Besondere Anforderungen an Innovation in der Hochschullehre – Organisationseinheit und Co

Mal hieß es Akademie für Lehre, dann war von Lehrgemeinschaft die Rede (allerdings nicht von denjenigen, die das Thema vorangetrieben haben), nun soll eine  „Organisationseinheit“ „Innovation in der Hochschullehre“ kommen. Heute ist die Frist für die Interessensbekundung bei der GWK. Daran geknüpft sind viele Hoffnungen, wie Johannes Wildt und Karoline Spelsberg Papazoglu in einem Gastbeitrag bei Jan-Martin Wiarda deutlich gemacht haben. 

Das kann man nur unterstützen – und ein paar Aspekte betonen die ich von beiden dort nicht gelesen habe, die aber für eine solche Organisationseinheit wichtig werden, wenn dieses Gebilde mehr sein soll, als ein bürokratisches Ding, das nur der Form nach Innovationen in der Lehre voranbringen soll. Dazu gehört nicht zuletzt – auch die Frage nach einem weniger uninspirierten Namen (vgl. dazu die etwas heitere Twitterdiskussion hier). 

  1. Die Sache selbst misslingt

Lehre ist – wie alle Bildungsprozesse – mit einer hohen Mißerfolgswahrscheinlichkeit verbunden. Inwiefern das Intendierte (im Idealfall Bildung) erreicht wird, ist enorm komplex, kontextabhängig, kontingent und ein gemeinsames Resultat des Zusammenspiels ganz verschiedener Personen (im mikro-Bereich von Lehrenden und Lernenden/Studierenden), die auf jede Handlung und Situation mit vielfältigen Mustern, Motiven, Handlungen und Nichthandlungen reagieren und agieren. In der Pädagogik spricht man auch von Technologiedefizit: Legt man einen Schalter um, kann man nicht sicher sein, dass das Licht angeht. Technologien funktionieren so, Menschen nicht. Damit muss sich die Organisationszeit kritisch auseinandersetzen. Das ist ein, wenn nicht der Kern der in diesem Bereich angemessenen Transferfragen. Wenn das die neue Organisationseinheit unter den Tisch fallen lässt, läuft sie leer. Weitere Personen im third-space (Qualitätsmanagement, Hochschuldidaktik, Dekan*innen, Hochschulforscher*innen, Bildungsforscher*innen – wenn man sie extra in den Blick nimmt und dabei nicht die Praktiker und Forschenden der Hochschuldidaktik vergisst, vgl. auch die Akteure aus dem offenen Brief der dghd an die GWK auf S. 2). Die Sache der Bildung selbst misslingt….oft, zunächst, zumindest in der Breite, die neben Selektion und Allokation der Auftrag einer Bildungseinrichtung ist. Diesen Bremsschuh gilt es zu berücksichtigen, ohne deshalb untätig zu werden / zu bleiben.. 

  1. Welche Kompetenzorientierung hätten Sie gern?

Ansprüche daran und Verständnis davon, was gute Lehre ist, sind sehr divers. Das beginnt schon bei Begrifflichkeiten wie den von Wildt & Spelsberg-Papazoglou im Gastbeitrag bei Jan-Martin Wiarda angesprochenen shift from teaching to learning, bei der Studierendenzentrierung, der Kompetenzorientierung, usw.. Und das hat mindestens zwei Seiten:  

Die A-Seite: die Übersetzung in den Lehralltag ganz unterschiedlich denkender Disziplinen (mit ihren Sprachcodes), z.b. wenn Studierendenzentrierung als Kundenorientierung übersetzt wird, gleichzeitig mit Kunde kein bloßer Konsument gemeint ist. Oder wenn Kompetenzorientierung gesehen wird als (neoliberaler) Versuch, hohen Bildungsziele, Bildung als Selbstzweck, als Persönlichkeitsentwicklung zu unterlaufen. 

Die B-Seite: die sehr weichen Definitionsgrenzen, mit denen – nicht nur – in der Hochschuldidaktik (HD) z.T. agiert wird. Vermutlich auch, weil sich die immer noch mehrheitlich im Projektstatus befindliche Hochschuldidaktik (eine empirische Untersuchung der nachhaltigen Verankerung von HD-Einrichtungen und Stellen sowie Anzahl und Status  freiberufliche tätiger HDler“innen liegt bislang nicht vor – disclaimer: bei uns an der TH gibt es eine solche nachhaltige Verankerung) aus strategischen Gründen an lokal vorherrschende Vorstellungen anpassen will oder muss. Eine Organisationseinheit – mit stärkerer Einbindung der Hochschuldidaktik, wenn nicht gar Gestaltung durch die Hochschuldidaktik, und der unter 1 genannten Akteure könnte sich der Aufgabe annehmen, diese begriffliche  Grundlage für Transfer zu unterstützen, dann muss man sich immer noch der Problematik aus 1 stellen.

3. Hochschuldidaktiker*innen als besondere Expert*innen – in (besonderer) Kooperation

Das Feld der Hochschulentwicklung – die Akteure der Hochschuldidaktik zeigen es – ist aus vielen verschiedenen Bezugsdisziplinen „gebaut“. Um wirksam und anschlussfähig sein zu können, ist der Anspruch an Wissenschaftlichkeit wichtig (vgl. bspw. Salden 2019). Vielleicht als (zukünftige) Disziplin, aber vor allem als ein Wissenschaftsgebiet, das interdisziplinär, transdisziplinär und infradisziplinär (Dank für den Begriff, dem hoffentlich noch eine Veröffentlichung folgt, an Rüdiger Rhein) agieren muss. Das hieße mit dem Fach gemeinsam auch das Fach verändernd – insbesondere in der Lehre. Dies können Hochschullehrende allein nur begrenzt leisten, weil sie einerseits in ihrem Fach fest verankert sind und andererseits nicht die Ressourcen für hochschuldidaktische Überblicke, Vergleiche etc. aufbringen können. Wildt & Spelsberg-Papazoglou sprechen von Prozesspromotoren. Was diese – z.T. in Abgrenzung zu Hochschullehrenden, in Überschneidungen und gemeinsam – an Expertise einbringen können, hat die Kommission Weiterbildung der dghd in dem Papier “Wer macht was? Rollen und Kompetenzprofile für hochschuldidaktisch Tätige” eindrucksvoll zusammengestellt. In politischen Diskussionen und Programmen, bleiben diese (also wir) immer wieder  ungenannt. Die Verzahnung in einer Organisation – die im Netzwerkcharakter schon vielfach erfolgt – könnte ein entscheidender Faktor für die systematische Entwicklung der Hochschullandschaft sein.

