Persönliche OER-Erfahrungen – kleine Übersicht

Im Februar 2018 hatte ich mal für eine Anfrage als OER-Prüfer eine Übersicht dazu zusammengestellt, was ich in Sachen OER bislang so gemacht und publiziert habe. Wie das oft so ist, sind das gute Anlässe, um selbst einen Überblick dazu zu bekommen, was sich nach und nach ansgeammelt hat. War mehr, als ich gedacht hatte :o.

Da diese Übersicht vielleicht auch für andere interessant ist, weil gerade was neues hinzugekommen ist, und weil das Thema OER nach meinem Eindruck gerade aus verschiedenen Gründen an Fahrt aufnimmt (oercontent.nrw-Ausschreibung (bis 30.11.19), Vorprojekt Content-Marktplatz, weitere Landesinitiativen zu OER), dachte ich, ich teile diese Übersicht hier mal.

Vorweg aber der Hinweis auf das, was neu ist, das mir ein besonderes Anliegen ist:
Da heute Klimastreik war, wir aber gleichzeitig den für die Hochschulentwicklung wichtigen Tag für die exzellente Lehre nicht ausfallen lassen wollten, haben wir das Thema Klimwandel mit ein paar kleineren Aktionen in den Tag integriert. Eine war ein Poster zum Thema, das wer will sehr gerne kopieren, überarbeiten, ergänzen etc. kann um auf Tagungen dieses Thema auch anzusprechen. Das Poster mit dem Titel „Informationen zum Thema Klimaschutz am Arbeitsplatz und darüber hinaus“ ist unter ccby lizensiert und findet sich als bearbeitbares Google-Doc hier: https://tinyurl.com/klimaposter 

Die Anfrage hat übrigens zu einigen ganz spannenden Erfahrungen mit Prüfungen zum Thema OER geführt und zu einem Eintrag als OER-Fachexperte hier: https://www.oer-fachexperten.de/fachexperten/pruefende/

Spezifische Erfahrungen mit Open Educational Resources

Publikationen zu OER / offenen Praktiken

  • Lorenz, A., Thielsch, A., van Treeck, T. (2016):.Offen für gute Lehre: Einsatzfelder, Grenzen und Möglichkeiten für offene Bildungsmaterialien in der Wissenschaft. In M. Heiner, B. Baumert, S. Dany, T. Haertel, M. Quellmelz & C. Terkowsky (Hrsg.), Was ist „Gute Lehre“? Perspektiven der Hochschuldidaktik. (S. 233-243). Bielefeld: Bertelsmann. 
  • van Treeck, T. Workshop Flipped Learning – Experimente und Erfahrungen . In T. Brinker & K. Ilg (Hrsg.) (2018).,​Lehre und Digitalisierung. 5. Forum Hochschullehre und E-Learning-Konferenz – 25.10.2016. (S. 39f.) Universitätsverlag Webler.
  • Bremer, C., Hofhues, S., Mayrberger, K. & van Treeck, T. (2016). Offene Lehr-/Lernszenarien und Open Open Educational Practices an Hochschulen. In J. Wachtler, M. Ebner, O. Gröblinger, M. Kopp, E. Bratengeyer, H.-P. Steinbacher, C. Freisleben-Teutscher & C. Kapper (Hrsg.), Digitale Medien: Zusammenarbeit in der Bildung (S. 348-349). Münster: Waxmann.
    Online verfügbar unter: http://2016.gmw-online.de/349/ 
  • van Treeck, T., Himpsl-Gutermann, K. & Robes, J. (2013). Offene und partizipative Lernkonzepte – E-Portfolios, Moocs und Flipped Classrooms. In M. Ebner & S. Schön (Hrsg.), Lehrbuch für Lehren und Lernen mit Technologien, 2. Aufl.
    Online verfügbar unter: http://l3t.eu/homepage/das-buch/ebook-2013/kapitel/o/id/149/name/offene-und-partizipative-lernkonzepte 

Ostern

Aus österlichem Anlass mal was ganz anderes:

Ein Blick auf Pontius Pilatus, den Michail Bulgakow 1928 in seinem wahnwitzig, obskuren und mitreißendem Roman „Der Meister und Margarita“ geworfen hat. Ich möchte hier gar nicht eingehen auf die Bezüge zu Faust, auf die wie selbstverständlich durch Moskau schreitende sprechende Katze oder den teuflischen Magier, der den Moskauern ihre moralische Verkommenheit in einer entblößenden Theatervorstellung vorführt.

Dafür kurz zu dem im Roman enthaltenen historischen Roman über Pontius Pilatus, welcher den Verfasser, den Meister (siehe Titel) in die Irrenanstalt bringt.

