erfolgreich bei den verschiedenen Netzwerktreffen stattgefunden hat. In 3 Kleingruppen von 5-6 Personen war der Austausch dann kaum zu bremsen, der für eine Stunde angesetzt Workshop war fraglos zu kurz. Trotzdem wurden Themen von E-Klausuren (Planungen für eine ILIAS-Klausureninstallation), über Online-Praktika bis ePortfolios nicht nur angeschnitten.
Dass der Tag der Lehre auf Nachhaltigkeit ausgelegt war, merkte man dann schon in der Evaluation. Die Veranstaltung war noch nicht ganz zu Ende, schon wurden die ersten Erfahrungen, Wünsche, Verbesserungsvorschläge abgefragt. Bin gespannt auf die Evaluationsergebnisse, die für Januar angekündigt sind.
Den offiziellen Rückblick zum Tag der Lehre gibt es hier.

Anders anders

Ich muss bei Diversität ja immer an Jelly Beans denken. Zumindest symbolisieren die jene Diversität, die mich persönlich am meisten interessiert: Unterschiede, die nicht direkt sichtbar sind.

Untersuchungen, Überlegungen und Maßnahmen zu nicht direkt sichtbarer, nämlich Lehr- und lernrelevanter Diversität konnte ich am 29. November zusammen mit Birgit Szczyrba bei einer Tagung des CHE in Berlin vorstellen.

Die Tagung mit dem Titel „Anders messen. Diversity-Monitoring für Hochschulen“ war extrem gut besucht und zumindest von den Themen her auch extrem vielfältig und international besetzt. Die Foliensätze waren bereits einen Tag später alle online, insofern kann ich mich auf einen kurzen Eindruck beschränken.
Dass der Umgang mit Diversity-Daten nicht unproblematisch ist, wurde ausführlich am ersten Abend diskutiert. Sind solche Daten eher wichtig, um einen „Aufschrei“ zu provozieren und Entwicklungen anzustoßen, wie Christina Vocke es formulierte – oder kann man ohne Daten Ausgangslagen und Handlangsbedarfe erst gar nicht erkennen und die Zielerreichung nicht messen, wie ich Alan Jenkins verstanden habe.
Mir persönlich war diese Diskussion an dieser Stelle etwas zu allgemein gehalten, kann man unter Daten doch sehr viel verstehen, soziometrische Daten, psychometrische Daten (das CHE-QUEST vereint beides) selbstproduzierte Daten, Daten in Form von elektronisch vorliegenden Dokukmenten – von der Post-Privacy-Diskussion ganz zu schweigen. So wurde in Berlin bei Daten immer Diversity mitgedacht, ohne es auch durchgängig so zu benennen.
Neben institutionell erhobenen Daten erscheint es mir aber wichtig, auch auf die Daten zu schauen, welche Personen in Lehr-Lern-Interaktionen voneinander „erheben“. Ohne diese kann Lernen nur schwer funktionieren, gerade in Online-Situationen wird ja bspw. auch über die Bedeutung geteilter Kognitionen diskutiert. Denn mit entsprechendem Hintergrundwissen, mit der Unterstützung sozialer Aktivitäten steigen die Aussichten darauf, dass Wissen geteilt wird, welches über den kleinsten gemeinsamen Nenner hinaus geht.
Genau deshalb sollte eLearning immer auch einen sozialen Aspekt umfassen. Ängste, dass persönliche Aspekte im eLearning verschwinden, kann ich deshalb bei sinnvollen, gut geplanten eLearning-Umsetzungen nicht teilen. Persönliches, aber auch Lernfortschritte und -ergebnisse kommen nur anders zur Geltung und werden ggf. sogar dokumentiert und zwar je nach den Zielen der Beteiligten auch unterschiedlich zugänglich (siehe bspw. den komplett öffentlichen MOOC opco11, ein sehr spannendes Experiment).
Zurück zu der Berliner Tagung: Wie unterschiedlich Programme und Ergebnisse aus der Diversity-Forschung sind, lässt sich schon aus den beiden Workshops ableiten, bei denen ich als Teilnehmer dabei sein konnte:
  • Pierre Mehlkopf von der Hogeschool Inholland berichtete von einem Klassenlehrersystem, das man eingeführt hatte um zu verhindern, dass Studienabbrecher erst bemerkt werden, wenn sie bereits weg sind. Individueller, persönlicher Kontakt war hier also die elementare Maßnahme. Sicherlich nicht überall umsetzbar.
  • Jürgen Scheibler und Wolfgang Menzel von der Hochschule Zitta/Görlitz („Wer in Mannheim im Zug eingeschlafen ist, in Dresden nicht aufgewacht ist, kommt nach Zwickau.“) berichteten davon, wie sie nach einer Analyse Ihrer (leider sehr wenigen) Studierenden als Pragmatiker(innen) nach der CHE-Quest-Typologie passende Fördermaßnahmen für einen schnellen Abschluss umgesetzt hatten. Ob die häufige Rede von „großem Druck“ in dem Vortrag wirklich für ein gutes Konzept spricht, wird sich wohl noch zeigen müssen.
Selbstnotiz: Ich muss unbedingt noch nach dem „Vielfalt als Chance“-Foliensatz fragen. Der war extrem unterhaltsam und visuell anregend!

Gern gesehener Besuch

Es gibt sicherlich auch Situationen, in denen Lernen unsozial abläuft. Alleine, eine abgebrannte Funzel wirft kleine Schatten aufs Papier, es ist spät, keiner da, nur die Buchstaben und die Unwissenheit, die mit Wissen aufgefüllt werden will.