  1. Das geht hier nicht – Rahmenbedingungen und Regelunge

Dass viele Innovationen – wenn sie wirksam werden sollen, bloße Ideen sind keine Innovatione – wegen verschiedener Rahmenbedingungen und Regelungen nicht auf die Strecke kommen, ist leider so klar wie problematisch. Das aber nur kurz angerissen:  Kapazitätsverordnungen, die es erschweren, bestimmte Sachen in der Fläche umzusetzen; wenig Anreize für Lehrende gute Konzepte weiterzugeben; Befristungen im Mittelbau als Hindernis sich langfristig zu engagieren (warum sollten Lehrende sich in den Gremien z.B. für Studiengangsentwicklung engagieren, wenn die Umsetzung des Beschlossenen jenseits ihrer Vertragslaufzeiten liegt….

  1. sollen, können, wollen, dürfen als Voraussetzung für change 

Oftmals widersprechen sich im System verschiedene der für Change hilfreichen Dimensionen. Soll ich, kann ich, will ich, darf ich. Unwillen scheint mir seltener ein Hindernis. Oftmals beissen sich offizielle Anforderungen und (versteckte) Verbote. Oder Fähigkeiten sind da, werden an der vorhandenen Stelle aber nicht gewollt. Und, und und. Apropos: Diese Dimensionen habe ich aus Gesprächen und Workshops mitgenommen, mich aber nicht weiter um Zitate dafür gekümmert. Wer also die Systematik wiedererkennt und zuordnen kann, möge sehr gerne entsprechend mit Quellenhinweis unter diesem Post kommentieren. Würde mich sehr freuen!

Bleibt ein letztes kritisches Wort zu Innovationen: Gute Lehre, sich entwickelnde Lehre kann nicht Veränderung um jeden Preis sein. Innovationen laufen in diesem Bereich schnell Gefahr, nur für ganz spezifische kleine und ohnehin experimentelle Settings entwickelt zu werden. Es wäre ja – auf anderer Ebene – sehr innovativ mehr das Bewährte zu bewahren (und abzusichern), das zu erkunden was gut ist, zu erforschen warum es schon gut ist und diese Erkenntnis (mehr) zu nutzen, um anderes zu verbessern. 

Dank an Cornelia Kenneweg für den Mailaustausch zum Thema – zugegebenermaßen vor einiger Zeit. Wünschte ich hätte den Beitrag schon früher veröffentlichen können, aber manches braucht halt Zeit, ist trotzdem noch unfertig, auch wenn es wichtige (politische) Deadlines als Bezugspunkte gibt.

Wie gehts weiter? – Positionspapiere zusammenführen und ausgestalten!

Der Hochschulpakt 2020 läuft aus, der Qualitätspakt Lehre läuft ebenfalls aus und es gibt inzwischen glücklicherweise einige Institutionen, die sich mit ihren Gedanken hierzu dem öffentlichen Diskurs stellen.

Die Perspektiven sind unterschiedlich, das politische Gewicht jeweils auch, trotzdem möchte ich hier die Ausführungen mit dem Schwergewicht des Wissenschaftsrats und der Hochschulrektorenkonferenz zusammenbringen mit Überlegungen, welche die Deutsche Gesellschaft für Hochschuldidaktik (dghd) und Akteure des Netzwerks Lehre hoch N angestellt haben. Die Dinge gemeinsam zu betrachten – in diesem Fall ist es durch meinen Hintergrund wohl am ehesten eine hochschuldidaktische Perspektive – bringt hoffentlich in der Sache weiter. Es ist ein Angebot und erster Versuch, zugegebenermaßen in Form eines recht langen Posts:

Im Überblick scheinen mir die vier verschiedenen Äußerungen gemeinsame Anliegen zu verfolgen, dabei aber unterschiedliche Schwerpunkte zu setzen. Sie ergänzen sich gut, die Schwerpunktsetzung führt aber auch dazu, dass Aspekte verloren gehen, wenn man die Positionen isoliert voneinander liest bzw. das ein oder andere Papier nicht wahrnimmt. Besonders groß scheint mir diese Gefahr, wenn nur Teilelemente herausgegriffen und damit wichtige Überlegungen vernachlässigt werden, etwa wie bei dem Papier mit dem Titel „Jenseits eines Potpourris von Plattitüden. Zur Forderung des Wissenschaftsrates nach ´Lehrverfassungen´ an den Hochschulen„. Hier wird viel zu den Lehrverfasungen kritisiert, für mich nicht wirklich nachvollziehbar und einem mitunter für meine Ohren abfällig klingenden Ton. Die Überlegung der „Slacks“ aus diesem Papier von Stefan Kühl, Ines Langemeyer, Gabi Reinmann und Marcel Schütz (im Folgenden der Einfachheit halber Potpourri-Papier) sind dann wiederum m. E. eine gute Ergänzung zu den anderen Positionierungen, aber der Reihe nach.

Gemeinsamkeiten und Unterschiede im Überblick
Die Gemeinsamkeiten: Alle betonen die Bedeutung der Lehre und die Notwendigkeit, deren Bedeutung weiter zu stärken und die Lehrqualität weiter zu entwickeln. Die Schwerpunkte sind jedoch unterschiedlich: Der Wissenschaftsrat (WR) formuliert ganz konkrete Überlegungen dazu, wie die Qualität der Lehre bereits entwickelt wird und was dabei noch fehlt. Die HRK betont vor allem Fragen des Umgangs mit gestiegenen (und dauerhaft hohen) Studierendenzahlen sowie Infrastukturfragen und Finanzierungsmodelle. Die Erklärung der dghd adressiert ähnlich wie das Papier des WR,  was für gute Lehre wichtig ist, betont dabei aber die Rolle der Hochschuldidaktik. Und das Netzwerk Lehre hoch N zeigt ganz verschiedene Perspektiven von einzelnen Akteuren aus dem Netzwerk. Im Potpourri-Papier schließlich positioniert sich eine Gruppe von Hochschullehrenden gegen als falsch bzw. überholt eingestufte Strategien und Organisationsentwicklungsmodelle.

