Wieso nicht OER als Tagungsergebnis?

In verschiedenen Gesprächen war es schon mal Thema, niedergeschrieben habe ich es aber noch nicht: OER passt nicht in den Hochschulkontext, wenn es nicht anschließt an das, was Wissen im Hochschulkontext ist, nämlich: nicht gesichert, keine Konserve.

Das Wissen hier ist immer vorläufig, im Idealfall auf dem Stand neuester Forschung oder es ist etwas, das sich gerade (noch unfertig) aus der Forschung entwickelt. Deshalb ist die Verbindung von Forschung und Lehre an Hochschulen auch so wichtig: Hier können neue Erkenntnisse irritiert, diskutiert aber auch – zum Beispiel im Forschenden Lernen mit den Studierenden entwickelt werden.

Wenn ich dann Material von anderen nutze, verlasse ich den Forschungsmodus. Ich könnte aber auch gerade mit der Orientierung darauf hin, weiterzuforschen und gerade den Studierenden weitere Forschung zu ermöglichen OER aufgreifen und anders nutzen, um zu forschen.

Ich gebe zu, das ist hier nur eine schnelle, grobe Skizze, die ich aber trotzdem in dem Stadium schon zur Diskussion stellen will, weil ich das bislang wenig (gar nicht) gelesen habe (Disclaimer: Die ZFHE-Ausgabe „Open Education im Kontext der Digitalisierung“ steht noch auf meiner Leseliste)

Würde man nun Openscience, Forschendes Lernen und OER  sowie OEP miteinander verbinden, dann könnten Forschungspraktiken, ganz anders von Studierenden aufgegriffen und diskutiert sowie weitergeführt werden. Möglicherweise könnte hierzu das Zitatrecht auch ausreichen, ich vermute aber nicht, weil ich für die didaktisch gestalten Lehrsituationen auch Phasen brauche, in denen ich nicht ausschließlich einer Systematik zur Generierung wissenschaftlicher Erkenntnisse folge, sondern diese forschenden Tätigkeiten aus einer Lernlogik heraus einordne und so gestalte, dass sie – je nach Studiumsphase, Kompetenzentwicklungsmodell etc – hilfreich für die studentischen Lernprozesse sein können,

Aber wo werden die Forschungsergebnisse und -prozesse aktuell in einer Form publik gemacht, die  relativ leicht weiterverwendet werden könnten bzw. sogar auf Diskussion und Weiterverwendung angelegt ist? Richtig: Auf Tagungen. Hier Aufzeichnungen und Beiträge nicht nur Open-Access, sondern direkt als OER zu publizieren, könnte die Integration in Lehrtätigkeiten und andere Transferaktivitäten erleichtern. Auch wenn man wohl davon ausgehen darf, dass es E in Educational Resources damit meist noch nicht stark ausgeprägt hast.

Im Post „Missing at OER“ hatte ich das ganz kurz angerissen. Was oft fehlt ist die „Reflexion des Prozess-Charakters von Hochschulbildung, Betrachten der Aktivitäten rund um das Material herum (wo muss es anschließen, von wo führt es weiter, wie können mehrere OER verzahnt werden?)“

Also: Warum wird so selten aus Tagungen heraus OER publiziert? Habt Ihr dazu Meinungen / Thesen? Oder sind meine Ausgangsüberlegungen schief / falsch, passiert das gar ständig? Mir schien die Frage noch mal relevant, nachdem die Diskussion auf Twitter zu der – m.E. sehr wichtigen Tagung  – EdTech Resarch-Forum zeigte, dass OER nicht unbedingt selbstverständlich ist. Dass auf Nachfrage jetzt aber schon eine Keynote als OER eingestellt ist, finde ich extrem cool. Danke!

Und nur, um es auch hier noch mal zu sagen: Aufzeichnungen der Jahrestagungen der Deutschen Gesellschaft für Hochschuldidaktik (dghd) haben wir hier zu einem großen Teil als OER eingestellt. 