Aber an vielen Stellen merkt man dann doch, dass der Mensch ein soziales Wesen ist – auch wenn ja laut Rousseau die Gesellschaft das Schlechte fördert und Peter Licht auf seinem Album „Das Ende der Beschwerde“ Sätze formuliert wie „Gesellschaft ist toll, wenn nur all die Leute nicht wären.“.
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Genug des Kulturpessimismus.
Worüber ich eigentlich schreiben wollte hat seinen Anlass im Seminar „Social Software fürs Studium“, zu dem ich dieses Mal einen Gast einladen konnte. Nicht vor Ort war Sandra Hofhues dabei, sondern zugeschaltet aus Hamburg, per virtuellem Klassenzimmer. Nun kennt man als eLearner Sitzungen im virtuellen Klassenzimmer schon lange von e-teaching.org, wir setzen es auch in unseren eLearning-Fortbildungen ein – trotzdem war diese Sitzung was besonderes:
  1. Online-Austausch als Seminarthema, als „Methode“, als Expertenthema.
  2. Online-Gastgeber sein für eine externe Expertin.
  3. Input-Zeit und Diskussionszeit waren ungefähr gleich bemessen und wir hatten echt Gelegenheit verschiedene Aspekte der Integration von selbstorganisiertem Lernen ins Studium zu beleuchten.
Denn das war Thema: Selbstorganisiertes Lernen. Die Folien von Sandra sahen übrigens so aus:
In der Diskussion hat uns eine Studierendenfrage
„Gab es in Ihrem Studium mehr selbstorganisiertes Lernen als jetzt?“
unter anderem besprechen lassen, dass es früher weniger netzgestützten Austausch unter Dozierenden gab. Solche Online-Besuche von KollegInnen erst recht nicht.
Für mich bringen solche Besuche unheimlich viel und vermutlich finde ich solche Online-Einladungen auch spannend, weil sich so gut ein Ausschnitt einer Sitzung gestalten lässt. Bei einem Präsenzbesuch müsste man eine ganze Sitzung dem Gast widmen – nicht dass er dafür nicht spannend genug wäre, aber dieses Setting begünstigt das Beleuchten von Themen aus mehreren, verschiedenen Blickwinkeln.
Ein Blickwinkel mit sehr persönlichem Gewinn ist es, zu sehen wie andere (Online)-Lehre gestalten, live dabei zu sein. Das findet zwar auch offline in Form von Hospitationen statt, aber die Online-Hospitation ist meines Wissens noch nicht sonderlich verbreitet. Vor allem gehört dazu für mich ein Aspekt, der mir erst im Nachhinein eingefallen ist und den wir deshalb bei diesem Anlass nicht näher verfolgt haben: Die Gelegenheit, einander systematisches Feedback zu geben. Mit passenden Feedbackregeln, mit vorheriger Absprache wozu Feedback gewünscht wird, mit schriftlicher / (Video?)-Dokumentation des Feedbacks.
Nur eine Idee, weil ich die Sitzung wirklich sehr gelungen fand und zu Online-Hospitationen bisher noch nicht viel lesen konnte. Ob ein solches Feedback dann auch der Dank für die Bereitschaft eines Online-Besuchs sein könnte, ob man sich einfach öfter gegenseitig besucht, das könnte man sich dann noch überlegen. Am besten in Gesellschaft – bin also auf Kommentare gespannt!
Und ein letzter Punkt: Die Diskussion nach dem Input hatte Sandra mit einem provokanten Tweet gestartet, ich habe noch zwei kurze Umfragen im Klassenzimmer hinterhergeschoben. Mein Eindruck war, dass diese Kombination (neben dem guten Input) gut geeignet war, die Diskussion in diesem Medium anzustoßen.

Lohnt sich das eigentlich?

„Lohnt sich gute Lehre“ war die einleitende Frage der LeLeCon-Arbeitstagung am 10.11 in Düsseldorf. Den Antworten wurde sich aus verschiedenen Richtungen genähert:

  • Was ist der Aufwand für Lehre? (Heiner Barz, Anna Schwickerath und meine Wenigkeit)
  • Wie belege ich gute Lehre wissenschaftlich? (Adi Winteler)
  • Wie kann ich durch gute Planung beeinflussen, dass sich etwas lohnt? (Claudia Bremer)
  • Können Anreizsysteme helfen, dass sich gute Lehre lohnt? (Ruth Kamm)
  • Wie lange lernen Studierende und lohnt sich das? (Rolf Schulmeister)
Die Langversionen der Antworten wird man vermutlich in Kürze in den Vortragsaufzeichnungen hören und sehen können, die wir auf der Tagung vorgenommen haben (dank an die Kolleginnen Michaela Kyere und Ute Clames für Idee, Organisation und Durchführung).


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Ich habe übrigens dank der Tagung nochmals ein paar Zeiterfassungstools angetestet und aktuell wieder laufen. Wieso? Wir hatten bei Projektstart verschiedenes ausprobiert, wie man denn Aufwand von Lehre erfassen könne. Leider passte damals nichts so richtig zu unseren Erwartungen (instabil / keine vorgefertigten Kategorien / zu großes Kontrollgefühl). Jetzt läuft während des Schreibens aber wieder die Uhr, weil ich es einfach spannend finde, so etwas ab und an mal zu dokumentieren.