Positionen des Wissenschaftsrats
Zunächst zum Wissenschaftsrat mit dem Positionspapier Strategien für die Hochschullehre. Auf gerade mal 36 Seiten bietet das Papier einen sehr umfangreichen Überblick dazu, was passieren müsste (und schon passiert ist), um die Qualität der Lehre zu sichern und weiter zu entwickeln. Immer wieder wird in dem Papier betont, dass die Fächer und die Hochschulen selbst die Entwicklungen gestalten müssen, Entscheidungen dafür treffen müssen. Es ist damit etwas wolkig, wird aber dem Anspruch gerecht, Raum für spezifische Lösungen zu lassen:

„Hierzu  ist  grundsätzlich  ein  verstärkter  Austausch  zwischen  den  Lehrenden
vor Ort wie auch hochschulübergreifend, im Fach wie auch fächerübergrei-
fend, unabdingbar. “ (S. 23)

„Dagegen gibt es auf der Mesoebene eines Studienganges oder Faches und auf  der  Makroebene einer  Hochschule  bisher  kaum  Ansätze und wenig Bemühungen, die Qualität zu bestimmen.“ (S. 26).

„Der Wissenschaftsrat hält es für unerlässlich, dass entsprechende Strategien diskursiv im Organisationsgefüge der Hochschule entwickelt werden und zu dem besonderen Profil dieses Einrichtungstyps passen. Die Hochschule ist als eine lernende Organisation zu verstehen, deren große Stärke der Diskurs und die systematische Vernetzung von Ideen ist.“ (S. 15) 

Letzteres gilt aber (zumindest bislang) nicht für die Lehre. Oder genauer gesagt: Es gilt für die Lehre (noch) weniger, als für andere Bereiche.

Hochschuldidaktik im Positionspapier des Wissenschaftsrats?
Könnte die (allgemeine und fachbezogene) Hochschuldidaktik hierbei eine wichtige Rolle spielen? Ich meine ja. Wenn sie sich mit Fragen der Kooperation und der Hochschulentwicklung auseinandersetzt und dabei offen ist für die Ansätze und Überlegungen aus den Fächern und Disziplinen bzw. versucht diese zu verstehen und nicht in einer Übernahmelogik verfährt, wenn sie hilft, didaktische und fachliche Fragen bzw. fachbezogene didaktische Fragen und fachliche Fragen zusammenzuführen (vgl. dazu Reis 2013, S. 120). Der Frage solcher Kooperationen hat sich u.a. auch die Jahrestagung der dghd 2017 gewidmet, bei der Gabi Reinmann in ihrer Keynote „Vom Eigensinn der Hochschuldidaktik“ hier betonte, dass die Hochschuldidaktik nicht für alles zuständig ist, aber klug kooperieren sollte.

Die möglicherweise wichtige Rolle der Hochschuldidaktik passt auch zu den Empfehlungen, die das Papier des Wissenschaftsrats aus seiner Veröffentlichung von 2008 wieder aufgreift und zusammenfasst (S. 10f.). Denn es wird u.a. die des Charta guter Lehre des Stifterverbands angeführt, die in einem aufwändigen Redaktionsprozess u.a. von Hochschullehrenden, Qualitätsmanager*innen, Hochschulleitungen und Hochschuldidaktiker*innen verfasst wurden. Die Charte gehört im übrigen auch zu den Bezugspunkten der Kölner Erklärung zur Hochschullehre der dhgd (sie wird in der Erklärung selbst nicht genannt, aber in dem umfassenderen Positionspapier, das der Erklärung vorausging).

Weiterhin führt der WR aus, dass „an vielen Hochschulen eine spezifische Expertise für Lehre und Lernen entwickelt wurde und die Vernetzung der Expertinnen und Experten erfreulich fortgeschritten ist.“ (S. 12).

Der WR spricht im Papier zwar nicht von Hochschuldidaktik, sondern von „Zentren für Hochschullehre,“ (S. 11, 12, 13, 24, 25, 28) aber es wird deutlich, dass genau diese ein wichtiger Partner für eine Weiterentwicklung der Lehre sein kann, wenn es heißt: „Die  Zentren  können  Foren und Plattformen für den Erfahrungsaustausch bereitstellen und Verbindungen zur Lehr-Lern-Forschung  herstellen, um  Lehrkonzepte mit den Lehrenden systematisch zu reflektieren oder die Entwicklung innovativer Ansätze wissenschaftlich zu begleiten.“ Dass es durchaus je nach Hochschule auch andere Bezeichnungen oder andere Schwerpunkte dabei gibt, ist eine andere Diskussion.

Missstände laut WR
Und es werden klare Missstände geschildert und Probleme benannt, Aspekte die bei der öffentlichen Wahrnehmung der Reaktion der HRK auf das Papier und dort vor allem mit der Ablehnung einer Deutschen Lehrgemeinschaft durch die HRK leider untergegangen sind:

„Doch häufig wird selbstverständlich davon ausgegangen, dass eine Befähigung zur Lehre vorhanden ist, wenn jemand mit Lehraufgaben betraut wird, sowie dass die einzelnen Lehrenden selbst dafür verantwortlich sind, ihre Lehrkompetenz zu entwickeln.“ (S. 23).