Wer diese und andere Fragen zu OER nicht online diskutieren will, ist übrigens sehr herzlich zu unserem ersten OER-Meetup nach der langen Pause eingeladen: Am 23.10., 16.00, Standort Südstadt der TH Köln in der Claudiusstraße 1, Raum 400. Mehr im Blog des OER-Meetup Cologne.

Besondere Anforderungen an Innovation in der Hochschullehre – Organisationseinheit und Co

Mal hieß es Akademie für Lehre, dann war von Lehrgemeinschaft die Rede (allerdings nicht von denjenigen, die das Thema vorangetrieben haben), nun soll eine  „Organisationseinheit“ „Innovation in der Hochschullehre“ kommen. Heute ist die Frist für die Interessensbekundung bei der GWK. Daran geknüpft sind viele Hoffnungen, wie Johannes Wildt und Karoline Spelsberg Papazoglu in einem Gastbeitrag bei Jan-Martin Wiarda deutlich gemacht haben. 

Das kann man nur unterstützen – und ein paar Aspekte betonen die ich von beiden dort nicht gelesen habe, die aber für eine solche Organisationseinheit wichtig werden, wenn dieses Gebilde mehr sein soll, als ein bürokratisches Ding, das nur der Form nach Innovationen in der Lehre voranbringen soll. Dazu gehört nicht zuletzt – auch die Frage nach einem weniger uninspirierten Namen (vgl. dazu die etwas heitere Twitterdiskussion hier). 

  1. Die Sache selbst misslingt

Lehre ist – wie alle Bildungsprozesse – mit einer hohen Mißerfolgswahrscheinlichkeit verbunden. Inwiefern das Intendierte (im Idealfall Bildung) erreicht wird, ist enorm komplex, kontextabhängig, kontingent und ein gemeinsames Resultat des Zusammenspiels ganz verschiedener Personen (im mikro-Bereich von Lehrenden und Lernenden/Studierenden), die auf jede Handlung und Situation mit vielfältigen Mustern, Motiven, Handlungen und Nichthandlungen reagieren und agieren. In der Pädagogik spricht man auch von Technologiedefizit: Legt man einen Schalter um, kann man nicht sicher sein, dass das Licht angeht. Technologien funktionieren so, Menschen nicht. Damit muss sich die Organisationszeit kritisch auseinandersetzen. Das ist ein, wenn nicht der Kern der in diesem Bereich angemessenen Transferfragen. Wenn das die neue Organisationseinheit unter den Tisch fallen lässt, läuft sie leer. Weitere Personen im third-space (Qualitätsmanagement, Hochschuldidaktik, Dekan*innen, Hochschulforscher*innen, Bildungsforscher*innen – wenn man sie extra in den Blick nimmt und dabei nicht die Praktiker und Forschenden der Hochschuldidaktik vergisst, vgl. auch die Akteure aus dem offenen Brief der dghd an die GWK auf S. 2). Die Sache der Bildung selbst misslingt….oft, zunächst, zumindest in der Breite, die neben Selektion und Allokation der Auftrag einer Bildungseinrichtung ist. Diesen Bremsschuh gilt es zu berücksichtigen, ohne deshalb untätig zu werden / zu bleiben.. 

  1. Welche Kompetenzorientierung hätten Sie gern?

Ansprüche daran und Verständnis davon, was gute Lehre ist, sind sehr divers. Das beginnt schon bei Begrifflichkeiten wie den von Wildt & Spelsberg-Papazoglou im Gastbeitrag bei Jan-Martin Wiarda angesprochenen shift from teaching to learning, bei der Studierendenzentrierung, der Kompetenzorientierung, usw.. Und das hat mindestens zwei Seiten:  

Die A-Seite: die Übersetzung in den Lehralltag ganz unterschiedlich denkender Disziplinen (mit ihren Sprachcodes), z.b. wenn Studierendenzentrierung als Kundenorientierung übersetzt wird, gleichzeitig mit Kunde kein bloßer Konsument gemeint ist. Oder wenn Kompetenzorientierung gesehen wird als (neoliberaler) Versuch, hohen Bildungsziele, Bildung als Selbstzweck, als Persönlichkeitsentwicklung zu unterlaufen. 