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Aus Zeitgründen…also hier nur ein paar m.E. spannende Aspekte:
Forschung vs. Lehre
Die Trennung des Aufwandes für Lehre und Forschung scheint alles andere als trivial zu sein. Gerade wenn Zeit für Recherche des Lehrstoffs mit gerechnet wird, kann diese ja durchaus auch mal ein halbes Jahr betragen. Oder das Wissen ist ohnehin schon da (wie verrechne ich dann dessen Erwerb?). Zahlen die wir mit retrospektiven Erhebungen gewonnen hatten, ließen eine(n) ProfessorIn im Schnitt 72h / Woche mit der Lehre verbringen. Eine Anpassung der Methoden führte dann aber auch zu realistischeren Ergebnissen in einer Online-Erhebung.
PDF-Schleuder ist teuer
Was mich erstaunt hat: Der Aufwand für eSupport (Material bereitstellen, E-Mail-Kommunikation) war pro Veranstaltung höher als derjenige für eLearning (Online-Kommunikation, Contenterstellung, etc.). Kostet es zu viel Zeit, Folien als Lehrbücher zweckzuentfremden? Liegt es daran, dass anders (unter stärkerer Berücksichtigung hochschuldidkatischer Aspekte) geplant wird?
Was tun Studierende?
„Students learn from what they do“ (George D. Kuh) hob Adi Winteler hervor. Als Messinstrument hierfür empfahl er das NSSE. Auch wenn die Studiengänge danach selbst entscheiden müssten, wie sie die Ergebnisse interpretieren.
eLearning richtig planen
Der Frage ob sich eLearning lohne, verschloss sich Claudia Bremer: „Ich weiß es nicht, aber wenn sie es machen, sollen keine groben Fehler passieren“. Zwar werde die allgemeine Evaluation an der Universität Frankfurt bei eLearning-Veranstaltungen um spezielle Fragen zum Einsatz von eLearning-Tools ergänzt…und die eLearning-Veranstaltungen hätten bessere Evaluationsergebnisse….Die Kausalitätsbeziehung greife aber nicht. Wer eLearning macht, ist an Lehre interessiert, daher die besseren Ergebnisse.
Als Instrument für gutes eLearning nutzt man in Frankfurt den AKUE-Prozess (Analyse, Konzeption, Umsetzung und Evaluation) der z.B. auch eine Grob- und Feingliederung des Konzeptes umfasst sowie Angaben zur Bearbeitungsdauer. Leider sprachen wir auf der Tagung aber nicht mehr über diese Zahlen.
Lohnt sich der Austausch?
Ein Aspekt, der im eLearning immer wieder Zeitersparnis bringen soll: Austausch von Content, Dienstleistungen etc. Jetzt ist der Spruch, dass ein Lehrender sich eher eine Zahnbürste teilt, als einen Kurs, auch nicht mehr der neueste. Widerlegt ist er aber trotz vielversprechender Ansätze noch nicht. Um so mehr bin ich auf die Ergebnisse des Projektes Uni:prise gespannt. Vor allem weil hier monetäre und nicht-monetäre Austauschbeziehungen untersucht werden. Hatte RUBeL nicht auch mal monetäre Austauschbeziehungen etabliert? Und bei ILIAS gibt es bspw. eine technische Infrastruktur dafür.
Lehrpreise als Belohnung und Diskursbeschleuniger?
Lehrpreise können ein Belohnungsinstrument für gute Lehre sein und die Qualitätskriterien für gute Lehre diskutieren helfen, z.B. gemeinsam mit den Nominierten – so Ruth Kamm.
Forschung als Betreuung?
Zu Rolf Schulmeisters Vortrag nur zwei Aspekte, seine Ergebnisse zur Untersuchung des Zeitaufwandes / Workload im Studium ist ja vielerorts schon besprochen worden.
Seine Aussage, dass die Studierenden die tägliche Plausibilitätskontrolle der online eingegebenen Zeitpläne als Betreuung empfunden haben, macht mich nachdenklich. Ist die Unterstützung im Selbststudium wirklich so gering, dass es als Service empfunden wird, betreut zu werden? Kann das ein Ansatz sein, der die Hochschulforschung weiter voranbringt oder ist es nicht doch problematisch, wenn (Be)Forschung und Lehre derart verwischen?
Meide die Peers?
Besser verdauen muss ich auch noch eine Aussage aus einer ersten Clusteranalyse, die Schulmeister zur Ermittlung verschiedener Studierendentypen vorgenommen hat. Da fiel der erschreckende Satz: „Die schwächste Gruppe der Studierenden sucht die Unterstützung der Peers.“ Und offensichtlich wird diese Gruppe auch nicht besser. Ist dann alleine Lernen besser? Meidet die schwächste Gruppe der Studierenden einfach nur den/die Professorin / die Lehrenden und wendet sich ausschließlich an die Kommilitonen? Kann man hier mit Lerngruppen, die (negative) Peer-Orientierung in einen Vorteil wandeln? In jedem Fall könnte die weitere Auswertung neue Möglichkeiten zur Unterstützung erfolgreichen Lernens aufzeigen oder wissenschaftlich stützen. Denn die gebildeten Skalen bei Schulmeister erschienen mir ziemlich sinnvoll (u.a. Verantwortungsübernahme, Bedrohungswahrnehmung, Durchhalten, Emotionsregulation, Lernstrategien). Eine weitere Auswertung hofft Schulmeister auf der Campus Innovation präsentieren zu können.
Mit den Typen und Skalen bei der CHE-Quest konnte ich dagegen (noch) nicht so viel anfangen. Schulmeister kritisierte daran u.a. die Erhebung des Faktors „Fleiß“ durch Befragung.
Ach ja: Das Projektakronym LeLeCon steht übrigens für: Lehraufwand webbasierter Innovationen in der Hochschule – Blended Learning unter Aspekten des Bildungscontrollings.
Noch ein „Ach ja“: Die Antwort auf den zweiten Teil des letzten Aufzählungspunktes ganz zu Beginn des Blogposts lautete bei Schulmeister übrigens nein. Hier bin ich noch skeptisch.