Sowohl zur Umsetzung der Empfehlungen des WR und anderer Akteure als auch zur Wirkung von Förderprogrammen „sind leider wenig belastbare Daten vorhanden.“ (S. 13)

„Gute  Lehre muss wissenschaftlich fundiert bzw. evidenzbasiert sein. Deshalb tragen die Fächer  auch Verantwortung für die Förderung,  Rezeption und Verbreitung fachspezifischer didaktischer  Forschung.“ (S. 19) 

In der Verzahnung dieser Forschung und der hochschuldidaktischen Forschung scheint mir aber noch ein wichtiger Aspekt einer Arbeitsteilung zu liegen: Zwar sollten sich alle Hochschullehrenden wissenschaftlich mit ihrer Lehre auseinandersetzen, sie können aber aus mehreren Gründen (allein schon aus zeitlichen) nicht Expertise in der Tiefe und Breite entwickeln, die man als Hochschuldidaktiker*in aufbauen und für Beratungen und Entwicklungen nutzen sollte. Schön auf den Punkt bringt das bspw. Thomas Olsson (Academic Development Unit, Faculty of Engineering, Lund University). Er setzt sich sehr für Lehrportfolios in der akademischen Lehrentwicklung und für die Beforschung der Lehre im eigenen Fach, das so genannte Scholarship of Teaching and Learning (SoTL) ein, z.B. im Workshop hier an der TH Köln oder in der Keynote auf der Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Hochschuldidaktik 2013 in Magdeburg.

Es braucht also einen forschenden Blick der Hochschullehrenden auf die eigene Lehre, aber auch Bezugspunkte dafür und Forschung zur Lehre und deren Rahmenbedingungen sowie Gestaltungsmöglichkeiten, die darüber hinaus gehen. Diskutiert werden Teile davon – durchaus kritisch –  als evidenzbasierte Lehrentwicklung. Die dghd fordert diese u.a. im Kölner Katalog zur Hochschullehre (S. 2) und betont dabei, dass es eine „Forschungsförderung [braucht], die spezifisch hochschuldidaktische Fragestellungen adressiert, das oft interdisziplinäre Profil des Forschungsbereichs berücksichtigt und auch Grundlagenforschung ermöglicht.“ (S. 2).

Ausfinanzierung der Lehre – Hochschuldidaktik ist kein Reparaturbetrieb
Dass die Rahmenbedingungen und die Grundfinanzierung der Lehre gesichert sein muss, ist natürlich auch aus hochschuldidaktischer Perspektive ein elementarer Punkt. Geschieht dies nicht, wird sie zum Reparaturbetrieb eines kaputten Systems (vgl. zu Hochschuldidaktik als Reparaturbetrieb auch Reinmann 2012, S. 1), wobei die Vorstellung als Zauberer – visualisiert von Daniel Al-Kabbani im Rahmen der dghd17 – die etwas positiver besetzte Variante dieser Unmöglichkeit ist:

Die Magie der Hochschuldidaktik von Daniel Al-Kabbani, CC BY ND

Es geht also auch ums Geld, das wird in der Entschließung der HRK vom 9.5.2017 deutlich, die richtigerweise (s.o.) die Bedeutung der Grundfinanzierung betont, die auch beim WR eine wichtige, aber zumindest gefühlt geringere Rolle spielt, z.B. hier

„Zur Erfüllung ihrer vielfältigen Aufgaben und aufgrund ihrer Schnittstellenfunktion benötigen die Zentren eine angemessene Ausstattung mit qualifiziertem, möglichst hauptberuflich beschäftigtem Personal.“ (S.25)

Mit der Schnittstellenfunktion kann man durchaus auch ein besonderes/anderes Anforderungsprofil verbinden. Aktuell beschäftigt sich mit den dazu nötigen Kompetenzen umfangreich die Arbeitsgruppe Weiterbildung innerhalb der dghd. Das Zitat aus dem Papier des WR und die Forderung 3 des Kölner Katalogs: „Hochschuldidaktik als Berufsfeld etablieren“ stützen sich hier gegenseitig. Weiter aus dem WR-Papier:

„Allerdings haben die projektförmigen Förderprogramme auch dazu geführt, dass in großem Umfang befristet beschäftigtes Personal mit lehrbezogenen Aufgaben betraut wurde und wird, die langfristig zu bearbeiten sind.“ (S. 25)

„In  den  vergangenen  Jahren  wurden  viele  Maßnahmen  zur  Qualitätsverbesserung der Lehre an den Hochschulen mit temporären Fördermitteln finanziert. Oftmals handelte es sich dabei eigentlich um Daueraufgaben (etwa didaktischeQualifizierung der Lehrenden oder Qualitätsmanagementsysteme für die Lehre).“ (S.33) 

„Die  Hochschulen müssen jedoch für Strukturen, die nachweislich wirksam die Qualität der Lehre verbessern, eine dauerhafte Finanzierung bereitstellen. Sie können dies in vielen Fällen nicht allein durch Umschichtungen eigener Mittel leisten, sondern benötigen eine angemessene Grundausstattung und finanzielle Entscheidungsspielräume.“ (S. 34)

Die dazu passende Formulierung im Kölner Katalog lautet: „1. Lehrentwicklung als Daueraufgabe gestalten […] Jede Hochschule sollte ein dauerhaftes hochschuldidaktisches Angebot bereitstellen, das die Beratung und Weiterqualifizierung von Lehrenden sowie die Unterstützung bei der Studiengangsentwicklung umfasst.“ (S. 1). Die Angebote müssen aber nicht nur vorhanden sein, es ist auch notwendig, dass genügend Freiräume da sind, damit sie auch genutzt werden. Explizit ist es im Kölner Katalog zur Hochschullehre nicht formuliert, dass damit auch die Grundfinanzierung stehen muss, Lehre nicht chronisch unterfinanziert sein darf, aber es lässt sich logisch aus folgenden zwei Forderungen schließen:

„Zugleich müssen den Lehrenden die notwendigen finanziellen und zeitlichen Ressourcen bereitgestellt werden, um die Angebote wahrnehmen zu können (beispielsweise durch Weiterbildungsbudgets und Deputatsreduktionen).“ (S. 2)  Mit Blick auf ständige Veränderungen (z.B. Digitalisierung) wird in dem Kölner Katalog außerdem formuliert: „Die Veränderungen erfordern eine kontinuierliche Weiterentwicklung der Lehr-Lernszenarien in den Hochschulen. Lehrende benötigen hierfür zeitliche Freiräume und Förderangebote, z. B. in Form von Lehrinnovationsfonds. Ebenso benötigen hochschuldidaktische Einrichtungen die finanziellen und personellen Ressourcen, um hochschuldidaktische Formate und Angebote weiterzuentwickeln.“ (S. 2).