Die B-Seite: die sehr weichen Definitionsgrenzen, mit denen – nicht nur – in der Hochschuldidaktik (HD) z.T. agiert wird. Vermutlich auch, weil sich die immer noch mehrheitlich im Projektstatus befindliche Hochschuldidaktik (eine empirische Untersuchung der nachhaltigen Verankerung von HD-Einrichtungen und Stellen sowie Anzahl und Status  freiberufliche tätiger HDler“innen liegt bislang nicht vor – disclaimer: bei uns an der TH gibt es eine solche nachhaltige Verankerung) aus strategischen Gründen an lokal vorherrschende Vorstellungen anpassen will oder muss. Eine Organisationseinheit – mit stärkerer Einbindung der Hochschuldidaktik, wenn nicht gar Gestaltung durch die Hochschuldidaktik, und der unter 1 genannten Akteure könnte sich der Aufgabe annehmen, diese begriffliche  Grundlage für Transfer zu unterstützen, dann muss man sich immer noch der Problematik aus 1 stellen.

3. Hochschuldidaktiker*innen als besondere Expert*innen – in (besonderer) Kooperation

Das Feld der Hochschulentwicklung – die Akteure der Hochschuldidaktik zeigen es – ist aus vielen verschiedenen Bezugsdisziplinen „gebaut“. Um wirksam und anschlussfähig sein zu können, ist der Anspruch an Wissenschaftlichkeit wichtig (vgl. bspw. Salden 2019). Vielleicht als (zukünftige) Disziplin, aber vor allem als ein Wissenschaftsgebiet, das interdisziplinär, transdisziplinär und infradisziplinär (Dank für den Begriff, dem hoffentlich noch eine Veröffentlichung folgt, an Rüdiger Rhein) agieren muss. Das hieße mit dem Fach gemeinsam auch das Fach verändernd – insbesondere in der Lehre. Dies können Hochschullehrende allein nur begrenzt leisten, weil sie einerseits in ihrem Fach fest verankert sind und andererseits nicht die Ressourcen für hochschuldidaktische Überblicke, Vergleiche etc. aufbringen können. Wildt & Spelsberg-Papazoglou sprechen von Prozesspromotoren. Was diese – z.T. in Abgrenzung zu Hochschullehrenden, in Überschneidungen und gemeinsam – an Expertise einbringen können, hat die Kommission Weiterbildung der dghd in dem Papier “Wer macht was? Rollen und Kompetenzprofile für hochschuldidaktisch Tätige” eindrucksvoll zusammengestellt. In politischen Diskussionen und Programmen, bleiben diese (also wir) immer wieder  ungenannt. Die Verzahnung in einer Organisation – die im Netzwerkcharakter schon vielfach erfolgt – könnte ein entscheidender Faktor für die systematische Entwicklung der Hochschullandschaft sein.

  1. Das geht hier nicht – Rahmenbedingungen und Regelunge

Dass viele Innovationen – wenn sie wirksam werden sollen, bloße Ideen sind keine Innovatione – wegen verschiedener Rahmenbedingungen und Regelungen nicht auf die Strecke kommen, ist leider so klar wie problematisch. Das aber nur kurz angerissen:  Kapazitätsverordnungen, die es erschweren, bestimmte Sachen in der Fläche umzusetzen; wenig Anreize für Lehrende gute Konzepte weiterzugeben; Befristungen im Mittelbau als Hindernis sich langfristig zu engagieren (warum sollten Lehrende sich in den Gremien z.B. für Studiengangsentwicklung engagieren, wenn die Umsetzung des Beschlossenen jenseits ihrer Vertragslaufzeiten liegt….