Transparenz – Wissenschaft und Internet

Wenn ich im Rückblick unser Doktorandenseminar der Nachwuchsforschergruppe Wissenschaft und Internet betrachte, dann zieht sich ein Thema durch die meisten Beiträge der vielen Gastreferenten: Transparenz.

In unterschiedlichen Ausprägungen zwar, für unterschiedliche Kreise, mit unterschiedlichen Zielen – wer das als ReferentIn, TeilnehmerIn oder KollegIn anders sieht möge aber gerne hier laut und transparent (oder auch intransparent) widersprechen :-).
Wenn Ihr Euch Eindruck verschaffen wollt, könnt Ihr übrigens bei Lecture2Go Aufzeichnungen von fast allen Vorträgen finden. Dafür auch noch mal ein Dank nach Hamburg für den Aufzeichnungskoffer, sowie an Michaela Kyere für die Durchführung der Aufzeichnungen!
Transparenz in Sachen Ressourcenmanagement: In ihrem Gastbeitrag (kein Vortrag) moderierte Jutta Wergen Fragen zum Umgang mit der eigenen Promotion. Wo steht man gerade, was läuft gut, wo sieht man Herausforderungen…Dass hier auch die bereits promovierten Mitglieder der Nachwuchsforschergruppe aus ihren Erfahrungen berichteten, war für die Promovierenden ein großer Gewinn – zumindest laut Kurzevaluation am Seminarende.
Beispiel gefällig? Das Promotionsthema vor anderen präsentieren zu müssen oder in einem selbst angebotenen Seminar anders/neu für Studierende durchdenken müssen, kann zusätzliche Motivation sein.
Recherche im Internet: Zum Beispiel mit wenigen Klicks in Datenbanken erkennen, wer wen zitiert und von wem zitiert wird oder welche Einstellungen die Google-Suche berücksichtigt. (Beitrag von Isabelle Peters und Katrin Weller) – auch ein Stück mehr Transparenz, die leicht herstellbar ist.
Die andere Seite der Recherche, die Publikationsstrategien und die Wissenschaftsevaluation betrachteten Lambert Heller und Stefanie Haustein. Zum Beispiel eine schnellere Zugänglichmachung Ergänzung, Kommentierung von Informationen/Publikationen, die auch qualitative Auswirkungen hat, da man sich anders auf aktuellste Veröffentlichungen beziehen kann. Vielleicht wird die Arbeitsweise von Wissenschaftlern in diesem Kontext auch transparenter. Ein praktischer Tipp von Lambert Heller: Wer seine Dokumente transparenter aufbauen will, sollte mit LaTex (Kapitel 2: Textsatz) arbeiten. Klang in meinen Ohren logisch, ich scheue aber den Aufwand (noch).
Stefanie Haustein betrachtete (bibliometrischen) Kennzahlen für die Bewertung von Wissenschaft. Welche Kennzahlen kommen wie zustande? Welche sind überhaupt sinnvoll? Ein persönlicher Impact-Factor (Kapitel 8) etwa?
Wie es ist, wenn das eigene Verhalten selbst im Netz transparent wird, war mein persönliches Aha-Erlebnis für mich beim Vortrag von Michael Scharkow: Plötzlich zeigte er eine Auswertung über mein Twitterverhalten (und das anderer Mitglieder der Nachwuchsforschergruppe). Unverhofft zum Forschungsgegenstand geworden konnte ich also sehen, wann ich offensichtlich am meisten Tweets absondere. Interessant, auch wenn mir die öffentliche Verfügbarkeit dieser Daten natürlich schon vorher bewusst war – und zumindest ungefähr auch mein Twitterverhalten…Als Randbemerkung hier vielleicht passend der Hinweis auf die Quantified Self-Bewegung.
Die Transparenz in Extremo zeigte Christian Spannagel: Vortrag vorher im Netz mit Aufruf zu Kommentaren angekündigt, Folien (Prezi) vorher für Ergänzungen im Netz, Fragen an Follower während des Vortrags, Etherpad-Mitschrieb durch angereisten Kollegen Oliver Tacke…Klassisches „Practice what you preach“ also, denn sein Vortrag ging um „Öffentliche Wissenschaft im Web 2.0).
Ebenfalls vorweg im Netz verfügbar war übrigens der bereits erwähnte Vortrag von Lambert Heller zu Literaturverwaltung und Publikationsstrategien .
Ähnlich transparent (oder wie von ihm angekündigt work in progress) dann auch Christoph Bieber, der vorher in seinem Blog ein paar Worte zum Vortrag fallen ließ. Wie sich Blogbeiträge auf die Entwicklung seiner Forschungsaktivität z.B. zu Wikileaks auswirkten war dann passenderweise Inhalt des Vortrages. Der Begriff aus den Staaten zu dieser praxisorientierten Auseinandersetzung: Pracademics (academic and practive practtioner in the regarding field). Welche Bezüge es hier zur Aktionsforschung gibt, könnte man sich noch mal anschauen.
Wie – auch grafisch ansprechend – die transparente Aufbereitung der Entstehung eines Werkes sein kann zeigte Patrick Sahle in seinem Vortrag zu Digitalen Editionen. Leider hab ich das beste Beispiel hierzu (hoffentlich) noch auf dem Uni-Laptop. Das wird nach meinem Urlaub nachgereicht.
Dass bei dem Thema „Social Media im Unternehmen – Informationssuche in Social Web und Social Intranet“ von Matthias Görtz Transparenz innerhalb eines Unternehmens und nach außen ein wichtiger Aspekt war, brauch ich wohl nicht extra zu betonen. Seine methodische Vorgehensweise übrigens: „Work-Shadowing“ – um das Informationssuchverhalten junger Berufseinsteiger zu untersuchen.
Für die letzte Sitzung haben wir dann tricider für eine Themenfindung genutzt – jeder konnte Ideen vorschlagen, jeder kann abstimmen. Ebenfalls ganz transparent.
Gewünscht wurde u.a. ein eLearning-Part in dem ich verschiedene eLearning-Aspekte angerisssen habe und ein paar praktische Übungen in ILIAS zeigte. Vor allem den praktischen Part hatte ich sehr offen gestaltet: verschiedene Objekte zum Testen lagen auf der Plattform und wer wollte konnte ausprobieren. Nächstes mal würde ich hier stärker steuern und mehr mit Gruppen arbeiten: Jede Gruppe sucht sich einen Bereich zum Ausprobieren. Die anderen Gruppen schauen sich danach online an, was passiert ist. Abschließend Austausch darüber. Aber das nur am Rande – als transparenten Blick in weitere Überlegungen…
Wo ich übrigens noch Potential für ein nächstes Doktorandenseminar sehe: Immer mal wieder auf die erste Sitzung, das Ressourcenmanagement (z.B. nach dem Eisenhower-Prinzip) zurückkommen und eine gemeinsame Dokumentation des Seminars unterstützen (bspw. durch ein Wiki oder ein Etherpad). Hier haben auch die verschiedenen Referenten gezeigt, wie das noch zusätzlich möglich wäre, allerdings wäre das auch eine Änderung der Ziele des Doktorandenseminars. Ob das dann komplett öffentlich erfolgt oder nicht, bin ich mir noch nicht sicher (lese dann ggf. noch mal hier nach).
Fazit: Viele Aspekte im Themenbereich Wissenschaft und Internet, die ich so noch nicht kannte und die imho
  1. weiter erforscht werden sollten und
  2. praktisch in verschiedenen Bereichen der Wissenschaft nutzbar gemacht werden können.