Grundlagen, Entwicklungen und Freiräume
Diese Elemente lassen sich mit der pragmatischen Forderung nach mehr Puffer, mehr Zeit und Ressourcen zum Experimentieren im Potpourris-Papier gut verbinden, da heißt es „Was die Hochschulen viel dringender als aufwendige Strategiedebatten brauchen, sind ausreichend „Puffer“ – also Zeit, Geduld und Vertrauen, um in der Lehre experimentieren zu können. Von vielen Organisationen außerhalb der Wissenschaft ist inzwischen erkannt worden, dass Puffer – der „Slack“ in Organisationen – keineswegs eine Verschwendung von Ressourcen sein müssen, sondern eine wichtige organisatorische Funktion erfüllen können.“ (S. 5, in der Veröffentlichung als Working Paper).

So sehr ich die Puffer (Slack)-Idee schätze, erscheinen mir zwei Fragen(bereiche) dazu wichtig:

1. Sollten diese Puffer nicht – wir befinden uns schließlich in der Wissenschaft – immer in der Auseinandersetzung mit verschiedenen Diskursen, auch mit Vorstellungen zur Leitidee unserer Institution stattfinden? Bieten Lehrverfassungen hierfür nicht gerade eine gute Reflexionsfolie? Bieten die vom WR vorgeschlagenen Lehrverfassungen und Lehrprofile nicht gerade eine gute Möglichkeit, solche Slacks als wichtiges Element in einem Hochschulprofil zu verankern? Warum wird im Potpurri-Papier dies Chance nicht gesehen?  Wie unterschiedliche Schwerpunkte in der Lehre sein können, zeigt m.E. sehr gut die Sammlung der Statements auf der Webseite Vorbild Pusteblumedes Expert*innentzwerks Lehre hoch N. Da finden sich sogar zwei Stimmen, die Lehrverfassungen ablehnt. Und wird mit der grundsätzlichen Kritik an den Lehrverfassungen nicht längere Entwicklungen in diesem Bereich übersehen? So wollen ja bspw. Biggs und Tang 2007 auf Hochschulebene definieren, was die Outcomes der Absolvent*innen generell sein sollen. Wenn die Lehrverfassungen kritisiert werdne, sollte eine Auseinandersetzung sich auch mit diesen Forderungen auseinandersetzen.&nbsp

2. Die Idee der Slacks kenne ich vor allem von google, ist das so einfach auf die Hochschule und speziell auf den Bildungsbereich übertragbar? Da bin ich skeptisch und habe das (recht kurz) auch schon mal hier ausgeführt.

Deutsche Lehrgemeinschaft auf bisherigen Konzepten entwickeln
Die Einrichtung einer Deutschen Lehrgemeinschaft (ein Begriff den der WR so nicht benutzt), begründet der WR damit, dass manche Entwicklungen aktuell gar nicht oder wenig stattfinden, obwohl sie förderlich für gute Lehr wären. Es ist durchaus überzeugend, dass dafür eine neue Organisationsform nötig ist, vergleichbar zur Förderung von Forschung und dem Austausch über Forschung. Das passt zum Diskurs über Scholarship of Teaching and Learning, es passt dazu, sich wissenschaftlich mit der (eigenen) Lehre auseinanderzusetzen.  Die Forderung deshalb: „Um dauerhafte Fördermöglichkeiten für Innovationen in der Lehre zu schaffen und um die Akteure und ihr Wissen zu vernetzen, empfiehlt der Wissenschaftsrat, die Einrichtung einer eigenständigen Organisation zu prüfen.“ (S. 35). Ob der WR dabei Scholarship (auch) im Blick hat oder ob man Spielräume dafür erst schaffen müsste und welche Rolle die hochschuldidaktische Forschung spielt, das ist dann noch weiter zu klären.

Anschlüsse und Konkretisierungen
Dass es also noch viel zu diskutieren gibt, insbesondere über konkrete Ausgestaltungen, das möchte ich gar nicht in Abrede stellen. Die Diskussionslinien in dem Papier des WR und der HRK halte ich aber an vielen Stellen für richtig und durchaus gut miteinander kombinierbar. Und auch bei den weiteren Überlegungen ist es aus meiner Sicht wichtig(er), Anschlusspunkte zu finden und Konkretisierungen (gemeinsam) anzugehen. Ein wenig diskutiert wird schon auf Twitter (vor allem zur Deutschen Lehrgemeinschaft) und in vereinzelten Blogs, neben den bereits genannten u.a. auch bei Tobias Schmohl. Von ihm gibt es übrigens (das letzte was ich zum Thema vor dem Schreiben dieses Bogposts gesehen habe und jetzt aber nicht mehr einbinden konnte) ein kurzes Statement in einem Artikel der Times Higher Education zu dem Thema (danke für den Hinweis).Weitere Ausführungen finden sich bei Jan Martin Wiarda im Blog, u.a. mit der WR-Vorsitzenden Martina Brockmeier. Die Diskussion muss m.E. deutlich stärker und breiter werden, ein Raum dafür sind sicherlich diese Blogs – aber auch Flure, Gremien, Arbeitstreffen, Fachgesellschaften und Tagungen. Dazu möchte ich auch in den Kommentaren gerne einladen.