  1. sollen, können, wollen, dürfen als Voraussetzung für change 

Oftmals widersprechen sich im System verschiedene der für Change hilfreichen Dimensionen. Soll ich, kann ich, will ich, darf ich. Unwillen scheint mir seltener ein Hindernis. Oftmals beissen sich offizielle Anforderungen und (versteckte) Verbote. Oder Fähigkeiten sind da, werden an der vorhandenen Stelle aber nicht gewollt. Und, und und. Apropos: Diese Dimensionen habe ich aus Gesprächen und Workshops mitgenommen, mich aber nicht weiter um Zitate dafür gekümmert. Wer also die Systematik wiedererkennt und zuordnen kann, möge sehr gerne entsprechend mit Quellenhinweis unter diesem Post kommentieren. Würde mich sehr freuen!

Bleibt ein letztes kritisches Wort zu Innovationen: Gute Lehre, sich entwickelnde Lehre kann nicht Veränderung um jeden Preis sein. Innovationen laufen in diesem Bereich schnell Gefahr, nur für ganz spezifische kleine und ohnehin experimentelle Settings entwickelt zu werden. Es wäre ja – auf anderer Ebene – sehr innovativ mehr das Bewährte zu bewahren (und abzusichern), das zu erkunden was gut ist, zu erforschen warum es schon gut ist und diese Erkenntnis (mehr) zu nutzen, um anderes zu verbessern. 

Dank an Cornelia Kenneweg für den Mailaustausch zum Thema – zugegebenermaßen vor einiger Zeit. Wünschte ich hätte den Beitrag schon früher veröffentlichen können, aber manches braucht halt Zeit, ist trotzdem noch unfertig, auch wenn es wichtige (politische) Deadlines als Bezugspunkte gibt.

Angewiesen auf Wissenschaftlichkeit

Sorry, aber ernstgenommen kann die Antwort auf die Frage

was ein Hochschulstudium ausmacht und was davon warum digitalisierbar ist oder warum nicht

nur Folgende sein: Die Einheit von Forschung und Lehre! (zumindest auf den ersten Teil der Frage). Ein Hochschulstudium bereitet (siehe auch die Folien hier) „auf berufliche und gesellschaftliche Handlungsfelder vor, die auf Grund ihrer Komplexität auf Wissenschaftlichkeit angewiesen sind“ (HRG, HZG NRW).

Ich/Man soll also im Hochschulstudium Wissenschaft erlernen, am besten in dem ich Wissenschaft betreibe und darüber einen wisssenschaftlichen Zugang zu gesellschaftlichen und beruflichen Fragen entwickeln. Dieser wissenschaftliche Zugang bedeutet auch, dass es nicht nur um Problemlösungen geht, sondern darum sich in neuen Situation nicht nur adaptiv, sodern „transformativ“ zu verhalten (vgl. Reis 2014, S.95f), indem man nicht nur Lösungen findet sondern auch Probleme neu gestaltet, interpretiert und verändert. Um das zu können, muss ich selbst forschend aktiv werden. Wie viele Ansätze und Ausprägungen je nach Fach, Hochschule, didaktischem Konzept, etc. es dazu gibt, das wäre mindestens einen eigenen Blogpost wert, einiges findet man bspw. in der AG Forschendes Lernen. Indem es in der Lehre dann nicht darum geht, vorhandenes Wissen zu übertragen, sondern forschend (neue) Erkentnnisse zu produzieren, greifen einige Modelle der Digitalisierung nicht. Deutlich wird dann auch, dass OER im Hochschulbereich immer auch OA mit einschließen muss oder die OER vor allem auch OEP meinen und einen Forschungsbezug haben muss . Ich fände es aber als Experiment immer noch einen Forschungs-Mooc spannend, hatte darüber auch schon mit prominenten MOOC-Akteurinnen mal gesproche, die Überlegung aber nicht weiter verfolgt. Der exif-MOOC an der Fernuni-Hagen kam dem schon recht nahe, nur war das Ziel dort, wenn mich nicht alles täuscht ja nicht, im MOOC selbst forschend tätig zu werden.