elektronische Textarbeit

Wahnsinn. Erst wenige Tage um und ich habe schon das Gefühl kaum noch hinterher zu kommen bei den Ereignissen, Beiträgen, Audioboos (nehme mir schon seit dem ersten Beitrag da vor mir den mal anzuhören, Audio passt aber oft nicht in meine Arbeitsumgebung), Kommentaren…

Doch das soll hier nicht Thema sein. Sondern…siehe rechts…
Hier gehts um die Möglichkeiten der elektronischen Textarbeit. Die Agenda das opco11 sieht einige Internettexte vor. Und wenn es Texte gibt, dann gibt es für mich zunächst drei Dinge zu tun: Lesen, unterstreichen, kommentieren (später passiert dann mehr mit den Texten).
Bislang mache ich das bei elektronisch vorliegenden Texten seit einiger Zeit im PDF-Format. Mit PDF-XChangeViewer bspw. kann man gut genau dieses vornehmen, speichern, ändern und auch mit KollegInnen austauschen: Kommentare, Unterstreichungen.
Da die opco11-Texte im Netz liegen, war mir schnell klar: Hier probierst Du die online-Variante dieser Lernstrategie (ehrlich sind es nur erste Ansätze einer Lernstrategie, aber immerhin).
Schon vor ein paar Jahren war ich da auf einen Vortrag von Christian Diel an der TU Darmstadt gestoßen: Könnerschaft im E-Learning, kann man Fertigkeiten vermitteln?Dort wurde diese gemeinsame Online-Textarbeit vorgestellt, die ich bislang aber noch nie ausprobiert habe. Um das hier verwendete Tool geht es in der Videolecture übrigens ca. ab Minute 16.30.
Die Gruppe war schnell aufgesetzt (nachdem ich mich an meine alten Zugangsdaten bei diigo erinnert hatte) und füllte sich schnell mit meinen Kommentaren und dann auch sehr schnell mit Mitgliedern. Großer Dank an alle beigetrenen Mitglieder! Zu sehen, wie es immer voller wurde (und weiter wird), macht Spass.

— Einschub: Was ich hier Spass nenne, könnte man auch hochtrabender (aber nicht weniger richtig) als „Selbstwirksamkeitserfahrung“ bezeichnen. Heißt: Ich merke, dass ich mein Lernen, aber auch das Lernen im Kurs generell beeinflussen kann. Motivation! (bedeutet das). Warum nicht auch im Klassenraum, im Seminar Studierende Richtungen, Methoden entscheiden lassen? Nicht unbedingt motivierend ist das allerdings, wenn die Selbstbestimmung in der immer gleichen Durchführung von Referaten besteht. Einschub Ende —