Zwei Pfennig Digitalisierung
Randnotiz: Es ist schon erstaunlich, an wie vielen Stellen in den Papieren die Digitalisierung thematisiert wird. Vielleicht überblicke ich es nicht, aber mein Eindruck ist, dass das für andere Querschnittsthemen und Themen mit sicherlich vergleichbarer Relevanz – wie bspw. dem Thema Diversität – in ähnlichen Papieren bislang nicht der Fall war. Ich vermute, das hat auch damit zu tun, dass Digitalisierung von sehr vielen wichtigen gesellschaftlichen Akteuren immer wieder betont wird und deshalb in der öffentlichen Debatte mehr präsent ist, stärker als andere Themen. Ich lasse mich aber auch hier gerne eines besseren belehren. Kritischer Seitenhieb: Der Bezug auf Plattformen (S. 19, 22, 23) und Campus Management Systeme etwa ist eher optimistisch, nebulös und überholt, aber das liest sich besser hier beim Beitrag von Gabi Reinmann und dem Kommentar von Sandra Hofhues.

Transparenzhinweis: Als Vorstandsmitglied der dghd stehe ich hinter der Erkärung der dghd und halte sie für richtig und wichtig. Ich denke aber, dass ich nichtsdestotrotz in der Lage bin, sie auch kritisch einzuordnen.
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Biggs, John; Tang, Catherine (2007): Teaching for Quality Learning at University.

Deutsche Gesellschaft für Hochschuldidaktik (2017): Erklärung der Deutschen Gesellschaft für Hochschuldidaktik zur Entwicklung und Professionalisierung des Lehrens und Lernens an deutschen Hochschulen über 2020 hinaus – Kölner Katalog zur Hochschullehre. Erarbeitet von: Benjamin Engbrocks, Annette Glathe, Bettina JansenSchulz, Anne Cornelia Kenneweg, Peter Salden, Astrid Werner im Auftrag des dghd-Vorstands auf der Basis des Beschlusses der Mitgliederversammlung am 22.09.2016 in Bochum ÷ Verabschiedet durch die Mitgliederversammlung am 09.03.2017 in Köln. Online unter: http://www.dghd.de/wp-content/uploads/2015/11/Erklaerung-der-dghd_Koelner-Katalog_final.pdf

Hochschulrektorenkonferenz (2017): Finanzierung des Hochschulsystems nach 2020 Entschließung der HRK-Mitgliederversammlung vom 9.5.2017. Online unter: https://www.hrk.de/positionen/beschluss/detail/finanzierung-des-hochschulsystems-nach-2020/

Jorzik, Bettina (Hrsg.). (2013). Charta guter Lehre. Grundsätze und Leitlinien für eine bessere Lehrkultur. Essen: Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft. Online unter: https://www.stifterverband.org/charta-guter-lehre 

Kühl, Stefan; Langemeyer, Ines; Reinmann, Gabi; Schütz, Marcel (2017): Jenseits eines Potpourris von Plattitüden. Zur Forderung des Wissenschaftsrates nach „Lehrverfassungen“ an den Hochschulen. Working Paper 10/2017. Online unter: http://www.uni-bielefeld.de/soz/personen/kuehl/pdf/Kuehl_Langemeyer_Reinmann_Schuetz-Working-Paper-10_2017-Lehrverfassungen.pdf

Reinmann, Gabi (2011):  Hochschuldidaktik – unbelehrbar? Redemanuskript. Online unter: http://gabi-reinmann.de/wp-content/uploads/2012/10/Vortrag_Hochschuldidaktik_Sept20121.pdf 

Reis, Oliver (2013): Die Bedeutung der allgemeinen Hochschuldidaktik für die theologische Lehre. In: Christian Bauer, Martin Kirschner, Ines Weber (Hrsg): An Differenzen lernen, S. 117-126.

Wissenschaftsrat (2017): Strategien für die Hochschullehre. Positionspapier. Online unter: https://www.wissenschaftsrat.de/download/archiv/6190-17.pdf 

Currywurst-Portfolio – dghd16 in Bochum

Nicht viel mitbekommen
Ich hab nicht viel mitbekommen. Aber was ich mitbekommen habe, war toll. Es geht um die Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Hochschuldidaktik in Bochum. Es war einfach zu schnell. Nicht wegen der Tagung, sondern wegen mir. Meine erste Tagung als Vorstandsmitglied. Das mögen andere langweilig finden, ich fand es extrem aufregend. Auch weil wir auf der Tagung das Positionspapier Hochschuldidaktik 2020 in der Mitgliederversammlung besprechen wollten und am Ende der Tagung eine Podiumsdiskussion mit wichtigen Vertreter_innen verschiedener Bereiche stattfinden sollte. Und dann noch zwei Beiträge mit Lehrenden „meiner“ Hochschule gemeinsam, das Treffen der AG Digitale Medien und Hochschuldidaktik und ein internes Treffen der Forschungskommission. Nun ja, aufgeregt bin ich vor Tagungen immer (mal):

freu mich xtrem auf #gmw16 auf tolle loide, Diskussionen & Beiträge (tldr) bin vor Tagungen aber auch IMMER nervös. #mussmanauchmalsagen

— Timo van Treeck (@timovt) 28. August 2016

Ach, die Anderen!
So viel vorweg: Hat alles gut geklappt. Warum? Wegen der Leute! Die Leute, die vor der Tagung auch flexibel schauen, wo man noch untergekommen kann. Die Leute, die in Blogstöckchenaufrufen gute Beiträge einbringen. Die Leute, die in einer AG wichtige Themen anreißen und vorantreiben. Die Leute, die vor der Mitgliederversammlung online das Positionspapier ausgiebig und konstruktiv kommentiert haben. Die Leute mit denen man im Team per Whatsapp-Gruppe schnell abstimmen kann, wer welche Beiträge besucht. Die Leute die für die nächste Tagung in Köln vor Ort Eindrücke sammeln und die Leute, die gerne Auskünfte geben. Die Leute, die eine Tagungsatmosphäre schaffen, in der gute Beiträge gut aufgenommen werden können, weil Verpflegung und Orga stimmen. Könnte noch lange gehen, die Auflistung….gerne in den Kommentaren ergänzen!

Was habe ich sonst mitbekommen/mitgenommen?