Die Einheit von Forschung und Lehre lässt sich also grundsätzlich schon (in Teilen) digitalisieren, je nach Forschungsfragen und Forschungsobjekten sind Teile der Vorgehensweise aber prinzipiell nicht im Gesamten digitalisierbar (wenn ich konkret in der anwendungsorientierten Forschung etwas entwickeln oder Formen will, das Materie hat bspw.; zu Materie und Digitalem kritisch auch weiter unten). Gleichzeitig liegt viel Potential darin, Forschung digital stärker so zu dokumentieren oder zu gestalten, dass sie aufeinander aufbaut, widerlegt werden kann, transparent ist. Zu Open Science hat sich ja gerade Oliver an vielen Stellen geäußert. Wenn dabei Studierende beteiligt sind, kann das aber auch neue nicht unproblematische Herausforderungen mit sich bringen, da (web-)öffentliche Fehler noch nicht von jedem als positive Entwicklungen angesehen werden.

In Forschung stark zu sein und das mit in die Lehre zu übernehmen oder aus einer starken Lehre die Forschung anzuregen ist (neben der rechtlichen Hoheit über bestimmte Zertifikate) imho ein strukturelle Stärke der Hochschulen. Strukturell bedeutet hier aber auch, dass es ein Ideal ist, nicht unbedingt immer Praxis (deutlich dazu Tenorth, der diese Einheit als „Leitbild und Fiktion“ (ebd. 2010, S. 128) sieht). Folglich müssen die Hochschulen diese Verbindung stärker ernst nehmen und sowohl Lehre als auch Forschung möglichst professionell, d.h. wissenschaftlich betreiben (so Prenzel in einer Keynote bei der Tagung Studienreformprojekte in Sprach-, Literatur-, Geschichtswissenschaften), nach gleichen bzw. vergleichbaren Standards. Dies wäre auch eine Kernkompetenz, die Hochschulen in der Auseinandersetzung mit der Disruption von Geschäftsmodellen (vgl. dazu bspw. Matthias Andrasch hier) weiter stärker sollten.

Das heißt aber auch, dass wir an den Hochschulen das Studium so gestalten, dass eine spezielle akademische Kompetenz entwickelt werden kann, die folgende Eigenschaften hat bzw. (mit Blick auf die letzten beiden Punkte) vorbereitet auf:

Reinmann, Gabi (2015): Prüfungen und Forschendes Lernen. In: H. A. Mieg und J. Lehmann (Hg.): Forschendes Lernen: Programmatik und Praxis. Online verfügbar unter: Reinmann, Gabi (2015): Prüfungen und Forschendes Lernen. In: H. A. Mieg und J. Lehmann (Hg.): Forschendes Lernen: Programmatik und Praxis, S. 1 URL: http://gabi-reinmann.de/wp-content/uploads/2014/12/Artikel_Pruefungen2_ForschendesLernen_Dez14_Preprint.pdf [04.07.2016].

Schaper, Niclas (2012): Fachgutachten zur Kompetenzorientierung in Studium und Lehre. Unter Mitarbeit von Oliver Reis, Johannes Wildt, Eva Horvath und Elena Bender. Hg. v. HRK. HRK, S. 22f. URL: https://www.hrk-nexus.de/fileadmin/redaktion/hrk-nexus/07-Downloads/07-02-Publikationen/fachgutachten_kompetenzorientierung.pdf, [04.07.2016].

Wick, Alexander (2011): Akademisch geprägte Kompetenzentwicklung: Kompetenzorientierung in Hochschulstudiengängen. Heidelberg: HeiDOK, S. 5f. URL: http://archiv.ub.uniheidelberg.de/volltextserver/12001/1/Wick_Akademisch_gepraegte_Kompetenzen.pdf [04.07.2016].