Nun aber endlich zu den ersten Erfahrungen mit der Textarbeit:
  • Kommentare auf meine Kommentare zu dem Text (also sehr konkret an andere Inhalte anknüpfende Auseinandersetzungen) zu sehen war ein Erlebnis !
  • Die Gruppe füllt sich weiter mit Links, die Ihr/andere Gruppenmitglieder einstellt. Freue mich über jeden einzelnen.
  • Funktionen entdecke ich nach und nach. Denn Ausprobieren ist auch eines meiner Lernziele im opc011.
  • Funktion 1: Keine flache Hierarchie in der Gruppe, man kann aber Mitglieder zu Gruppenmoderatoren machen. Das mache ich in regelmäßigen Abständen. Freue mich über Rückmeldungen dazu (gibt es Benachrichtigungen darüber, was kann man bearbeiten, motiviert das zusätzlich…etc?).
  • Funktion 2: Gruppenbild. Logo geklaut aus dem opco-Kurs-blog – sieht besser aus.
  • Funktion 3: Gemeinsam sortieren. Ich habe mir erlaubt, Tags zu ergänzen. Bei Texten/Links von Euch/anderen Gruppenmitgliedern. Ich gehe davon aus, dass in der Gruppe ein gemeinsames Content-Bearbeitungsverständnis vorherrscht. Hoffe das stimmt. Ein Änderungsbeispiel: Texte aus der ersten Woche erhalten den Tag „Woche1“.
Was mich jetzt aber brennend interessiert: Arbeitet Ihr auch ähnlich mit Texten (unterstreichen/kommentieren)? Wollt ihr das mal in diigo ausprobieren? Freue mich auf jeden Kommentar direkt zu den Texten. Wie das geht?
Wenn ihr in die diigo unter Tools die „Webhighlighter und Bookmark“-Extension aktiviert, könnt ihr bei dem aus diigo aufgerufenen Link (oder bei einer anderen Seite, die ihr dort bookmarked):
  • Texte farbig markieren und Kommentare an die Markierung dranhängen
  • allgemeine Popup-Kommentare einfügen.
Der Clou: Das kann man innerhalb der Gruppe (oder ganz allgemein) öffentlich machen und dann aufeinander reagieren. Das sieht bspw. so aus:


Bislang gibt es in der Gruppe noch nicht viele Kommentare, aber das kann sich ja noch ändern. :-). Und wer weiß, vielleicht schaffe ich – oder gerne auch jemand anders – noch eine screencast zur Erklärung (vgl. Ursels Cast ganz zu Beginn). Dann ist die Hürde vielleicht noch niedriger.

Zukunft des Lernens (#opco11) – Lernen als Perpetuum Mobile?

„Warum sich etwas verändern muss“ lautet die Agenda-Überschrift der ersten Woche des MOOC „Zukunft des Lernens“. Die Antwort darauf ist meines Erachtens zunächst eine triviale:

Das heißt: Wenn es um Lernen geht, dann muss sich IMMER etwas ändern.
Lernen bedeutet Anpassung/Veränderung. Entweder eine Veränderung einer Person oder einer anderen Entität (Organisatoren Lernen, Staaten lernen…). Den Begriff Anpassung finde ich hier wichtig, weil Lernen auch dazu führen kann, sich die Umwelten passend zu machen oder sich der Umwelt passend zu machen.
Die Definition für Lernen: „eine dauerhafte Verhaltensänderung aufgrund von Erfahrungen“, siehe Online-Wörterbuch Erwachsenenbildung
Ob sich die Art zu Lernen ändern muss, oder ob durch das Lernen Erkenntnisse geschaffen werden, welche die Art zu Leben ändern sollen, ist m.E. eine Frage die an den Kern der Debatte rührt. Und die Antwort kann keine eindeutige/einseitige sein.
Es ist aber beispielsweise schwierig mit Richard Sennett zu argumentieren (brand eins, Absatz 5), dass die flexiblere Arbeitswelt ein neues Lernen erfordert. Warum? Sennett kritisiert in „Der flexible Mensch“ eben eine Entmenschlichung der Arbeitswelt. Lernen müsste also – wenn man Sennett in seinem Kontext folgen will – helfen, diese Welt zu ändern.
–Einschub: Wer vom Absätze zählen genervt ist, bitte kurz ans Ende des Posts springen–
Dass neue Erkenntnisse der Hirnforschung oder neue (na ja so neu auch nicht mehr) Medien ein neues Lernen nötig/sinnvoll machen würde ich ebenfalls skeptisch einschätzen, dazu ein paar Entgegnungen bezogen auf die Agenda-Texte aus dem Kurs:
  • Lehre sei keine unverzichtbare Voraussetzung für die Initiierung und Begleitung von Lehrprozessen (FAZ-Artikel, Absatz 1)
Wenn ich von initiieren und Begleitung lese, gehe ich davon aus, dass dies von außen erfolgt. Initiert werden solche Prozesse sicherlich auch von (zufälligen) Begegnungen mit Texten, Tweets, Audioboos, Erfahrungen…Dies braucht keine Lehre. Aber eine Begleitung braucht in der Regel jemanden der begleitet. Eine Möglichkeit davon ist Lehre – oder es handelt sich im allgemeineren Sinne um Personen, die Lern-Begleitung als ihre Aufgabe sehen. Und wenn ich nicht zufällig lernen will, dann hilft Lehre oder Unterricht einfach (abgesehen von der Zertifizierung, die ja auch schon im opco11 angesprochen wurde — Einschub: wie zitiere ich in einem Blog am besten Tweets?–)
  • informelles Lernen: 80% ihrer Fähigkeiten lernen Erwachsene außerhalb von Bildungsinstitutionen (FAZ-Artikel, Absatz 2)
Das überrascht nicht wirklich. Wie viele Erwachsene verbringen wie viel ihrer Lebenszeit in Bildungsinstitutionen oder Fortbildungen? Es wäre erschreckend, wenn außerhalb kein Lernen stattfinden würde, bedenkt man die obige Definition.
  • Wozu Teilnahmepflicht, wenn Wissen auch durch Einsenden von Lösungen nachgewiesen werden kann (FAZ-Artikel, Absatz 6)?
Das ist ja vielleicht der Kern der sich ändern muss (oder bereits geändert hat?): Ist die Hochschule ein Ort um Wissen nachzuweisen? Oder soll hier lernen ermöglicht, begleitet, unterstützt, angeleitet werden? Das kann natürlich auch online geschehen. Die Frage ist hier aber auch eine des Aufwandes, der Lehr- und Lernziele sowie der Interaktionsgestaltung (wie es auch im Artikel später heißt).
Ich schließe vorerst mit:
  • Lernen ist immer Selbstlernen (FAZ-Artikel, letzter Absatz)
Absolute Zustimmung, nur: Selbstlernen läuft nicht von alleine (auch wenn der Begriff vielleicht schon nach einem Art-Perpetuum Mobile klingt). Wenn der Eintritt und das Leben im wissenschaftlichen Raum gelingen soll, dann brauch es mehr. Meine (Selbstlern)-Lektüre hierzu:
Noch vor dem Schluss ein (etwas älteres) Tool (weil es schon so viele spannende gab):
Wer will, kann meine Notizen zu den beiden hier angegebenen Artikeln auch direkt im Text verfolgen und selbst Kommentare (dies nur mit Anmeldung) hinterlassen:
…und bald lese ich: http://ietherpad.com/Bildungsvisionen 🙂