Großes Wiedersehen und viele Arbeitsideen
Die AG Digitale Medien und Hochschuldidaktik hatte sich zuletzt auf der GMW-Tagung in Innsbruck in kleiner Runde getroffen, auf der dghd-Jahrestagung war der reservierte Raum propevoll. Und es gab zahlreiche Themen zu besprechen, zu twittern, Hinweise auf Beiträge von Mitgliedern der AG auf der Tagung zum Vertiefen und für mich persönlich gibt es mindestens zwei Themen an denen ich aktiv weiterarbeiten möchte. Eines, das ich selbst eingebracht habe: Die Möglichkeiten einer virtuellen/digitalen Hospitation zu erkunden und zu gestalten.
Ansonsten ist das eine Arbeitsgruppe, für die immer wieder zu wenig Zeit bleibt, obwohl sehr konkret gearbeitet wird. Ich würde jetzt schreiben, dass ein Treffen außerhalb der Tagungen mal wieder sinnvoll wäre, aber bis März ist das unrealistisch. Gleichzeitig gibt es ein paar Überlegungen, für virtuelle nächste Schritte. Da bin ich aber auch mit meinen Hausaufgaben noch in Verzug.

Schlechte Stimmung bleibt im Projekt, die Mitarbeiter_innen gehen
In der für mich recht launig unterhaltsamen, teilweise bösen (im guten Sinne) Keynote von Peer Pasternack lag der Fokus darauf, dass die Inszenierung von Erfolg ein wichtiger Aspekt sei, um auch als erfolgreich wahrgenommen zu werden. Was mir an der Stelle fehlte ist: Die Begeisterung dafür, eine Sache gut zu machen. Ein Blick, der darüber hinausgeht, nur Erleichterungen für Lehrende zu bieten. Meiner Erfahrung nach ist die vorgetragene rein ökonomische Sicht keine, die den Realitäten nur ansatzweise entspricht. Jeder will seine Tätigkeit gut machen, will Freude daran haben und gerade im Bildungsbereich darf das nicht fehlen. Und auch bei der Frage, wie man mit Mitarbeitern in zu Ende gehenden Projekten umgehen sollte, gehe ich mit der Antwort nicht mit. Hier erfolgte eine Abwägung zwischen: Orientieren sich die Mitarbeiter_innen frühzeitig anders, weil sie vom Ende des Projektes wissen und stören damit Stimmung und Erfolg des Projektes oder erfahren sie es erst spät und haben deshalb nur eine ‚kurze Trauer- und Umorientierungsphase‘? Letzteres kann und darf es nicht sein. Natürlich gab es in der Keynote damit gute kontroverse Anstöße, die man noch intensiv weiter bearbeiten sollte. Dass – wie Pasternack auch betonte – der Qualitäts-Pakt Lehre nicht nur ein Innovationsprogramm ist, sondern aus ihm auch Ausgaben gestemmt werden, die eigentlich zu den Normalaufgaben gehören, wie z.B. die Bewältigung von Studienanfängerzahlen, das kann man imho gar nicht oft genug betonen.

Mobile Räume
Im DisQ-Space-Part mit den TH-ProfessorInnen Yvonne-Beatrice-Böhler und Christian Kohls hatten wir dann viel aufgefahren: Ein großer Koffer, planten einen einen Drucker zu nutzen, Bilder der Blogstöckchensammlung aus diesem Blog waren auf DINA4 ausgedruckt und aufgehangen, ein großes Poster der Unterrichtstaxonomie von Baumgartner im Hintergrund und als Handout zum Einsortieren / als Anregung für Lehr- und Lernraumkonstruktionen, Impulskarten. Puh. War aber nicht erschlagend, sondern wurde sehr unterschiedlich von den Menschentrauben an unserem (an den anderen Stationen des DisQ-Spaces sammelten sich immer ähnlich viele Menschen) Stand genutzt. Der Ansatz, mit einem Kurzvortrag einzusteigen und dabei verschiedene Anregungen zu geben, einen Lehr-Lernraum zu entwickeln, hat sehr unterschiedliche, kreative Ideen hervorgebracht: So spiegelten sich in einem Raum-Setting mit beweglichen Objekten die verschiedenen Phasen des Think-Pair-Share, in einem anderen wurden virtuelle Räume und analoge Räume als zwei Raumebenen miteinander verknüpft (inkl. Rutsche) und die Auswirkungen eines beweglichen, fahrenden Raumes auf Lernprozesse und Austausch wurde von den Teilnehmenden thematisiert.

Lernräume in der Verbindung von Präsenz & Virtualität gestalten; individuelle Kompetenzentw. ermöglichen #dghd16 pic.twitter.com/N3CfPlAagc

— Angelika Thielsch (@AThielsch) 22. September 2016

Auch konnten wir Einblick erhalten, in eine Raumplanung, die ein Teilnehmender in seinem Notebook parat hatte. Gäbe hier noch viel mehr zu berichten, eine systematische Auswertung ist geplant (mehr Fotos noch am Ende des Posts).

Nachwuchspreis für hochschuldidaktische Forschung: Textarbeit
Den Johannes-Wildt-Nachwuchspreis für hochschuldidaktische Forschung konnten wir dieses Jahr für Anja Centeno Garcías Promotionsarbeit zum Thema „Textarbeit in der geisteswissenschaftlichen Lehre Linguistische sowie didaktische Analyse und Modellierung für die Hochschule“ vergeben. Was mich besonders gefreut hat, da es vielleicht ein Thema ist, das nicht jeder direkt mit Hochschuldidaktik verbindet. Die Vergabe zeigt damit, wo überall aus den Fächern eine komplexe, angemessen, theoriegeleitete Auseinandersetzung mit Hochschuldidaktik möglich ist. Hierzu noch weiteres spätestens im nächstens dghd-Newsletter. Die Ausschreibung für die Vergabe des Preises bzw. der Preise (es können auch Master und Bachelor-Abschlussarbeiten eingereicht werden) im Rahmen der dghd-Tagung an der TH Köln läuft übrigens noch bis zum 15.12., mehr unter: http://www.dghd.de/nachwuchspreis-hochschuldidaktische-forschung.html 

Zeit im Flipp
Noch kurz erwähnt, aber hoffentlich auch in nicht allzu ferner Zukunft als Veröffentlichung nachzulesen: Eine Professorin von uns, Yvonne Beatrice Böhler, hatte die Idee, den Workload der Studierenden in ihrer Flipped-Classroom-Umsetzung zu untersuchen. Ich habe ein wenig dabei beraten, wir haben uns auf die ZeitLast-Studie von Metzger und Schulmeister bezogen, sie hat viel erhoben und interpretiert, fertig war eine Einreichung für die dghd-Tagung, die auch für einen Vortrag angenommen wurde. Freut mich sehr, dass der Beitrag auch gut besucht war und ein paar weiterführende Rückfragen aus dem Auditorium kamen.