Reis greift dies auf und formuliert weiter „Damit  ist  jeder  Vorstellung  von  Kompetenz der Boden entzogen, die Kompetenz als abstrakte Selbstorganisationsfähigkeit begreift oder auch als bloßes funktionales Verhaltenslernen.“ (Reis 2014, S. 27). Ich brauche also immer disziplinäre „Objekte“, mit/an denen ich akademische Kompetenzen entwickel. Und dabei hat dann „Bildung mit der (Entwicklung der) Bereitschaft zu tun, mit dem Bereich des Nichtwissens in dauerhaften Kontakt zu treten.“ (Reichenbach 2011, S. 11).

Wenn man diese Überlegungen mitgeht, schließt sich die Frage an: Was davon lässt sich digitalisieren? Wenn das „Exploring“ von dem Jöran schreibt so etwas wie forschendes Erkunden meint, dann scheint es dabei wichtig zu sein, dass die Lernenden beieinander sind. Da bin ich dabei. Wenn es ein gemeinsame Forschen meint, im Sinne einer Einheit von Forschung und Lehre, macht es da imho aber keinen Sinn, die Lehrenden aus dieser Gemeinschaft der Forschenden auszuschließen. Abgesehen davon gäbe es auch noch weitere Gründe, aber die führen mich von meiner These weg. 😀

Und wenn Markus davon schreibt wie sich mit cmoocs „Menschen und Themen kreativ zusammenbringen und eine Dynamik entwickeln [lässt], die der diskursiven Kultur des Seminars nahe steht.“ Dann bedarf das für mich immer noch eines (gemeinsamen) Impulses, eines Ortes, von dem das gemeinsame forschende Miteinander ausgehen kann, zumindest meist (teil)präsent.

Für die Verbindung von Forschung und Lehre kenne ich zumindest (noch) keine guten alternativen Herangehensweisen.

Und das ganze erfolgt (auch) vor dem Hintergrund, dass die Hochschulen frei in Forschung und Lehre sind, d.h. selbst Themen setzen und verfolgen und dabei der Wahrheit verpflichtet sind. Inwiefern sie dann dafür digitale Infrastruktur nutzen sollten, die einer anderen Verwertungslogik folgen, sehe ich auch kritisch (und blogge gerade trothzdem nicht in einer eigenen WordPress-Installation….). Dinge zu Ende zu bearbeiten, wohl wissend das Wissenschaft ein grundsätzlich unabschließbarer Prozess ist, sei es als theoretische oder experimentelle Konstrukte und dabei auch gesellschaftliche Verantwortung zu übernehmen und zu gestalten ist etwas, was ein Hochschulstudium ausmacht und auch im Digitalen erfolgen sollte, Betonung auf auch. Nicht zuletzt weil sich hier ganz neue Potentiale der Erschließung von Welt ergeben (werden), von digitalisierter und nicht digitalisierter Welt. Aber vielleicht ist diese Unterscheisung ja ohnehin schwierig, wenn es die Digitaliserung gar nicht gibt, wie Aleks Scholz und Kathrin Passig schreiben.

Weitere Quellen:
Reichenbach, Roland: Bildung und Kompetenz. Variationen zum Begriff des »trägen« Wissens. In: AVM-aktuell 2011 (1), S. 9–16. Online verfügbar unter http://a-m-v.ch/wordpress/wp-content/uploads/2011/03/Reichenbach-Manuskript.pdf, zuletzt geprüft am 09.05.2016.

Reis, Oliver (2014): Systematische Theologie für eine kompetenzorientierte Religionslehrer/innenausbildung. Ein Lehrmodell und seine kompetenzdiagnostische Auswertung im Rahmen der Studienreform. Univ., Diss.–Zugl.: Bochum, 2013. Berlin: LIT (Theologie und Hochschuldidaktik, 4).

Tenorth, Elmar (2010): Was heißt Bildung in der Universität? Oder: Transzendierung der Fachlichkeit als Aufgabe universitärer Studien. In: die hochschule (1), S. 119–134. Online verfügbar unter http://www.hof.uni-halle.de/journal/texte/10_1/Tenorth.pdf, zuletzt geprüft am 12.06.2016.