Aktive Studierende

Nach dem letzten Bildungsstreik geht es jetzt zunehmend darum, Studierende aktiv in die Reformprozesse einzubinden. Nicht umsonst ist das ja auch eine der Forderungen im Bolognaprozess. Ich gehe einfach mal davon aus, dass diese Einbindung ernst gemeint ist und man sich nicht nur die formale Bestätigung für bestehende Prozesse und Strukturen holen möchte.

In der Zeit wird passend dazu in einem großen Artikel diskutiert, ob die verfasste Studierendenschaft (bringt u.a. Haushaltsrecht) auch in Bayern und Baden-Württemberg eingeführt werden sollte.

Die CHE hat ein Paper mit „Anregungen zur studentischen Partizipation“ verfasst.

Mein – ganz subjektiver – Eindruck dazu ist allerdings, dass die Proteste weniger von den ohnehin organisierten Studierenden ausgingen, sondern dass es vor allem auch in Düsseldorf eher ein Protest war, der unabhängig von diesen seinen Anfang fand.

Das hieße, dass das CHE Paper in einigen Teilen mit seinen Forderungen zu kurz greift (warum s.u.). Da aber viel Richtiges dabei ist, hier eine kurze Zusammenfassung:

  • Diskussion über den Bildungsbegriff führen: Welche Vorstellung von Bildung stillt den „Bildungshunger“ der Studierenden? Wie unterschiedlich sind die Vorstellungen über das notwendige Angebot bei Studierenden, die noch einen Master anschließen wollen und denjenigen, die direkt mit dem BA in den Beruf wollen? Nicht alle teilen die Vorstellung von Bildungsinhalten wie „Reflexionsvermögen, Mut zum Querdenken, Fähigkeit zur Selbstorganisation“.
  • studentische Partizipation soll in Leitlinien verankert werden
  • Studierende, wählt Eure Vertreter!
  • Interessengemeinschaften zwischen Lehrenden und Studierenden bilden, die „Ideenmanagement“ betreiben
  • Lehrende an Gestaltungsspielräume erinnern: Prüfungsarten variieren, Prüfungstermine flexibilisieren, Curricula entschlacken
  • auf Qualität der Lehre Einfluss nehmen durch: Evaluationen sowie Bewertung der Vermittlungskompetenz bei Probelehrveranstaltungen von neu zu berufenen ProfessorInnen
  • Unterschiedliche Lehrformate für unterschiedliche Bedürfnisse verlangen
  • Controlling der Studienbeiträge hinsichtlich Betreuungsrelationen, stud. Zufriedenheit, Entwicklung der Sozialstruktur
  • Mentoring-Programme für Studienabschluss-Phase

Warum das zu kurz gedacht ist?

Die Vorschläge greifen zu wenig in den unmittelbar von Studierenden erlebten Alltag, in die Lehrveranstaltungen und Prüfungen ein.

Hier sollte nach hochschuldidaktischen Überlegungen die aktive Teilnahme, Einflussnahme und Mitgestaltung der Studierenden beginnen. Denn Lernen ist ein individueller, aktiver Prozess – anders formuliert: durch schlichtes zuhören lerne ich kaum. Bereits in den Lehrveranstaltungen sollten Studierende und Lehrende Interessengemeinschaften bilden, indem

  • die Lehrziele des Dozierenden und die Lernziele der Studierenden aufeinander bezogen werden.
  • so genannte Arbeitsbündnisse geschlossen werden.

Wenn Studierende über forschendes Lernen oder Prüfungsformate wie e-Portfolios stärker in den Wissenschaftsprozess eingebunden werden, können sie auch die Forschungs-/Hochschullandschaft besser verstehen und dadurch zumindest im Kleinen besser gestalten. Umgekehrt sind die Rahmenbedingungen von Lehre auch immer wieder Thema bei hochschuldidaktischen Fortbildungen, wenn Dozierende nach Freiräumen für didaktisches Handeln suchen (so z.B. bei meinem letzten Lehren und Lernen-Workshop).

Außerdem vermute ich, dass aktivierende Methoden generell zu (auch hochschulpolitisch) aktiveren Studierenden beitragen. Denn Studierende machen hier Erfahrungen der Selbstwirksamkeit, haben also Erfolgserlebnisse, die sich z.B. bei Vorlesungen nicht einstellen, wenn sie einfach verkündetes Wissen mitschreiben.

Gestaltungsspielräume von Studierenden gehen/gingen aber eigentlich auch soweit, dass sie selbst Lehrveranstaltungen durchführen können. Auf dieses motivierende Erlebnis in der Fachschaft bezog sich auch Johannes Wildt vom hochschuldidaktischen Zentrum bei seiner Abschiedsrede auf der DOSS.