Zur Zeit der Kreuzigung Jesu ist Pilatus gefangen von politischen Machtstrukturen und der Einsamkeit als ein Herrscher, der die von ihm zu befriedende Provinz hasst und danach giert, einen Menschen zu finden, der seine Migräne und sein Leiden an der Welt lindert. So treffen Jesus und Pontius Pilatus zusammen.

Ein psychologischer Blick auf einen verzweifelten Täter, der um die Ruhe seiner Provinz besorgt, ganze Heerscharen von Reitern zur Kreuzigung aufbrechen lässt. In sengender Hitze bewachen die dann einen nahezu leeren Hügel.

Niemand hatte versucht, den Verurteilten zu befreien, weder in Jerschalaim, das von Truppen überschwemmt war, noch hier auf dem abgesperrten Hügel, und die Menge war in die Stadt zurückgekehrt, denn diese Hinrichtung war wirklich langweilig…

Nur ein Jünger (Levi Matthäus) hat sich – mit einem beim Bäcker gestohlenen Brotmesser in der Hand um Jesus zu erlösen, jedoch zu spät zum Eingreifen – im Schatten des Kreuzes eingefunden und kauert verloren in der Steinwüste.

Pilates dagegen träumt bis zu seinem Tod von nichts anderem, als von einem Wiedersehen mit dem aus seiner Sicht seelenverwandten Jesus.

Felicitas Hoppe lobt diesen (von ihr 3x gelesenen) Roman überschwänglich:

Der Roman erweist sich als fliegender Ritt durch den Wahnsinn, in dem er den Versuch einer gewaltsamen Abschaffung jeder Transzendenz anhand einer literarisch meisterhaft gestalteten Pilatusgeschichte mit der Passionsgeschichte Christi und der großen Anmaßung aller menschlichen Gerichtsbarkeit konterkariert: «Dieser Verbrecher (Pilatus über Jesus, F.H.) nennt mich ‹Guter Mensch›. Führen Sie ihn für einen Moment hinweg, und erklären Sie ihm, wie man mit mir zu reden hat. Aber schlagen Sie ihn nicht zum Krüppel.»

Soweit der österliche Ausflug in einen spannenden Roman.
Allen ein frohes Fest!
Demnächst hier auch mal wieder was zum Thema eLearning, Wissenschaft, Hochschule…versprochen. 😉

P.S. Zu diesem Roman gab es übrigens auch eine Aufführung im Düsseldorfer Schauspielhaus.

Stille – Hochschuldidaktik und eLearning

Jetzt ist es schon erstaunlich lange her, dass ich hier was geschrieben habe. Woran das liegt, habe ich leider noch nicht ausmachen können. Dafür ist dieser Beitrag recht lang geworden…hoffe auch entsprechend ergiebig.

Vielleicht war es ja ausbleibender Erkenntnisstau. Wies0? Der ist laut dem letzten Vortragenden bei der DOSS (Dortmund Spring School for Academic Staff Developers) etwas, das gerade für kreative Ideen notwendig ist. Anders erklärt: Wenn man nicht alles direkt im Netz nachschauen kann, fängt man an zu grübeln und entwickelt vielleicht kreative Ideen. Bin ich etwa zu oft online?
Hans Peter Voss hat uns damit dann auf der Rückfahrt von Dortmund nach Düsseldorf zum Nachdenken gebracht: Könnte man an der Uni so verfahren, wie dies Google angeblich tut: 20% der Arbeitszeit für Projekte lassen, die eigentlich nicht zur konkreten Arbeit der Mitarbeiter gehören, damit Innovationen entstehen können. Ich bin skeptisch: Die eigentliche Arbeit verschiebt sich dann wohl noch mehr in die Freizeit. Oder anders: Werden nicht an der Universität häufig arbeiten erledigt, die eigentlich nicht zu den Kernaufgaben gehören? Vielleicht kommt hierher ja unsere Innovationskraft…
Zurück zur DOSS mit ihrem Schwerpunkt fachübergreifende Hochschuldidaktik und Fachdidaktiken. Was ja gar nicht so weit ist weg vom Thema Kreativität. Schon zu finden in der Form der Durchführung der Tagung: Hier war vieles im besten Sinne hochschuldidaktisch, nämlich kreativ und vor allem aktivierend durchgeführt. Leider ja noch nicht immer üblich bei Tagungen.
Zunächst die Diskurswerkstatt „Aufbau virtuelle Communities“ von (Tamara Kuhn und Mandy Schiefner) in der wirklich problemorientiert an einer konkreten Community diskutiert und gearbeitet wurde. Frage: Wie kann man diese (erst vor kurzem gestartete) Hochschuldidaktik Community erfolgreicher machen? Für mich waren die wichtigsten Punkte der Arbeit an dem Problem: Vertrauen schaffen, Themenspecials (siehe e-teaching.org) einrichten und mit (informellen) Vor-Ort-Treffen verbinden. Mich jedenfalls hat die Diskurswerkstatt in die Community geführt. Aber auch die Mittags-Videos dort waren für mich ein Anreiz.
Überzeugt hat mich auch die Methode zur Lösungsfindung: Ein Ideenkarussel. Hier allerdings leicht abgewandelt: Kleingruppen arbeiten vor verschiedenen Postern. Bin gespannt wie sich die Community zur Hochschuldidaktik weiter entwickelt.
Mindestens ebenso spannend der kaum Vortrag zu nennende Beitrag von Franz Waldherr und Claudia Walter. Die Frage lautete hier: Wie bringt man Dozierende in einem Hochschuldidaktischen Seminar dazu, studierendenorientierte Maßnahmen zu verwenden? Der Weg zur Antwort: Zunächst jeder alleine drei Punkte überlegen, dann zu zweit auf drei einigen, dann zu viert … und schließlich im Plenum sammeln. Gut fand ich an der Vorgehensweise: Man wird in eigenen Ideen bestätigt, die auch von anderen kommen und gleichzeitig ist Platz für neue Ideen.