Dies ist ein Beitrag zur „Blogparade: Was macht ein Hochschulstudium aus?“ initiiert von Oliver Tacke.

Halb voll oder halb leer? #jfmh16

Wie misst man Tagungserfolge? In Veröffentlichungen und in aus den Tagungen abgeleiteten Maßnahmen? In Teilnehmendenzahlen oder der Medienberichterstattung? In Erkenntnissen?

Für mich beginnt die Antwort auf die Frage schon – wie könnte es anders sein bei constructive-alignment-atmenden Hochschuldidaktikern – mit dem Motto, dem Ziel der Tagung, des Themas das bearbeitet wird (ok, ok, so operationalisiert wie in guten alignments ist es da nicht).

Als in der Vorbereitungsphase der Tagung „Junges Forum Medien und Hochschulentwicklung“ das Motto aufkam (und zwar nicht von mir, deshalb darf ich das hier unverdächtig des Selbstlobs sagen), war ich schlichtweg begeistert: „die vermessen(d)e Bildung“ (hab ich hier auch schon gesagt). Ein Thema, das geradezu danach schreit, von Personen aus oder mit Bezug zu den verschiedenen beteiligten Fachgesellschaften gemeinsam behandelt zu werden.

Doch schade: Der Einsteig zur Tagung war für mich erdenklich schlecht. Das Glas also eher halb leer, denn: Den ersten Tag musste ich kurzfristig absagen und so viel spannendes verpassen. Umso besser, bei Sandra und Sabine (die die Bedeutung von Feedback und Zeit sehr anschaulich ausführt) dazu nachlesen zu können. Großes Glück: Am Abend des erstens Tages noch ein paar versprengte Freunde und KollegInnen anzutreffen, um direkt in die Diskussion zu quantified self, Erforschung der eigenen Lehre und vieles mehr einzusteigen.

Was ich allein schon aus der Diskussion wieder mitnehmen konnte, ist ein neu geweckter Wunsch, jetzt doch wirklich mal Sloterdijks „Du musst Dein Leben ändern“ zu lesen. Er bezieht sich dort auf Rilkes Gedicht Archaischer Torso Appols, was wiederum zu dem passte, was ich zur Keynote von Thomas Damberger gehört hatte: „Da ist keine Stelle, die dich nicht sieht.“ Obs direkt in der Keynote auch vorkam….werde ich wohl in der Aufzeichnung nochmal prüfen können.

Ein bisserl experimentiert mit der Idee, was quantified self für Lehre bedeuten könnte, hatte ich mit ein paar Kolleginnen schon mal vor längerem, vielleicht ist es ja für jemanden interessant, deshalb hier verlinkt der Artikel aus dem Colab7-Abschlussbericht (quantified auf S. 70).

Zur Erforschung der eigenen Lehre, der Keynote von Josef Wiemeyer, hätten mich vor allem noch mal die Bezugspunkte zu Scholarship of Teaching and Learning (kurz SoTL) interessiert. Wie das bspw. in Schweden umgesetzt ist, hat uns an der TH Köln vor noch nicht so langer Zeit nochmals Thomas Olsson nahegebracht. Und wer sich mit den Hürden und Chancen des SoTL weiter wissenschaftlich auseinandersetzen will, kann das bis zum 15.1.2017 bei einem Call zu dem Thema.

Am zweiten Tag des JFMH gings für mich persönlich aufregend weiter: Ankündigung der Keynote von Ilona Buchem zum Thema Open Badges. Wie wir später noch mal feststellten, verbinden uns zahlreiche Projekte und so ist eine solche Vorstellung (auch wenn sie nur ganz kurz und schnell ist) gar kein so leichtes Unterfangen, aber gleichzeitig auch eine Ehre und Freude. Beeindruckend: Wie offen Badges (noch) sind und damit einerseits gestaltbar und andererseits auch noch an vielen Stellen im Experimentierstadium. Sie setzen aber den Fokus auf eine elementare Frage: Was wird gelernt und wie können andere Erkennen, was gelernt wurde. Hier von verschiedenen Stellen die Thematik der Kompetenzentwicklung weiter konsequent zu bearbeiten ist wichtig. Dass das wenn man eines der ursprünglichsten Ziele von Bologna, die Mobilität, in den Blick nimmt nicht weniger Komplex wird, zeigte sich besonders, als Ilona auf die Weltkarte im Europen Badges Network schaute und Johannes (Konert) eine Ergänzung zur Verbindung von Kompetenzen und Badges einschob.