Wer sind wir eigentlich?
Wichtig – als ein vom Vorstand mit Unterstützung der Tagungsausrichter organisierter Teil der Tagung – ist mir noch ein Blick auf die Podiumsdiskussion zur Zukunft der Hochschuldidaktik. Grundlage war hier das zur Diskussion bereits von der Mitgliederversammlung der dghd verabschiedete Positionspapier Hochschuldidaktik 2020. Neben ein paar noch folgenden Notizen, die ich mir zu den Aussagen aus dem hochrangigen Podium und der dortigen wirklich wichtigen und guten Diskussion gemacht habe, liegt mir folgendes am Herzen:
Was auf dem Podium noch unterbeleuchtet blieb oder zumindest nicht explizit wurde ist, dass es viele Leute im Qualitätspakt Lehre gibt, die von den angedachten Maßnahmen nicht profitieren werden, eben weil sie im Third Space unterwegs sind, zwischen Akademie und Verwaltung zwischen den Stühlen sitzen und sich dort dafür einsetzen, dass die Entwicklung der Hochschule und der Lehre eine Aufgabe ist, die professionell vorangetrieben und begleitet wird. Kurz gesagt: Wo bleiben die Hochschuldidaktiker, wenn sie nicht (nur) Fachwissenschafler_innen oder Professorinnen und Professoren werden/sind. Wer sind wir? Und wer sieht uns so….eigentlich auch schon wieder eine Überleitung zur nächsten Jahrestagung….

Hier aber noch die Notizen zur Podiumsdiskussion, nun ja, in Notizenform:

  • Keller: Gute Lehre ist ein Job für Profis; Wichtig, dass es Zeit und Motivation gibt, ein Professionswissen zu entwickeln und nicht alle 2 Jahre die Belegschaft ausgewechselt wird
  • Donhauser: Wichtig für die Förderung sind direkte Auswirkung auf die Lehre wie bspw. bei Instudies; Im QPL bislang nur punktuell: Wandel, dass sich Hochschullehrende als Lehrende begreifen; didaktische Ausbildung; man muss reingehen in die Fächer
  • Merkt: Wenn wir Qualität kontrollieren, dann geht das nur, wen die Kriterien von Lehrenden mitentwickelt werden.
  • Donhauser: QPL als institutioneller Schub gedacht; Viele haben Anreize gesetzt, in die Forschung zu gehen; Instrumente á la DFG für die Lehre wichtig; LehrehochN macht da ein gutes Angebot in die Richtung
  • Esken: Hochschulen müssen eigenen Anspruch an die Lehre entwickeln und die Politik kann dazu Rahmenbedingungen schaffen; Forschung zur Hochschuldidaktik ist wichtig
  • Donhauser: Habe in der 2. Antragsrunde sehen können, wie Best-Practice diffundiert ist; Wenn man überhaupt keine Maßnahmen nach dem QPL macht, dann brechen Sachen zusammen, die nicht wegbrechen sollen.
  • Teuscher: Digitalisierung als Impuls für den Restart der eigenen Lehre; Neuberufene müssen in den ersten Jahren substantiell unterstützt werden
  • Donhauser: haben mit Frau Wanka darüber diskutiert, dass das verlorenes Wissen wäre, wenn das (QPL) nicht weitergehen würde.
  • Keller: Das Thema Lehrakademie ist auf europäischer Ebene nicht tot
Und wer den langen Blogpost bis hier hin durchgelesen hat, hat sich noch eine Belohnung verdient, nämlich einen Hinweis auf eine schöne Keynote, die als Gegenpol zur Eröffnungskeynote zusammen mit Hinweisen zur Zeitersparnis (z.B. darauf wie sehr sich mündliche Prüfungen im Vergleich zu schriftlichen rechnen, Folie 22) gerade die Quality-Time mit Studierenden aber auch die Bedeutung familiärer Quality-Time betonte: 
Stimulating meetings in Bochum – thank you!
My slides here: https://t.co/LwTrlyGxH6

#dghd16 pic.twitter.com/ug3YnC3Sjp

— Kristina Edström (@KristinaEdstrm) 23. September 2016

Currywurst-Portfolio

Noch ein letzter Hinweis auf die kleinen Feinen Sachen die zeigten, wie sehr die Tagung von den Tagungsorganisator_innen beim ifb-Bochum und den weiteren in Bochum Beteiligten durchdacht war. Ein Portfolio mit Reflexionsfragen zu dem Tagunsgprogramm unterstützte unter dem Motto Gute Lehre erkennen, entwickeln, etablieren dabei, den individuellen Gewinn aus der Tagung festzuhalten. Fand ich einfach genial. Und dann passend zu Bochum und Grönemeyer dann noch ein Currywurst-Stand.
Es gab viele solcher Kleinigkeiten auf der mit über 500 Teilnehmenden wieder sehr großen Tagung. Was will man mehr?

Nach der Tagung ist vor der Tagung ist Vorfreude
Da wir in diesem Jahr mit der Tagung ausnahmsweise im September waren, ist die nächste Tagung schon wieder recht nah: Vom 8.-10. März (Preconference am 7.3.) wird die Jahrestagung der dghd unter dem Motto Prinzip Hochschulentwicklung – Hochschuldidaktik zwischen Profilbildung und Wertefragen an „meiner“ Hochschule, der TH Köln stattfinden. Der (verlängerte) Call läuft noch wenige Tage bis zum 24.10., vielleicht sieht man sich also in Köln. Vofreude ist definitiv da und steigend!