Aus eLearning-Perspektive interessant ist, dass die Referenten in ihre Fortbildungen zwei Online-Phasen integriert haben: Eine kurze Befragung vor der Fortbildung (wie viel Lehrerfahrung habe ich, wie lehre ich und wie habe ich am besten gelernt?). Nachher dann eine Online-Nachbetreuung. Man müsste mal überlegen, ob das auch hier passt. Letztes mal hatten wir innerhalb der Praxisphase eine Online-Phase eingerichtet, was auch gut passte. Was Walter und Waldherr noch berichteten: Neurodidaktik kam bei den Fortbildungsteilnehmerinnen gut an.

Ansonsten leider wenig Gelegenheit, weitere Panels zu besuchen, da ich erst ab Donnerstag dabei war. Dass ich am Mittwoch was verpasst habe (u.a. die Frage nach der Verortung von eLearning) habe ich dann (leider/zum Glück?) im Blog von Kerstin Mayrberger gelesen.

Dafür einige Bestätigungen und Anregungen in der eigenen Diskurswerkstatt erfahren: „Schnittstellen von eLearning und Hochschuldidaktik“. Zum Beispiel den geschärften Blick auf die Angst vor der Technik, die Anregung zu noch mehr Beispielen und die Bestätigung in einer Einführung nicht nach Fächern zu unterscheiden.

Bleibt noch zu erwähnen dass Johannes Wildt seinen Abschied vom HDZ nahm. Mit einem langen Ritt durch die Geschichte der Hochschuldidaktik seit den 70ern und damit durch die Phasen, die er maßgeblich mit geprägt hat. Die Literaturliste, die sich aus seinem Vortrag ergeben hat, werde ich bei Gelegenheit mal durcharbeiten.

Was mir vorher nicht bewusst war: Die Bezüge zur Friedensbewegung, seine Wurzeln in der studentischen Arbeit (wo er aus der Fachschaft heraus Seminare gestaltet hat) die Fachdidaktik und Fachkulturen, die er über tausende von Hospitationen kennen lernte. Sehe das u.a. als Argument für studentische Tagungen und studentische Einbindung! Und dafür, den Blick aufzumachen für Methoden anderer Fächer. Nicht umsonst kommt die von Johannes Wildt immer wieder aufgegriffene Moderationsmethode des Quickborner Teams aus der Unternehmensberatung und die Ishikawa-Methode aus der Qualitätssicherung.

Viele (alle?) Fächer nutzen hochschuldidaktische Methoden, wissen es nur manches mal nicht. Wer transparent macht, wo die Methoden herkommen, kann auch eventuelle Widerstände überwinden.

Widerstände gibt es wohl auch noch zwischen den Bereichen eLearning und Hochschuldidaktik, die sich aber zunehmend vermischen. Was nur sinnvoll sein, befassen sich doch beide mit Lehre und können sich gegenseitig befruchten. Siehe dazu auch den Blog von Sandra.

Mit einem wirklich mitreißend und wundervoll pathetischen Plädoyer für die Bildung möchte ich schließen. Vorgetragen hat es der Dortmunder Prorektor Walter Grünzweig. Hier also der Beginn des – in Dortmund wohl erstmalig übersetzt – vorgetragenen Essays von Ralph Waldo Emerson:

It is ominous, a presumption of crime, that this word Education has so cold, so hopeless a sound. A treatise on education, a convention for education, a lecture, a system, affects us with slight paralysis and a certain yawning of the jaws. We are not encouraged when the law touches it with its fingers. Education should be as broad as man.

So muss es sein!
P.S. Präsentationen der Tagung sollen wohl hier folgen: http://www.hdz.uni-dortmund.de/index.php?id=413