Ich muss mich kürzer fassen, mein Blogbeitrag wird zu lang und in Blogbeitragslängen misst man bestimmt keine Konferenzerfolge. 😉

In der Session zu Innovativen Lernszenarien mit Beiträgen von Michael Bender, Lisa Scharrer (Didaktik in den Digital Humanities), Natalie Kiesler (Visuelles Feedback in webbasierten
interaktiven Programmieraufgaben) und Kai Gebhardt (IT-unterstützte Stationsarbeit in der Hochschullehre) bewährte sich die gemeinsame Moderation durch Franco Rau und Diskutantin Petra Grell. Murmelgruppen holten einen nach den spannenden, kurzweiligen Vorträgen schnell in den Austausch, Diskussions-Einstiegsstatements ordneten die Beiträge gut ein und machten Lust auf Feedback und Diskussion. Besonders deutlich machten die Beiträge – zumindest für meine Wenigkeit – welche Transformationen auf dem Weg sind, aber auch welches Potential diese Transformationen bieten, um sich noch genauer anzuschauen, was sich nicht automatisieren lässt und in welcher Qualität wir Lehr- und Lernprozesse dort gestalten können oder könnten. Wie ein Brennglas wirkten die Beiträge, die aber auch grundsätzliche Fragen zu Potentialen von Qualifikationsarbeiten anstießen – muss ich mich an die eigene Nase fassen.

Märchenhaft, ruhig und immer wieder zum Denken innhaltend war dann noch die Keynote von Alexander Kiy. Mehr dazu müsst Ihr selbst in der noch folgenden Aufzeichnungsveröffentlichung nachschauen.

Zur genialen Stimmung und weitere Eindrücke bleibt mir nur noch auf das Storify zur Tagung zu verweisen. Auch eine Möglichkeit, Taungserfolg zu messen (nicht zu vergessen die instagram-Bilder).

Und um die Geschichte des JFMH auch noch mal aufzugreifen, es war ein mal in Hamburg…und auch damals gab es Projekte, die auf der Tagung entstanden, z.B. den ePortfolio Arbeitskreis (kurz epak, kann man hier auf S. 279 nachlesen), der zum Teil in das German Chapter Europortfolio übergangen ist. Ach, damals. Freut mich umso mehr, dass auch dieses mal wieder Projektideen entstanden sind, wie Sandra schreibt.

Wie also misst man Tagungserfolg? Wenn nach der Tagung weiter nachgedacht wird, wenn man alte Bekannte getroffen und neue Bekanntschaften geknüpft hat, wenn die Fragen mehr werden und es auch ein paar Antworten und Umsetzungsideen gibt und man dann später wieder davon berichten, darauf aufbauen oder auch frühere Überlegungen widerlegen kann (meinen colab7-Text würde ich jetzt anders schreiben, damals passte es aber). Und wenn ich dann noch irgendwie rausbekomme, was Lambert Heller bei seinem Workshop ganz genau gemacht hat, was Cornelia Kenneweg vorgetragen hat, was…..dann ist das Glas mindestens halb voll für mich, ganz persönlich. Gleichzeitig ist der direkte Austausch des ersten Tages auch nicht mehr wieder-hol-bar.
Danke an die Tagungsorga, an Franco Rau und Christoph Rensing, alle beteiligten aus den Fachgesellschaften in der Vorbereitung, allen Diskutant*innen, Beitragenden, Diskutierenden….schön wars und jetzt brauch ich eigentlich Lesezeit.