Bleibt noch das liebe Geld zu erwähnen: Eine Unterstützung der Studierenden in ihrer Abschlussphase erfolgt in Düsseldorf ab dem Wintersemester u.a. dadurch, dass das letzte Semester von den Studienbeiträgen befreit ist.

Tag der mediengestützten Lehre FH Dortmund

Nach der ersten Pause stank es am vergangenen Freitag ganz schön bei dem Tag der mediengestützten Lehre an der FH Dortmund. Nach Benzin. Der Grund: Ein BWL-Management-Projekt, bei dem eLearning-gestützt über ILIAS die Gruppenarbeit von bald über 150 Studierenden koordiniert wird. Hier hatten sich verschiedene Fachbereiche zusammengeschlossen und gemeinsam einen Rennwagen samt Finanzierungsplan etc. entwickelt. Beeindruckend.

Motivierend wie die Grußworte des Prorektors für Lehre Studium und Internationales, Prof. Ralf Beck. Er war vom eLearning sichtlich begeistert, ebenso vom Dortmunder Team der e-Tutoren, die Lehrende bei der eLearning-Umsetzung unterstützen. Wer so wie er von den einfachen Möglichkeiten bei der Verwaltung von Gruppen berichtet und offensichtlich selbst ausprobiert hat, wovon er berichtet, der ist einfach ein idealer eLearning-Promoter.

Spannend sowieso: die Gesichter aus den ILIAS-Netzwerken mit Namen abzugleichen, die man über Foren, Mails, Testen der neuen ILIAS-Version kennt. Freue mich übrigens extrem auf ILIAS 4, das in Dortmund sogar schon eingesetzt wird. Und natürlich war es wichtig wieder mal zumindest Teile des Netzwerks zu treffen und sich auszutauschen. Am Montag kann ich leider bei ILIAS-NRW in Münster nicht dabei sein. Andere Tagung hier: Social Software @Work

Das aus meiner Sicht wichtigste bei dem Workshop, in dem ich dann die eLearning-Integration an der Uni Düsseldorf vorstellte und Prof. Goldberg die Aktivitäten an der evang. Fachhochschule Bochum:

  • eLearning muss Teil der Hochschuldidaktik oder zumindest hochschuldidaktisch ausgerichtet sein
  • engagierte Personen können oft auch mit wenigen personellen Mitteln sehr viel erreichen (z.B. Bochum und Dortmund)
  • Probleme, Lösungen und Angebote gleichen sich (Lehrdeputat, Wunsch nach Austausch über Lösungen)
  • Studierende als Unterstützer/Berater und Ermöglicher von eLearning sind ein sehr viel versprechender Ansatz

Zu letzterem zeigten Holger Hansen (Ruhr Uni Bochum) und Prof. Goldberg, wie gut solche Angebote angenommen werden.

Bestätigt wurde das auch noch durch die gut organisierte Tagung in Dortmund, wo die mit schwarzen T-Shirts und „e-tutoring“-Aufschrift erkennbaren Studierenden sehr aktiv waren. Profitieren können die Studierenden dabei gleich auf mehreren Ebenen: Anrechnung von Credit-Points, (teilweise spätere) Bezahlung bei der Unterstützungsarbeit, Vorbereitung auf das Berufsleben. Ein Konzept, das meines Wissens ähnlich auch in Frankfurt als „Student-Consultants“ erfolgreich läuft.

Wissenschaft in den Medien + Lernen aus Fehlern

Ein düsteres Bild der Wissenschaft zeichnet Urs Hafner in der NZZ – und hat zumindest damit recht, dass auch diese Seite der Wissenschaft gesehen werden sollte:

Der Weg zur aufregenden Erkenntnis und zum bahnbrechenden Ergebnis ist oft lang und mühsam, viele Versuche sind vergeblich, der wissenschaftliche Alltag ist geprägt von Selbstzweifeln, gescheiterten Experimenten, Einsamkeit vor dem Computer.

Lernpsychologisch sind gescheiterte Versuche übrigens extrem wichtig. Sinnvoll ist es also, auch in Seminaren Raum für Fehler zu schaffen (und diese entsprechend zu nutzen). Hierzu der Verweis auf eine spannende Präsentation von Karsten D. Wolf, u.a. mit einer „Fehlerermutigungsdidaktik“:

Womit ich bei Hafner aber nur teilweise konform gehen kann, ist folgendes:

Wenn sie [die Wissenschaftler] in der Öffentlichkeit auftreten, dann gerade nicht so, wie es das wissenschaftliche Ethos eigentlich verlangte: als sich des Werturteils enthaltende Experten, die aufgrund ihres Wissens der Politik für die Entscheidungsfindung verschiedene Szenarien anbieten oder Selbstverständlichkeiten in Frage stellen und verstörende Ideen entwickeln.

Die Pluralität der Meinungen und Szenarien entsteht ja allein schon dadurch, dass verschiedene Wissenschaftler mit verschiedenen Meinungen und Interpretationen auftreten. Eine gesellschaftliche Verantwortung erfordert es geradezu, auch eine Position zu beziehen – selbstverständlich ohne andere Sichtweisen auszuklammern.
Beim Zusammentragen, Bewerten und Gewichten dieser Urteile sind dann die Medien unverzichtbar, auch wenn sie, wie Hafner leider richtig anmerkt, oftmals entweder nicht nötige Fachkenntnisse oder Ressourcen dazu besitzen.

P.S. Wer auf Fehler hier hinweisen möchte, kann das gerne tun (s.o.). Und wen eine musikalische Untermalung schwerwiegender Fehler interessiert, der/die findet hier etwas in diesem Zusammenhang nicht ganz ernst gemeintes.